Gemeinderat, 51. Sitzung vom 20.03.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 102
erste Notkompetenz, sondern die Notkompetenz vom 29. August 2022, die sogenannte zweite Notkompetenz, betrifft. Das von Ihnen angeführte Zitat aus der Tageszeitung „Die Presse“ stammt aus einem vertraulichen Rohbericht des Rechnungshofes. Ich weiß nicht, wie das den Weg in die Medien findet, aber es wird Gründe geben.
Dazu ist festzuhalten, dass der Rechnungshof mit seinen Ausführungen außer Acht lässt, dass die Gazprom mit ihrer Ankündigung am 13. Juli 2022 in den Raum stellte, die Pipeline Nord Stream 1 nach Ende der Wartungsarbeiten am 17. Juli 2022 nur mehr eingeschränkt in Betrieb zu nehmen. Auch eine gänzliche Stilllegung dieser Pipeline stand seinerzeit im Raum. Diese Ankündigung der Gazprom und deren mögliche Folgen war wiederholt Thema in der Untersuchungskommission und ist Ihnen als seinerzeitiges Mitglied der Untersuchungskommission daher bestens bekannt. Insofern überrascht es mich, dass Sie sich in Ihrer Anfrage auf mediale Ausführungen von einer aus dem Kontext gerissenen Zitierung eines noch dazu vertraulichen Rohberichts beziehen. Da ich davon ausgehe, dass Sie mit dem Inhalt des Rohberichts bereits bestens vertraut sind, wissen Sie auch, dass die ins Treffen geführten medialen Ausführungen, wonach die - und ich zitiere - Alternativlosigkeit der Notkompetenz nun aber seitens des Rechnungshofes massiv angezweifelt würde - Zitat geschlossen -, jeglicher Grundlage entbehren.
Auch hinsichtlich des Vorhalts der nicht zeitgerechten Information darf ich wiederholt auf meine Ausführungen sowie auf die von Vertretern des Magistrats dargelegten Rechtslagen verweisen. Hinsichtlich des Verweises auf die Ausführungen in der Tageszeitung „Kurier“ ist festzuhalten, dass auch diese Thematik wiederholt in der Untersuchungskommission erörtert wurde und Ihnen sowohl meine Ausführungen sowie insbesondere jene der Magistratsabteilung 5 als zuständige Fachdienststelle bestens bekannt sind.
So darf zum wiederholten Male festgehalten werden, dass die Magistratsabteilung 5 als zuständige Fachdienststelle innerhalb von 48 Stunden eine Reihe komplexer Aufgaben hatte, um sicherzustellen, dass eine Mittelzurverfügungstellung bereits am 18. Juli 2022, somit am Montag nach dem Wochenende, auf Grund der durch die Ankündigung der Gazprom entstandenen Unsicherheit möglich war. Es galt, den Sachverhalt zu prüfen, die notwendigen Abklärungen durchzuführen, das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen für die Beantragung im Wege einer Notkompetenz zu prüfen, sowie letztendlich die erforderlichen Unterlagen, nämlich den Antrag samt Motivenbericht und Kreditrahmenvertrag, zu erstellen. Aus dem Wort „Notkompetenz“ lässt sich bereits ableiten, dass auf Grund der besonderen Dringlichkeit ein erheblicher Zeitdruck besteht. Dennoch lagen alle für die Grundlage einer Entscheidungsfindung wesentlichen Informationen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise vor.
Das betreffende Geschäftsstück war vorher von fünf Stellen geprüft worden, nämlich von der Magistratsabteilung 5 Finanzwesen, der Magistratsabteilung 6 Rechnungs- und Abgabenwesen, der Geschäftsgruppe Finanzen, der Magistratsdirektion Geschäftsbereich Recht und dem Magistratsdirektor. Sie können sich vorstellen, dass nach einem solchen genauen Procedere seitens der Verwaltung ein solcher Antrag von mir als Bürgermeister auch unterschrieben wird. Denn ich kann mich darauf verlassen, dass alles rechtens und ordnungsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt und geprüft wurde. Für mich war alles transparent, umfassend und schlüssig dargestellt. Die anordnungsbefugte Dienststelle, die Magistratsabteilung 5 Finanzwesen hat das entsprechend mit Expertise überprüft und dargelegt. Danach haben auch der Geschäftsbereich Recht in der Magistratsdirektion und der Magistratsdirektor geprüft.
In diesem Zusammenhang darf somit ebenfalls zum wiederholten Male darauf hingewiesen werden, dass das Geschäftsstück, bevor es mir zur Genehmigung vorgelegt wurde, bereits von mehreren Dienststellen, beziehungsweise Organen des Magistrats auf dessen rechtmäßiges Zustandekommen beziehungsweise das Vorliegen der Voraussetzung gemäß § 92 der Wiener Stadtverfassung geprüft wurde. Auch dieser Sachverhalt beziehungsweise der Videndenlauf ist Ihnen aus der Untersuchungskommission bestens bekannt.
Lassen Sie mich abschließend festhalten, dass im gegenständlichen Fall alle involvierten Beamten und Politiker zum Wohle der Wiener Bevölkerung gearbeitet haben und sich stets an alle Gesetze, Vorschriften und Richtlinien gehalten haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 1. Zusatzfrage kommt von der ÖVP. Herr GR Dr. Wölbitsch-Milan, bitte.
GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Vielen Dank, sehr geehrter Bürgermeister, für die Beantwortung.
Wir beschäftigen uns deshalb sehr viel mit dieser Notkompetenz, weil die Notkompetenz Sie berechtigt, andere Gremien auszuhebeln - den Stadtsenat, den Gemeinderat - und mit einer Unterschrift sehr viel Geld zu vergeben. Deshalb, glaube ich, ist es wert, dieses Instrument auch sehr kritisch zu hinterfragen. Wenn man den Medienberichten glaubt, hat auch der Bundesrechnungshof festgestellt, dass dieser angebliche Notfall im Juli kein Notfall war, sondern dass Sie mit Ihrer Unterschrift der Wien Energie einen Quasi-Schutzschirm zur Verfügung gestellt haben. Durchaus eine legitime Maßnahme, aber aus unserer Sicht ein klassischer Missbrauch der Notkompetenz. Anscheinend sieht das auch der Bundesrechnungshof so, und ich habe sehr großes Vertrauen in die Arbeit des Bundesrechnungshofes, wie Sie ja auch immer wieder bekunden, auch die NEOS immer wieder bekunden, und daher gehe ich davon aus, dass es auch sehr gut geprüft wurde, bevor so etwas festgehalten wird.
Jetzt bin ich sehr großzügig und unterstelle Ihnen, dass Sie wirklich gedacht haben, dass es ein Notfall ist. Da Sie die MA 5 angesprochen haben - die wurde ja sowohl in der Untersuchungskommission als auch im Rechnungshofbericht anscheinend sehr kritisch gesehen. In der Untersuchungskommission haben wir festgestellt: 1,5 Vollzeitäquivalente sollen Unternehmen wie die Wien Energie kontrollieren, sollen solche Dinge vorbereiten. Die Wahrheit im Procedere war eine andere, nämlich dass sich eigentlich die Wien Energie einen Notkredit von der
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