Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 128
wollte die Wien Holding zuletzt Anteile privatisieren. Die ARWAG hält unter anderem auch 25 Prozent an dem gemeinnützigen Wohnbauträger MIGRA. Auch für die ARWAG gilt: Die Stadtregierung darf gemeinnützigen Wohnbau auch nicht nur teilweise den Spekulanten preisgeben. Ich vernehme, dass der Verkauf vorläufig gestoppt wurde. Ich fordere auch diesfalls die Stadtregierung auf: Sagt den Verkauf endlich generell ab und schließt aus, dass Wohnbauanteile in Wien privatisiert werden!
Ich muss auch Kollegen Stürzenbecher insofern widersprechen, als er gesagt hat: Wir haben noch nie Gemeindewohnungen verkauft. - Das stimmt so nicht ganz. Der Kollege hat offensichtlich vergessen, dass Wohnbaustadtrat Faymann Anfang des Jahrtausends durchaus vorhatte, sogenannte atypische Gemeindewohnungen zu verkaufen, und auch teilweise verkauft hat. Und erst nach grüner Kritik und Kritik des damaligen Kontrollamts wurden diese Verkäufe gestoppt.
Im Ergebnis würde ich sagen, dass der Fall der ehemaligen Wohnbauvereinigung GÖD wohl jener ist, bei dem man sagen kann: Der Angriff von den Spekulanten auf leistbare Wohnungen kann wahrscheinlich zufriedenstellend abgewehrt werden. Das liegt nicht zuletzt an der Regierungsarbeit der Grünen, die die Aberkennung der Gemeinnützigkeit im Fall der WBV-GFW immer abgelehnt haben. Und es liegt auch daran, dass ich den Eindruck habe, dass mit der Wohnbaustadträtin Gaál endlich jemand im Ressort war, der diese Frage ernst genommen hat.
Wir müssen aber aus diesen Entwicklungen insgesamt Konsequenzen ziehen. Aus unserer Sicht sollte in Zukunft ausgeschlossen werden, dass man die Gemeinnützigkeit eines Bauträgers einfach aberkennen lassen kann. Es wäre sinnvoll, das WGG in dieser Frage zu ändern. Unser Vorschlag ist: Wenn ein gemeinnütziger Bauträger nicht mehr will oder kann, dann gehen alle Liegenschaften treuhändig an das zuständige Bundesland, und dieses sucht dann einen vertrauenswürdigen gemeinnützigen Bauträger, der im Sinne der Gesetze für leistbare Wohnungen weiter macht.
Vielleicht können sich alle Fraktionen dieses Hauses für eine solche Gesetzesänderung auf Bundesebene einsetzen. Wir werden das jedenfalls tun. Das wäre dann zumindest ein positiver Abschluss dieser Debatte.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Niedermühlbichler, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ): Herr Bürgermeister! Frau Wohnbaustadträtin! Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Georg!
Zu dem, was du zum Schluss gesagt hast, wünsche ich dir viel Glück. Unsere Unterstützung hast du. Ihr seid in der Bundesregierung. Ihr stellt auch die Justizministerin. Ihr könnt da also etwas auf den Weg bringen. An uns soll es nicht scheitern.
Wie so viele meiner Vorredner hat es auch mich ein bisschen gewundert, dass gerade die FPÖ dieses Thema hier gebracht hat. Aber es soll so sein! Dann habe ich natürlich der Debatte gelauscht, und manchmal wirklich mit Verwunderung vernommen, was da vor allem von FPÖ-Seite gekommen ist.
Erstens wissen Kollege Nepp und Kollege Berger schon, was wir, Kollege Stürzenbecher und ich, sagen. Das zeigt zumindest, dass unsere vergangenen Debattenbeiträge sehr interessiert vernommen wurden. Das ist gut! Offensichtlich waren sie durchaus spannend, sodass ihr euch das gemerkt habt. Das, was wir sagen, ist ja auch richtig, weil wir in diesem Bereich tatsächlich Experten sind, und deshalb reden wir zu diesem Thema auch oft.
Jetzt muss ich Kollegen Berger ein bisschen darüber Nachhilfeunterricht geben - er kann auch jederzeit gerne zu mir ins Büro kommen -, was die Gesetzgebung und die Zuständigkeit betrifft. Wenn Sie nämlich unserem Bürgermeister die Mietpreissteigerung im 10. Bezirk vorwerfen, dann muss ich Ihnen doch sagen: Das ist Bundesgesetzgebung. Das Mietrecht ist ein Bundesgesetz, bei dem gerade wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten seit jeher versuchen, eine Änderung herbeizuführen. Mit der ÖVP sind wir da gescheitert. Wir haben aber auch klare Vorschläge eingebracht. Gerade unsere Wohnbausprecherin Ruth Becher ist diesbezüglich im Nationalrat sehr aktiv.
Wie aber schaut es bei der FPÖ aus? - Wir wollen eine klare Mietzinsobergrenze. Die FPÖ sagt, nein, kommt nicht in Frage. Wir wollen eine Abschaffung der Maklerprovision beziehungsweise meinen, dass zumindest der die Maklerprovision bezahlen soll, der den Auftrag gibt. Das ist zu 99 Prozent der Vermieter. Die FPÖ sagt jedoch Nein dazu, denn man muss natürlich die Maklerinnen und Makler schützen. Wir sagen: Reden wir einmal auf Bundesebene über eine vernünftige Leerstandsabgabe, denn nur dort hat es wirklich Sinn. Die FPÖ sagt Nein.
In Anbetracht dessen müsst ihr wirklich zur Kenntnis nehmen, dass ihr in dieser Frage nicht nur wegen der BUWOG, sondern auch wegen eures Verhaltens zu leistbarem Wohnen als Partei einfach absolut unglaubwürdig seid! Und wenn ihr euch dann hier herstellt und sagt, dass ihr die Schützer des sozialen Wohnbaus in Wien seid und man die Wienerinnen und Wiener vor der SPÖ schützen muss, dann ist das wirklich mehr als Chuzpe, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Immer wieder höre ich, meistens bei Budgetdebatten und Rechnungsabschlussdebatten, dass die Gebühren in Wien so hoch seien. Und ich kann jetzt nicht vorbeigehen lassen, dass Kollege Nepp gesagt hat, dass Wien so teuer wegen der Gebühren ist und dass man da die Mieten senken könnte. Dazu sage ich: Die Gebühren der Stadt Wien für Wasser, Abwasser und Müll machen gerade einmal ein Drittel der Betriebskosten aus. Dahinter steht aber wirklich Leistung: Wir haben bestes Hochquellenwasser. Das Abwasser geht in Trinkwasserqualität wieder zurück in die Donau. Und im Hinblick auf die Müllentsorgung meine ich, dass man die 48er bei bestem Willen nicht kritisieren kann, auch wenn man es möchte. Die 48er macht nämlich wirklich einen tollen Job!
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