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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 25.04.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 36

 

von PHC auf PVE hat hier nicht viel geändert. Grundsätzlich ist nun einmal der Beruf des Allgemeinmediziners von der Gebietskrankenkasse und zum Teil auch vom Hauptverband massiv geschädigt worden. Deshalb verstehe ich nicht, warum es noch jemanden gibt, der mit Gesundheitspolitik zu tun hat, der die Gebietskrankenkasse irgendwie in Schutz nimmt. Ich verstehe das nicht. Diese hat über viele Jahre die Allgemeinmedizin massiv beschädigt, mit den Konsequenzen, dass die Akutversorgung, die eigentlich zu 40 Prozent von allgemeinmedizinischen Großpraxen umgesetzt werden sollte, mehr oder weniger ganz auf die Spitäler - den Ärztefunkdienst klammere ich jetzt aus - in Wien umgesetzt wird. Das heißt, was die Gebietskrankenkassen nicht gemacht haben, versäumt haben, können jetzt die Wiener Spitäler umsetzen. (Amtsf. StR Peter Hacker: Also nehmt ihr denen jetzt das Geld weg?) - Aber nein, keine Sorge! (Amtsf. StR Peter Hacker: Selbstverständlich! Das habt ihr schon beschlossen! Ihr habt das schon beschlossen!) - Bei welchem Punkt sind Sie jetzt? (Amtsf. StR Peter Hacker: Ihr habt eine Reform der Sozialversicherung beschlossen, wo das Highlight ist, dass 15 Millionen in eine Schönheitsklinik fließen! Das habt ihr beschlossen! Das war euer Antrag!) - Zu dieser Zeit war ich Vorsitzender der Ausbildungskommission, bin ich befangen. Ich kenne das. Ich kenne es. Ich kenne die ganze Geschichte. (Amtsf. StR Peter Hacker: Das ist eine andere FPÖ, oder was?) - Nein, überhaupt nicht!

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik (unterbrechend): Sehr geehrter Herr Dr. Koderhold und Herr Stadtrat, bitte, die Rede gehört an das gesamte Plenum gerichtet. Bitte, Zwiegespräche vielleicht nachher zu führen.

 

GR Dr. Günter Koderhold (fortsetzend): Selbstverständlich. Alles klar. Natürlich.

 

Jetzt kommen wir zur Zeit 2017/2018. Diese ist an sich geprägt durch verschiedene Kongresse, Seminare und Veranstaltungen im Bereich der Schmerztherapie, wobei sich immer wieder darstellt, dass bestimmte Komponenten der Schmerztherapie überhaupt nicht erwähnt beziehungsweise Schmerztherapie oder Schmerzambulanzen nicht umgesetzt werden. Wenn man sich das Spitalskonzept 2030 ansieht, wird man konstatieren, dass es alle möglichen Spezialambulanzen, aber keine einzige Schmerzambulanz gibt. Das ist ein erheblicher Rückschritt im Vergleich zu den früheren Jahren und Jahrzehnten, als die Schmerztherapie und die Errichtung von Schmerzambulanzen tatsächlich ein gesundheitspolitisches Thema waren.

 

Jetzt haben wir beim Spitalskonzept 2030 eine Fülle an Problemen. Wir haben nicht nur die nicht existente Schmerztherapie, die nicht einmal erwähnt wird. Wir haben auch durch die Bildung von monolithischen Abteilungen ein Einschränken der Ausfallssicherheit. Es wird daran gedacht, alle dermatologischen Patienten, mit Ausnahme vom AKH, in ein Krankenhaus umzusetzen. Ähnliches auch bei Augenversorgung. Das ist am Zettel vielleicht ausreichend, um den Versorgungsauftrag umzusetzen, weil da wird nur gerechnet, wie viele Betten, wie viele Ambulanzplätze auf welche Bevölkerung im Rahmen der Ausfallssicherheit. Dafür sind Sie natürlich als Stadtregierung auch verantwortlich! Die Ausfallssicherheit ist bei diesen monolithischen Abteilungen überhaupt nicht gegeben. Ich finde es auch nicht sehr verantwortungsbewusst, eine doch wichtige Versorgung auf einige ganz wenige Zentren in dieser großen Stadt umzusetzen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die Zahlen, mit denen wir konfrontiert werden, sind immer ein bisschen geschönt. Also das tatsächliche Einzugsgebiet für Wien, vom Medizinischen her, sind ungefähr 2,2 Millionen. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Größer!) - 2,8 Millionen, ich weiß. Ich rechne jetzt aber die Spitäler wie Baden, Mödling, Krems, Korneuburg weg. Dann komme ich auf diese 2,2. Das entspricht in ungefähr dem Prozentsatz der Nicht-Wiener-Patienten in den Spitälern. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Aber je spezialisierter die Geschichte ist, umso mehr kommen wieder nach Wien!) - Das Geheimnis heißt eigentlich Finanzausgleich und nicht die Supermedizin in Wien. Der Finanzausgleich verführt natürlich Niederösterreich, dass sie sagen, sie schicken ihre Patienten beinhart nach Wien, weil sie zahlen es eh über den Finanzausgleich. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Aber nicht in der Größenordnung!) - Natürlich zahlen sie es über den Finanzausgleich. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Aber nicht in der Größenordnung!) - Nicht in der Größenordnung. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Nicht einmal ansatzweise!) Aber sie schicken uns die Patienten. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Das ist ein schlechtes Beispiel!) Das bedeutet von der Logistik, von der Planung können wir nicht mit 2, sondern mit 2,2 Millionen rechnen, die wir versorgen müssen. Das muss ich natürlich wieder einmal ganz schüchtern anmerken.

 

Zum Spitalskonzept 2030 wäre noch zu sagen, dass es nur ein Teil des Regionalen Strukturplanes ist. Das ist eigentlich ein Umbauplan des Krankenanstaltenverbundes. Es hat mit der tatsächlichen Versorgung, die auch sämtliche Fondsspitäler betrifft, relativ wenig zu tun.

 

Was uns natürlich am Herzen liegt - und das wird Ihnen sicherlich auch am Herzen liegen - ist die beginnende Zweiklassenmedizin. Durch die zunehmenden Wartezeiten - das ist aus verschiedenen Gründen, teils logistisch, teils doch durch das enorme Wachstum der Stadt, Wien ist die am schnellsten wachsende Millionenstadt Europas - kommt es in bestimmten Fächern, bei bestimmten Personengruppen - ich werde jetzt gar nicht die alten Herrschaften erwähnen, sondern Schwangere, Eltern - wirklich zur Notwendigkeit, zum Zwang, auch außerhalb Wiens Wahlärzte zu suchen. Diese Kombination, zunehmende Wartezeiten und eine Verstärkung der Zweiklassenmedizin, ist unser Hauptgrund für diese Untersuchungskommission. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Lassen Sie mich noch einen Schlusssatz bezüglich der Notfallversorgung sagen. Wie gesagt, wir müssen nichts Neues erfinden. Ich bin ein großer Freund des britischen „Four hour target in emergency departments“-Modells. Da ist die oberste Priorität, innerhalb von vier Stunden muss ein Patient von der Erstbegutachtung bis zur Behandlung umgesetzt werden. Alles andere hat niedere Priorität. Die sagen, vier Stunden, alles andere

 

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