Gemeinderat, 44. Sitzung vom 26.11.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 104
halt bedeutet, mit dem Einkommen auch auszukommen, ein ordentlicher Haushalt hat transparente Zahlen für eine transparente Politik, ein ordentlicher Haushalt führt in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. Schwenken Sie um, auf den Kurs der ÖVP-Wien, für eine Stadt ohne neue Schulden, für ein Wien mit schwarzen Zahlen, für eine Metropole mit Zukunft. - Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Die tatsächliche Redezeit war 13 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Margulies, selbstgewählte Redezeit 12 Minuten.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Meine Vorrednerin hat mit dem Satz geendet, Budget ist die in Zahlen gegossene Politik. So wie viele andere, die diesen Satz zitieren, vergisst Sie meistens, den zweiten, ganz notwendigen Teil dazu: Budget ist die in Zahlen gegossene Politik, in Bezug gesetzt zu den inhaltlich verantwortungsvoll geplanten Überlegungen. Nur dann lässt sich nämlich bewerten, ob es zielführend ist, möglicherweise durch Kreditaufnahmen Sachen zu finanzieren, weil es inhaltlich notwendig ist, oder ob es zielführend ist zurückzuzahlen. Aber es geht immer um die Inhalte und nicht um das wertfreie Schuldenmachen oder Schuldenzurückzahlen.
Es geht um den Inhalt, und ich glaube, das ist etwas, was wir alle miteinander in einer Budgetdebatte ganz besonders herausarbeiten müssten, denn sonst werden Budgetdebatten sinnentleert. Sie werden eh schon faktenfrei geführt, wenn man es realistisch betrachtet, da ganz viele Sachen einfach so dargestellt werden, als ob man in einer komplett anderen Stadt lebt. Und ich erlaube mir jetzt dennoch - um mein Eingangsstatement zu untermauern - eine kurze Rückfrage, insbesondere an die Opposition. Diese kritisiert den Anstieg der Schulden seit 2008 um knapp 5 Milliarden EUR. Wenn man die ÖVP dazunimmt, hätte man bei den Gebühren gleich noch einmal 1 Milliarde, also 6 Milliarden EUR weniger ausgeben sollen.
Wo stünde Wien, wenn wir in den letzten 6 Jahren 6 Milliarden EUR weniger ausgegeben hätten? Und nein, nicht jeder einzelne Cent davon war sinnvoll ausgegeben. Nicht jeder einzelne, aber 95 Prozent davon. Und wo stünden wir bei 6 Milliarden weniger: Mindestens 3 Schulcampi weniger (VBgm Dominik Nepp, MA: 8 Millionen hätten wir beim Krankenhaus Nord einsparen können!), mindestens zwei Krankenhäuser, die nicht gebaut werden könnten, Wohnbauten weniger, Infrastruktur weniger, das alles gäbe es nicht. Und da geht es mir jetzt nicht darum, zu sagen, ich muss unbedingt in der lebenswertesten Stadt leben - ich wünsche nämlich jedem, dass er in einer lebenswerten Stadt lebt -, ich will, dass ich in einer lebenswerten Stadt leben kann. Und dazu gehört ausreichende Gesundheitsversorgung, ausreichende Bildung, ausreichende Infrastruktur, soziale Sicherheit - und das alles miteinander auf einem wirklich hohen Niveau. Ob wir dann die Lebenswertesten sind oder nicht, erlaube ich mir, ganz offen hier zu sagen, ist mir dann eigentlich ziemlich egal, denn ich wünsche eigentlich jedem Menschen, dass er über sich selbst sagen kann, ich lebe in einer lebenswerten Gemeinde, in einer lebenswerten Stadt. Und das wünsche ich uns allen. Ja, und das gäbe es nicht, hätten wir nicht in einer Zeit, als die Staatseinnahmen nicht so gesprudelt haben und gleichzeitig die Ausgaben insbesondere im Sozialbereich deutlich gestiegen sind, als Stadt Wien investiert.
Daher glaube ich wirklich, dass es darum geht, einen Bezug zu erzeugen. Nur als ein Beispiel, da das ja heute schon ein paar Mal angeklungen ist, auch vom Kollegen Wölbitsch - alle Seitenhiebe lasse ich jetzt weg -, bei dem angeklungen ist: Na, das Ende der Konjunktur, der Konjunkturspitze steht ja schon bevor. Das haben auch andere schon gesagt. Vergleichen wir nur das Niveau: Wir haben vor der Krise 2008 nach der nationalen Definition österreichweit 212.000 Arbeitslose gehabt und nach der internationalen Definition bei zirka 172.000 - man kann darüber streiten, welche sinnvoll ist und welche nicht. - Und jetzt - knappe 10 Jahre später -, wo wir alle über die Zeiten der Hochkonjunktur reden, haben wir 320.000 Arbeitslose nach der nationalen beziehungsweise 230.000 nach der internationalen Definition. Also, ein deutlich höheres Maß an Arbeitslosen, obwohl wir jetzt dieselbe Konjunkturspitze haben, wie wir sie 2007 vor der Finanzkrise hatten.
Was bedeutet das, und was bedeutet das für die unterschiedlichen Gebietskörperschaften? Es bedeutet auf der einen Seite - und das wissen alle, die sich damit beschäftigten, ganz genau -, dass selbstverständlich, wenn die Arbeitslosigkeit steigt, auch die Anzahl der Mindestsicherungsempfänger steigt. Glücklicherweise ist die Anzahl pro Kopf in den letzten Monaten gesunken, das ist ja etwas, was uns freut. Aber wir müssen dennoch davon ausgehen, dass wir uns auf einem deutlich höheren Niveau befinden als noch vor zehn Jahren. Und wer finanziert die Mindestsicherung? - Das ist wiederum Aufgabe der Länder und Gemeinden, beziehungsweise in Wien, weil wir ja de facto budgetär ein und dasselbe sind, die Gemeinde Wien.
Gleichzeitig wissen wir bei den Arbeitslosen, bei all den Plänen, die jetzt zum Teil auch von der Bundesregierung gehegt werden, wenn in Summe die Nettoersatzrate aus der Arbeitslosenversicherung sinkt oder wenn die Arbeitslosenversicherung kürzer ausbezahlt wird oder die Notstandshilfe wegfällt, die Menschen in die Mindestsicherung kommen. Das heißt, dort, wo sich der Bund möglicherweise etwas spart - denn manche von Ihnen sagen, der Bund spart, wir sagen, auf Kosten der Menschen -, wird es für die Gemeinden teurer. Es gibt Sachen, da profitieren Bund, Länder und Gemeinden gleichzeitig. Wie etwa, wenn eine positive Wirtschaftsentwicklung ist, das etwas ist, wo wirklich alle gemeinsam profitieren können. Und dann gibt es eben Punkte, wo das nicht so ist. Wo, wenn der Bund kürzt und einspart, manchmal die Gemeinden mehr zahlen. Und ich glaube, das ist etwas, was man sich wirklich ganz in Ruhe anschauen müsste.
Ich möchte auch mit einem anderen Punkt aufräumen, bei dem ich glaube, dass das auch in Anbetracht
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