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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.05.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 97

 

Darum unabhängige Expertinnen und Experten und darum auch nicht politische Parteien, weil die unabhängig beraten sollen und dann die Ergebnisse präsentieren werden. Ich kann mir aber sehr, sehr gut vorstellen, dass es einen Diskurs dazu gibt, gerne einmal im Gemeinderat, gerne einmal im Ausschuss, weil die Ergebnisse der Expertinnen und Experten natürlich wichtig sind für einen politischen Diskurs, und daher natürlich auch eine herzliche Einladung zu diesen Themen, die dann auch behandelt und präsentiert werden, zu diskutieren, auch gemeinsam zu schauen, ob es gemeinsame Ebenen und Ableitungen gibt.

 

Ich gehe davon aus, viele Ableitungen werden unterschiedlicher Natur sein, weil es ein unterschiedliches Weltbild gibt, wie unsere schöne Stadt gestaltet werden soll, aber Diskurs ist nützlich, und er wird sicher auch politisch geführt werden.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank. Damit ist die 2. Anfrage beantwortet.

 

9.43.38†VBgm Christoph Wiederkehr, MA - Frage|

Die 3. Anfrage (FSP-625969-2021-KGR/GM) wurde von Herrn GR Kunrath gestellt und ist wieder an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz gerichtet. In dieser Anfrage geht es um die Antisemitismusprävention und welche Angebote die Stadt Wien da hat. (Die Erfahrungen mit Demos in den letzten Wochen zum Nah-Ost-Konflikt zeigen einen erschreckend hohen Bedarf an Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung im Hinblick auf Antisemitismus gerade auch bei jungen Menschen. Das österreichische Parlament bietet in seinem Bildungsprogramm für Schulklassen den Workshop Bildung gegen Vorurteile an, der sich gegen Antisemitismus und Rassismus richtet. Die Stadt Wien ist dringend gefordert, im Bereich der außerschulischen Jugendarbeit spezifische Projekte zur Antisemitismusprävention anzubieten. Wie werden Sie als zuständiger Stadtrat für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz dafür Sorge tragen, dass das Angebot der Stadt Wien im Bereich Antisemitismusprävention aufbauend auf die bereits bestehenden Instrumente ausgeweitet wird?)

 

Bitte um Beantwortung, Herr Stadtrat.

 

VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Schönen guten Morgen und vielen Dank für diese wirklich wichtige Anfrage, weil der Kampf gegen Antisemitismus stetig geführt werden muss, nicht nur wegen unserer Geschichte, sondern vor allem auch, weil Antisemitismus in Wien leider noch immer Realität ist und die Zahl antisemitischer Vorfälle in letzter Zeit sogar gestiegen ist. Es ist eine dramatische Entwicklung, bei der es unsere Aufgabe ist, stetig gegen Antisemitismus zu kämpfen, Erinnerungskultur aufrechtzuerhalten, und das ist mir als Stadtrat auch besonders wichtig.

 

Wir waren ja auch gemeinsam bei der Befreiungsfeier in Mauthausen. Ich halte das für einen sehr wichtigen Anlass, um auch immer wieder auf die Erinnerungskultur und auf die Vergangenheit hinzuweisen und das am besten überparteilich zu machen, weil genau solche Zeichen auch überparteilich wichtig sind.

 

Der Antisemitismus hat aktuell durch die Konflikte im Nahen Osten und auch durch die Raketenangriffe auf Israel eine neue Dimension bekommen und wurde auch befeuert, nicht nur in Wien, sondern in vielen europäischen Städten. Wenn ich nach Paris oder auch nach Berlin schaue, dann gibt es dort antisemitische Äußerungen im Zuge von Protesten zum Nahostkonflikt. Diese antisemitischen Kundgebungen, Wortmeldungen und Symbole auf diesen Demonstrationen sind inakzeptabel, und das sage ich ganz klar als Integrationsstadtrat und auch Vizebürgermeister von Wien: Antisemitismus hat in Wien keinen Platz, und wir werden alles unternehmen, um Antisemitismus auch bei solchen Demonstrationen zu bekämpfen.

 

Es muss auch klar gesagt werden, dass das Existenzrecht Israels nicht in Frage gestellt werden darf, von niemandem, und dass wir uns im Zweifel in Österreich und in der Stadt Wien immer dafür einsetzen werden, dass das Existenzrecht Israels unantastbar ist. Das ist eine Prämisse der Außenpolitik, der ich mich sehr zugehörig fühle, und darum braucht es da auch eine klare Stellungnahme.

 

Wenngleich es auch wichtig ist, dass Österreich, und dort, wo es auch für Wien möglich ist, diplomatisch darauf einwirkt, kann der Konflikt nicht einseitig gelöst werden, kann der Konflikt langfristig nur durch die Wahrung der Menschenrechte auf beiden Seiten gelöst werden. Dafür braucht es diplomatische Anstrengungen, um in einen Friedensprozess zu kommen, im Idealfall auch mit einer Zwei-Staaten-Lösung.

 

Da sind wir aber schon ein bisschen weit weg von der Gemeindepolitik. Ich fand es aber wichtig, diese grundsätzliche Auffassung hier auch zu teilen, um davon ableitend dann zu schauen, was wir denn in Wien machen können. Wir machen in Wien sehr viel, es gibt auch eine politische Arbeitsgruppe zum Kampf gegen Antisemitismus, die schon länger tagt und auch sehr wichtig ist, und parteiübergreifend auch immer wieder unterschiedliche Themen aufgebracht hat, die wir behandeln.

 

Was machen wir in Wien? Wir beschäftigen uns mit Antisemitismus, mit Nationalsozialismus und Erinnerungskultur ganz, ganz essenziell im Wiener Bildungswesen, und nicht nur in den Lehrplänen, wo dies verankert ist, sondern auch in der Praxis durch Exkursionen oder Kooperationen wie zum Beispiel mit Wiener Museen. Da gibt es eine intensive Auseinandersetzung im Bereich der Schule, und ich kenne keine Schule, in der das nicht einen Schwerpunkt einnimmt.

 

Über den Bildungsbereich der Schule hinaus hat dieser Themenbereich sehr starke Präsenz und Aktualität im Bereich der Jugendarbeit, vor allem der offenen Jugendarbeit, wo wir mit Jugendlichen arbeiten, weil ja auch unter Jugendlichen Antisemitismus noch immer Realität ist. Wir müssen mit diesen Jugendlichen in der offenen Jugendarbeit arbeiten, indem wir zum Beispiel auch dort Exkursionen machen, indem wir auch dort Workshops machen, auch mit ZeitzeugInnen arbeiten, um dieses Bewusstsein auch immer wieder zu erneuern.

 

Es gibt vielseitige Kooperationen zum Beispiel mit Opferverbänden, mit dem Zentrum für Politische Bildung auf der PH Wien, innerhalb von wienXtra haben wir unterschiedliche Schienen der Fortbildung im Bereich der

 

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