Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.05.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 97
genau das ist das Thema. Sie wollen das Pferd von hinten aufzäumen, denn das Recyceln ist nämlich das letzte Glied in der Kreislaufwirtschaft. Wir brauchen keine „End of pipe“-Lösungen mehr, wir brauchen systemische Lösungen.
Wir müssen wegkommen von der Wegwerfgesellschaft, also weg von Einweg, hin zu Mehrweg, und es gibt die Einwegplastik-Richtlinie der EU, die vorgibt, dass wir bis 2029 eine Sammelquote von 90 Prozent bei Plastikflaschen erreichen müssen. Das ist eine sehr hohe Zahl, die aber zu Recht sehr hoch ist, weil wir in Europa ein Plastikproblem, und vor allem ein Problem mit den Plastikflaschen, haben.
Diese Richtlinie empfiehlt auch ein Pfandsystem. Sie wissen, dass Dosen und Flaschen, diese Getränkeflaschen, hauptsächlich unterwegs getrunken werden. Das heißt, da kommt man eigentlich mit der gelben Tonne zu Hause nicht weiter, so werden wir diese 90-Prozent-Quote nicht erreichen. Wir kommen um ein Einwegpfand nicht herum, das zeigen auch internationale Beispiele. Wir haben in Europa zehn Länder, die ein Pfandsystem haben, das älteste Pfandsystem ist so alt wie ich, es ist 1984 eingeführt worden. Und wenn wir schon über Schlusslichter reden, dann müssen wir leider sagen, dass Österreich in dieser Hinsicht europaweit leider zu den Schlusslichtern gehört.
Sie werden sich jetzt fragen: Was ist mit der Otero los, wieso kommt die her und verteidigt die Stadt Wien, obwohl sie in der Opposition ist? Was mir wichtig ist, ist nämlich erstens einmal, dass man faktenorientiert argumentiert, und was ich gar nicht leiden kann, ist Scheinheiligkeit. Wenn jetzt eine Partei von Klimawandelleugnern daherkommt und sich als Umweltpartei herstellt, dann tue ich mir ehrlich gesagt ganz schwer damit.
Ich kann wirklich ganz gut mit rassistischen Hasstiraden von der FPÖ umgehen, weil das gehört zu Ihrer Corporate Identity dazu, aber wenn Sie jetzt herkommen und sich als Umweltschutzpartei hinstellen wollen, dann muss ich leider sagen: Das stimmt einfach nicht.
Wir haben jetzt mit der Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes ein verpflichtendes Angebot von Mehrweggetränkeflaschen eingeführt und auch die Diskonter dazu verpflichtet, Mehrweg anzubieten. Das ist ein guter Schritt auf Bundesebene. Wir sind aber noch lange nicht dort, wo wir sein müssen. Wenn Ihnen das Thema Plastikvermeidung wirklich wichtig ist, dann habe ich einen Appell an Sie, und der richtet sich übrigens auch an die ÖVP: Reden Sie mit Ihren Leuten von der WKO, damit sie endlich die Blockadehaltung gegen Pfandsysteme aufgeben! Das ist nämlich eine besser investierte Zeit, als irgendwelche Scheinanträge zu formulieren und uns damit zu beschäftigen, obwohl Sie wissen, dass wir ganz woanders ansetzen müssen.
Es gibt einen weiteren Antrag der FPÖ zur Waldrodung am Alberner Hafen, wo Sie grundsätzlich recht haben. Uns ist allerdings wichtig, hier aufzuzeigen, wer für diese Rodung verantwortlich ist, nämlich nicht irgendeine Firma, sondern die Hafen Wien GmbH, eine Tochterfirma der Wien Holding, die ein Rodungsansuchen gestellt hat, und wo es jetzt auch einen Bescheid gibt, der rechtsgültig ist.
Wir leben halt in einem Rechtsstaat, und deswegen kann man jetzt nicht einfach sagen: Das setzen wir nicht um. Es ist traurig, dass es dieses Unternehmen ist, aber das Gute daran ist, dass es ein Unternehmen ist, auf das die Stadt Wien einwirken kann. Und deswegen haben wir jetzt auch einen eigenen Antrag dazu formuliert, den ich hiermit einbringe. Danke schön, das war’s.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Ein 2. Mal zu Wort gemeldet hat sich GR Ing. Guggenbichler, verbleibende Restredezeit sind 13 Minuten.
GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Liebe Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich danke meiner Vorrednerin für den Offenbarungseid an Scheinheiligkeit. Sie hat nämlich gerade angesprochen, dass wir einen Antrag stellen, dass dieser Wald nicht gerodet wird. Danach hat sie gleich gesagt, sie wollen das zwar nicht, aber sie hätten einen zweiten Antrag, dass die Bäume wenigstens in Simmering gepflanzt werden.
Frau Kollegin, das ist der Antrag, den wir gestern gestellt haben, den Sie heute abgeschrieben haben. Das ist scheinheilig. Das heißt, einen Satz, nachdem Sie über Scheinheiligkeit von uns reden: Wenn Sie dann schauen, wann die Anträge eingebracht worden sind - alle Klubs können das nachvollziehen -, ist es also relativ einfach, hier den Beweis zu führen.
Die zweite Scheinheiligkeit ist, als Sie irgendetwas mit rassistischen Geschichten, et cetera gesagt haben. Frau Kollegin, Sie sind die Einzige, die hier heraußen gestanden ist und gesagt hat, ich bin kein richtiger Wiener. Was sonst ist denn Rassismus? Das, was Sie hier gelebt haben in dieser Sekunde: Sie haben gesagt, ich bin kein richtiger Wiener.
Was ist für Sie ein richtiger Wiener? Ich bin seit 20 Jahren oder seit 25 Jahren da gemeldet, sonst könnte ich nicht einmal hier heraußen stehen. Dass die GRÜNEN hergehen, und sagen, die Blauen sind Rassisten, nachdem sie einen Abgeordneten als nicht richtigen Wiener bezeichnen, im Gegensatz zu ihnen: Was zeichnet Sie mehr als mich aus, eine richtige Wienerin zu sein? Erklären Sie mir das, bitte, und erklären Sie mir einmal, warum das, was Sie hier gemacht haben, kein grüner Rassismus ist. Nur wenn es Ihnen ins Konzept passt?
Und dann habe ich noch eine kleine Frage zum Thema Scheinheiligkeit und Bundesregierung. Ich kann mich ganz genau an die Fernsehbilder erinnern, als während Ihrer Regierungsbeteiligung die kleinen Kinder abgeschoben worden sind. Wie scheinheilig ist denn das? Ich habe es früher schon angesprochen, ich kann mich ganz genau erinnern, wie eure Abgeordneten im Parlament nicht aufgestanden sind, als es darum gegangen ist, Homosexuelle nicht zu diskriminieren und sie Blut spenden zu lassen. Was ist denn das, außer scheinheilig?
Ich habe es Ihnen von diesem Platz hier schon einmal gesagt: Sie waren zehn Jahre in der Regierungsverantwortung, und es ist noch nie so viel Boden versiegelt
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