Gemeinderat, 18. Sitzung vom 13.01.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 28
ich wirklich vermisst. Ich habe mich heute erkundigt, denn es gibt ja sehr viele Leute, die sich um diese Kinder gekümmert haben, da gibt es die Organisation Assisting Children Traumatised by Police. Die Rede ist von 62 Jugendlichen oder Kindern unter 18 Jahren, die von dieser Operation betroffen waren, die traumatisiert sind, die jetzt psychologische Hilfe brauchen. Es kam bis heute keine einzige empathische Handlung, keine einzige Entschuldigung, kein einziger Versuch, denen beizustehen. Der heutige Bundeskanzler, der damals Innenminister war, hat freudig in der Früh vor einer Videoleinwand, oder war er live dabei, diese große Aktion geschildert. Wie geht es den kleinen Mädchen, die in der Früh einfach nach Georgien abgeschoben worden sind - eine ist jetzt zurückgekommen -, obwohl sie in Österreich geboren wurden? Das sind massive Eingriffe bei Jugendlichen und bei Minderjährigen.
Wenn man sich Glaubwürdigkeit schaffen will und sich empathisch gibt - ich bin empathisch, ich solidarisiere mich gerne mit den Jugendlichen im Camp und ich will keine Vergleiche ziehen -, so bitte ich euch, in dieser Sache glaubwürdig zu sein, sich nicht nur dort, wo es politisch opportun ist, damit man politisches Kleingeld wechselt, zu Wort zu melden und bei allem anderen einfach wegzuschauen. Das ist unser nicht würdig.
An alle diese Jugendlichen, die ich vorhin erwähnt habe, die Opfer der „Operation Luxor“ waren: Ich bin nicht in der Regierung, ich kann mich schwer für diese Aktion entschuldigen, aber sie sollen wissen, es gibt Politikerinnen und Politiker in diesem Land, die ehrlich dastehen und sagen: Nein, das nehme ich nicht zur Kenntnis, das akzeptiere ich nicht. Sollte meine Entschuldigung oder Solidarität etwas helfen, tue ich es hiermit.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Herr Kollege, ich bitte Sie, noch zu desinfizieren. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Margulies. Sie sind am Wort.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich wiederhole die Zwischenrufe, die beim Raufgehen vom Herrn Gemeinderatsvorsitzenden und auch vom Klubobmann gekommen sind: Da war ja keiner dabei von den GRÜNEN, wir waren das alles nicht, et cetera. Kollege Reindl, ich muss Sie enttäuschen, ich werde gar nicht darauf reagieren. (Zwischenruf.) Wie ist es denn gewesen?
Ich trenne die unterschiedlichen Punkte, die mein Vorredner Al-Rawi angesprochen hat. Das eine ist nämlich die „Operation Luxor“, wo Sie im Nachhinein betrachtet recht haben. Dieses Rechthaben betrifft allerdings wahrscheinlich alle. Ich kann mich nicht erinnern, dass aus der Sozialdemokratie irgendjemand Kritik an der „Operation Luxor“ geübt hat, auch nicht von der ÖVP, nicht von den NEOS, nicht von den Freiheitlichen - die haben überhaupt applaudiert, wie super diese Aktion ist. Wenn es hier auch nur leichte Kritik gab - ich sage das ganz bewusst -, dann kam sie aus menschenrechtlicher Sicht von den GRÜNEN. Alle anderen haben geschwiegen. Und wir sollten uns alle das Umgehen mit der „Operation Luxor“ zu Herzen nehmen, dass so etwas nicht passiert, wenn man in Folge eines Terroranschlages plötzlich Sündenböcke braucht, alle gebannt zuschauen, wie sozusagen dann Sündenböcke gesucht und festgenommen werden.
Ich habe genauso wie Sie mitbekommen, dass anscheinend jegliche Anklage im Großen und Ganzen fallen gelassen worden ist. Da war also in gewisser Art und Weise eine Massenpsychose, sage ich einmal, in Österreich, die etwas begrüßt hat, bei dem wir uns alle miteinander an der Nase nehmen sollten. Niemand sollte sich aber hinstellen und mit dem Finger auf den anderen zeigen, insbesondere nicht, wenn man auch aus der Sozialdemokratie heraus keinerlei Kritik an dieser Aktion geübt hat, sondern in Wirklichkeit applaudiert hat.
Den zweiten Punkt erlaube ich mir auch anzusprechen, denn es sind die GRÜNEN gewesen, die bei der Abschiebung von Kindern auf der Straße gestanden sind. Es sind unter anderen die Wiener GRÜNEN und Abgeordnete der GRÜNEN gewesen, die gegen den Innenminister Nehammer demonstriert haben, wenn Kinder und Jugendliche bis heute auf Basis der Gesetze, die ÖVP, Freiheitliche und Sozialdemokraten beschlossen haben, abgeschoben werden, wogegen wir immer waren und immer sein werden. Sie haben aber den Boden gelegt, damit Kinder und Jugendliche abgeschoben werden. - Und nicht vor 30 Jahren, nicht vor 20 Jahren, nicht vor 15 Jahren, sondern noch vor 10 Jahren, Kollege Al-Rawi! Und leider gibt es bislang in Österreich keine Mehrheit, um diese schändlichen Gesetze zu verändern. Das ist die Dramatik, und daran müssen wir gemeinsam arbeiten. (Zwischenrufe.)
Ich komme zurück zum Thema. Na, selbstverständlich hat das etwas mit dem Thema zu tun: Eintreten für Menschen, denen das Klima am Herzen liegt, denen Demokratie am Herzen liegt, denen Menschenrechte am Herzen liegen. Na, selbstverständlich ist es etwas, was wir GRÜNE tagein, tagaus auf unterschiedlicher Ebene tun. Und das lasse ich mir, um als Sozialdemokratie von dem falschen Weg abzulenken, den Sie, insbesondere der Herr Bürgermeister, in der Erstauseinandersetzung mit dem Brandanschlag, der auf KlimaaktivistInnen verübt worden ist, begangen haben - auch uns als GRÜNEN - nicht vorwerfen. Das ist der letzte Satz, dann bin ich fertig: Es gibt keinen rechtsfreien Raum in Wien, um Menschen anzuzünden. Den gibt es nicht, den darf es nicht geben und den wird es nicht geben! So etwas sollte man nicht einmal aussprechen. Ich danke sehr.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen jetzt zu den Beschlussanträgen. Ich wechsle die Position. Ich bitte, Ihre Abstimmungskarten zur Hand zu nehmen.
Wir kommen zum ersten Antrag der GRÜNEN betreffend Recht auf eine lebensfähige Zukunft. Lobau bleibt! Die sofortige Abstimmung wird verlangt. Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen. - Das sind die Antragsteller
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