«  1  »

 

Gemeinderat, 35. Sitzung vom 27.04.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 124

 

erinnern und mahnen an die Zeit des Nationalsozialismus. Wir sollten nicht den Fehler machen, alles, was wir schon geglaubt haben, daraus gelernt zu haben, wieder zu vergessen. Es ist unsere Aufgabe, weiterhin jedem Erstarken des Antisemitismus, jedem Erstarken des Faschismus entgegenzutreten. In diesem Zusammenhang verlieren wir meines Erachtens mit Andreas Mailath-Pokorny auch jemanden, der immer gewusst hat, wo die richtige Seite ist. Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau StRin Ursula Schweiger-Stenzel.

 

12.17.50

StRin Ursula Schweiger-Stenzel|: Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Verehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte mich kurz erinnern - eine Sache am Anfang zu dem Ausscheiden von dir, Herr Stadtrat. Wir sind per du, du bist einer der wenigen Politiker der roten Stadtregierung, mit denen ich per du bin. Bei allen anderen habe ich es vermieden. Warum habe ich es bei dir nicht vermieden? Weil wir so aneinander geraten sind auf Grund eines Projektes im öffentlichen Raum, das ich damals wirklich als eine Verhöhnung empfunden habe, ein Instrumentalisieren einer Skulpteurin, die auch im Museum Moderner Kunst sehr bekannt ist und auch international. Nachdem ich mehr als zwei Jahre als Bezirksvorsteherin von Wien 1 um die konventionellen Maiglöckchenlampen gekämpft habe, kam damals eine Abordnung mit einem Zettel zu mir in die Bezirksvorstehung, so A4, und einer Skizze, die den Eindruck erwecken musste, dass diese Leuchte, die da mit einer Art Pinocchio, der raucht, dargestellt wurde, eine wirkliche Verarschung - entschuldige den Ausdruck - des Bürgerwillens der Inneren Stadt war, eine absolute Missachtung eines Votums auch vieler für diese konservativen Leuchten und gegen das, was viele in Wien damals als Raststättenbeleuchtung empfunden hätten. Das ist ja dann auch durch Herrn Bgm Häupl und den damaligen Noch-Stadtrat Schicker zurückgenommen worden. Es war ein nicht unbeträchtlicher Kampf, ein wirkliches Kräftemessen zwischen einem an sich unterlegenen Bezirksvorsteher beziehungsweise einer Bezirksvorsteherin und der Allmacht der Stadt Wien, die hier ein Kunstprojekt, wie ich es damals empfunden habe, auf Grund dieser schludrigen Präsentation benützt, um eindeutig eine politische Botschaft in eine bestimmte Richtung abzusetzen.

 

Ich habe damals diese Herrschaften, ich habe sie nicht gekannt, sie sind dann auch sehr bald verschwunden, wirklich rausgeschmissen. Die waren nach fünf Minuten wieder draußen. Und nachdem ich das getan habe, habe ich mir gedacht: Um Gottes Willen, was habe ich jetzt gemacht, ich muss eine wirkliche Begründung nachliefern. Ich habe ein Rundschreiben an sämtliche Museumsdirektoren, an sämtliche Stadträte - und auch an dich, gemacht, die mit Kultur und Kultur im öffentlichen Raum, Kunst, und so weiter zu tun haben, für die ich ursprünglich auch war, und habe dieses mein Auftreten und meine Ablehnung begründet und auch gleichzeitig natürlich gesagt: Warum wird der Bezirk in so eine Entscheidung überhaupt nicht eingebunden, denn immerhin passiert es ja mitten im Ersten? Es passierte mitten in einer der schönsten Straßen, nämlich am Wiener Graben, wo es viele Kunsthistoriker und Fachleute gegeben hat, die gesagt haben, eine solche Straße, ein solcher Straßenzug verträgt eigentlich gar keine zusätzliche Skulptur, und eine, die damals noch dazu zwei Drittel, in dem Fall von der Fassade der Erste Bank zugedeckt hätte, schon gar nicht. Die Reaktion von dir kam damals umgehend: Du hast mich eingeladen, in die Jury zu kommen. Du bist natürlich bei deinem Konzept geblieben. Du hast es natürlich dann beschönigt und hast gesagt, es war quasi nicht böse gemeint und es sollte keine Verhöhnung sein, weder meiner Person noch des Bezirkes noch auch der Entscheidung, die letztlich im Zuge dieses Lampenkrieges getroffen wurde. Du hast mir auch zugesichert, dass ich bei Jurysitzungen auch wen mitnehmen kann, der eine andere Meinung und Haltung vertritt als die Jurymitglieder, die du ursprünglich da ausgewählt hast.

 

Beim nächsten Projekt war es dann so, das war dann etwas ganz anderes, erinnere ich mich, das war eine Art Sitzbank, die man sehr gut benützen konnte. Ich erinnere mich leider nicht mehr an den Skulpteur. Es war ein Amerikaner, soviel ich weiß. Das konnte man anschauen und man konnte auch sitzen.

 

Was ich aber bei diesen ganzen Projekten im öffentlichen Raum, auch jetzt noch als Stadträtin, bedaure, ist, dass man hier eigentlich kaum österreichische Künstler oder Wiener Künstler findet. Es werden hier internationale vorgeschlagen, es wird dafür Geld hergegeben, und dann steht das eine Weile, und dann wird es wieder abmontiert. Und was geschieht damit? Also dieses Konzept der Kunst im öffentlichen Raum halte ich nicht für wirklich so befriedigend und das Gelbe vom Ei. Außerdem weiß ich, dass die jetzige Leiterin von Kunst im öffentlichen Raum natürlich auch immer ums Budget kämpft.

 

Aber wogegen ich mich prinzipiell wehre oder immer gewehrt habe, ist, dass man versucht, Kultur politisch zu vereinnahmen. Das sollte nicht geschehen. Man schafft dadurch ja auch Abhängigkeiten, nicht wahr? Wer zahlt, schafft an, das ist eine alte Geschichte, und ich halte das für nicht gut. Natürlich ist Kultur im politikfernen Raum nicht denkbar, das ist völlig klar. Aber das war ein Beispiel, dass sie eigentlich zu einem ganz bestimmten Zweck benützt wurde. Gut, wir haben uns verständigt.

 

Wir haben dann noch einige andere Gefechte gehabt, wo du mich als Bezirksvorsteherin liebenswürdigerweise immer knapp vorher, aber doch, angerufen hast, was ich auch noch im Nachhinein schätze, und zwar war das natürlich die Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Ringes. Also die Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Ringes, muss ich ehrlich sagen, ist dann aber trotzdem in einer Art Ho-Ruck-Aktion gekommen, nachdem du mich ja mental darauf vorbereitet hast, und war dann über Nacht da. Und schon hast du eine Pressekonferenz gegeben. Natürlich, ein Politiker, ein Stadtrat der Sozialdemokratischen Fraktion, kann aus seiner Haut nicht heraus. Ich muss ehrlich sagen, ich hätte mir ge

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular