Gemeinderat, 40. Sitzung vom 28.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 102
zu wenige Wohnungen widmet, dann wird die Zahl der fertiggestellten Wohnungen einbrechen, sehr geehrte Damen und Herren. Wenn man mit Menschen aus der Wohnungsbranche redet, herrscht Entsetzen, wie stark die Widmungsreserve schrumpft. Wir fallen deutlich unter 10.000 fertiggestellte Wohnungen jährlich, und dieser Rückstand, den wir jetzt aufreißen, wird uns dann noch jahrelang beschäftigen. Ich appelliere hier auch an Sie, Frau Vizebürgermeisterin, die Planungsstadträtin auf ihre Verantwortung hinzuweisen, dass mehr für den leistbaren Wohnbau gewidmet werden muss. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir müssen aber auch den Wohnraub bekämpfen. Wir hatten Anfang 2022 72.000 Wohnungen in Wien, in denen weder ein Hauptwohnsitz noch ein Nebenwohnsitz besteht. Das ist eine Zweckentfremdungsquote von zirka 7 Prozent. Eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer zeigt, besonders viele Wohnungen stehen im privaten Wohnungsneubau leer. Ja, wir brauchen Wohnungsneubau, aber Bodenraub für die Betonsparbücher, die dann leerstehen, müssen wir bekämpfen, und es nützt auch hier nichts, die Verantwortung wegzuschieben. Wien kann eine Leerstandsabgabe umsetzen und Wien sollte eine Leerstandsabgabe umsetzen, wie in Tirol, wie in Salzburg, wie in der Steiermark. Wir können es uns nicht leisten, dass Wohnungsleerstand gratis bleibt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Auch Abrissspekulation ist Wohnungsraub. Allein 2022 wurden 30 schützenswerte Altbauten zum Abriss freigegeben. Die wirtschaftliche Abbruchreife ist schlecht für die Leistbarkeit, sie ist schlecht für das Stadtbild und schlecht für das Klima. Die Praxis, dass Abbruchwerber das Gutachten über die Abbruchreife immer noch selbst bestellen, ist absurd, da wird der Bock zum Gärtner gemacht. Ich begrüße, dass die Erlangung der wirtschaftlichen Abbruchreife mit der Bauordnungsnovelle erschwert werden soll, wir brauchen aber echte Kreislaufwirtschaftsregeln, die den Abriss von Gebäuden zur absoluten Ausnahme machen, sehr geehrte Damen und Herren. Da braucht es noch mehr Konsequenz.
Auch die dauerhafte touristische Zweckentfremdung ist Wohnungsraub. Jede Wohnung, die in ein Tourismusappartement umgewandelt wird, fehlt für einen jungen Menschen, fehlt für eine Familie. Ich anerkenne, dass in der Bauordnungsnovelle offenbar eine stärkere Regulierung kommen soll. Der Begutachtungsentwurf ist seit heute online. Ich kann ihn noch nicht abschließend beurteilen, aber wenn das Gesetz hält, was das Pressepapier verspricht, dann kommen eine Regulierung außerhalb der Wohnzonen und eine Verknüpfung von Wohnzonenadressen und Ortstaxenkonten. Das sind Forderungen, die auch wir eingebracht haben und die einen großen Fortschritt darstellen.
Gleichzeitig bleibt einiges offen. Es wird auch einen Lückenschluss bei den Ausnahmen für die Wohnzonen brauchen und es wird auch mehr Personal bei der MA 37 brauchen, denn mit dem Kampf gegen die Abrissspekulation und der Bekämpfung touristischer Zweckentfremdung kommen viele neue Aufgaben auf die MA 37 zu, die eine tolle Arbeit macht. Wir müssen der Baupolizei für diese neuen Aufgaben auch Ressourcen in die Hand geben, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Zum Abschluss möchte ich noch einmal zum Wiener Gemeindebau zurückkehren: Eine hohe Abhängigkeit von fossiler Energie, Sanierungsrückstand von 27 Prozent der Wohnungen, ein weiterer Sanierungsbedarf von 49 Prozent der Wohnungen bis 2040 und last but not least eine absolute Leerstelle beim Einsatz von erneuerbarer Energie: 8 Photovoltaikanlagen, 3 Solarthermieanlagen und keine Wärmepumpe, 1 Wärmepumpe angekündigt von 3 StadträtInnen in 1.670 Wohnhausanlagen. Das beschreibt die Herausforderung, vor der wir beim Wiener Gemeindebau stehen. Da muss jetzt Tempo rein, damit wir die Klimaziele erreichen und die MieterInnen vor hohen Wohnkosten durch fossile Energien schützen. Tempo bedeutet, wenn wir nur ein Viertel der Gemeindebauten auf Wärmepumpen umstellen wollen, dann muss bis 2040 jede zweite Woche eine Wärmepumpe eingebaut werden. Wenn wir nur die Hälfte der Gemeindebauten mit Sonnenenergie versorgen wollen, dann muss bis 2040 jede Woche eine Photovoltaikanlage auf einem Gemeindebaudach installiert werden. Wenn wir bis 2040 den Sanierungsrückstand beseitigen wollen und keinen neuen aufreißen wollen, dann müssen wir jedes Jahr 580 Wohnhausanlagen mit jeweils zirka 10.000 Wohnungen sanieren.
Wir haben also weiterhin viel zu tun, um Wohnen in Wien nachhaltig leistbar zu machen, und ich würde mir wünschen, dass wir uns ein bisschen mehr damit beschäftigen, was wir als Gemeinde- und LandespolitikerInnen dazu beitragen können, ein bisschen weniger damit, wer sonst noch aller schuld ist, der Bund, die Europäische Union, die Weltlage. Frei nach John F. Kennedy: Frage nicht, was andere für dich tun können, frage, was du für dein Wien tun kannst. Danke für die Aufmerksamkeit und schönen Sommer. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit waren zwölf Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Dr. Sittler. Die gewählte Redezeit sind zwölf Minuten. Bitte schön.
GR Dr. Peter Sittler (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Ich begrüße auch die, die vom Zuschauerbereich zuschauen oder via Livestream dabei sind!
Das ist jetzt mein dritter Rechnungsabschluss. Drei habe ich mir quasi jetzt schon angeschaut und heute ist ein besonderer Tag. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Weil du Geburtstag hast! - Allgemeiner Beifall.) - Ja, ich verbringe meinen 50. Geburtstag gerne hier im Kreise der Abgeordneten. Es ist ganz wunderbar, es ist natürlich etwas ganz Besonderes. Zum Thema Geburtstagsgeschenk komme ich dann noch. (Allgemeine Heiterkeit.)
Ein Rechnungsabschluss ist allerdings kein DKT, auch wenn es ja bereits drei Bezirke gibt, die „Das Kaufmännische Talent“ als Spiel herausgegeben haben, so gaukelt das trotzdem nur eine scheinbare wirtschaftliche Kompetenz vor. Wenn ich mir das Budget beziehungsweise in
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