«  1  »

 

Gemeinderat, 33. Sitzung vom 23.02.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 69

 

che, bei denen man sagt, hier können auf zivilrechtlichem Wege Schadenersatzansprüche entstehen. Nun ist es so, dass hier durchaus auch Verjährungsfristen eintreten können. Man muss zumindest, wenn man vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte dieser Stadt diesen Weg beschreitet, rechtlich einmal prüfen, ob da überhaupt zivilrechtliche Schritte beschritten werden können, und auch auf den Zeitpunkt abstellen, nachdem der Schaden bekannt ist. Ich würde sagen, jetzt, da der Rechnungshofrohbericht auf dem Tisch liegt, wissen wir, dass ein Schaden entstehen wird oder entstanden ist. Laut Rohbericht bewegt sich die Bandbreite der Baukostenüberschreitungen zwischen 7 und 38 Prozent, abhängig von den zahllosen offenen Versicherungs- und Regressforderungen, denn es laufen ja zahlreiche Verfahren. Man kann aber sagen, dass da auf Grund falscher Entscheidungen definitiv Schäden entstanden sind, Folgekosten entstanden sind.

 

Man kann auch sagen, und da bietet der Rechnungshofrohbericht eine Grundlage dafür, dass die Verantwortlichen im KAV oder der zuständigen Geschäftsgruppe, vielleicht aber auch die politischen Verantwortungsträger hier weder sparsam noch wirtschaftlich noch zweckmäßig im Hinblick auf die Verwendung der öffentlichen Mittel agiert haben. Das ist wichtig, weil das sozusagen der gebotene Sorgfaltsmaßstab ist, der angelegt werden kann.

 

Diese Frage des Sorgfaltsmaßstabs ist eine sehr wichtige bei der Frage von Schadenersatzforderungen. Es gibt da durchaus unterschiedliche, auch juristische Expertise oder Expertenmeinungen zu der Frage, welchen Sorgfaltsmaßstab man eigentlich auch an einen Politiker anlegen muss. Die einen sagen, ein Politiker, ein Regierungsmitglied, ein Minister, eine Ministerin, eine Stadträtin, ein Stadtrat müssen auch über umfassende Kenntnis im entsprechenden Ressort verfügen. Andere Meinungen besagen, ihr habt eine Kommunikationsaufgabe und man muss sich darauf verlassen können, was sozusagen die Expertinnen und Experten sagen. Gleich, welchen Sorgfaltsmaßstab man anwendet, jedenfalls vorherrschende Meinung ist, dass die sogenannte Business Judgement Rule Anwendung findet. Die Business Judgement Rule besagt vereinfacht gesagt, dass man in konkreten Situationen die gebotene Sorgfaltspflicht anlegen muss, welche eben im üblichen Geschäftsverkehr ein Manager auch anwenden muss. Man legt sie an, indem man sagt, er muss sich alle nötigen Informationen beschaffen, um dann wirklich nach bestem Wissen und Gewissen die zum jeweiligen Zeitpunkt beste Entscheidung zu treffen. Es gibt darüber hinaus auch noch einen Aufsatz von Prof. Koziol, der auch argumentiert, dass die Sachverständigenhaftung, also eine weitaus schärfere Haftung nach dem § 1299 ABGB, auf Politiker Anwendung finden könnte.

 

Der Grund, warum ich das jetzt auch juristisch so elaboriere, ist nicht Populismus, den ich hier vom Rednerpult aus betreibe, sondern die durchaus sehr ernst gemeinte Aufforderung, dass wir das Instrument der zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche hier vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt auch bei solchen Fragen klären. Wir müssen das klären, und zwar jetzt, weil möglicherweise die Verjährungsfristen zu laufen beginnen.

 

Deshalb möchte ich gerne heute einen Antrag einbringen, dass wir die zuständige Stadträtin für Finanzen auffordern, alle zivilrechtlichen Schritte, insbesondere Schadenersatzansprüche gegen die Verantwortlichen im KAV beziehungsweise die zuständige Geschäftsgruppe als Bauherr und auch etwaige politische Verantwortungsträger zu prüfen und auch unverzüglich, wenn die Prüfung ergibt, dass dies möglich ist, entsprechende Verfahren einzuleiten und dem Gemeinderat darüber zu berichten. Ich glaube, wir sind es den Bürgerinnen und Bürgern schuldig, dass wir bei solchen Fehlleistungen die Verantwortung nicht abschieben oder uns abputzen und sagen, es sind ja alle nicht mehr im Amt und in Zukunft machen wir es besser, sondern dass wir tatsächlich auch schauen, dass wir den Schaden, der entstanden ist, wiedergutmachen. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Korosec. Ich erteile ihr das Wort.

 

11.48.38

GRin Ingrid Korosec (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Frau Kollegin Meinl-Reisinger, ich muss natürlich auch auf die Pflege eingehen, weil natürlich das Thema Pflege von immenser Bedeutung ist. Gott sei Dank werden wir älter, viele werden auch gesund älter, und jeden Tag gewinnen wir vier Stunden an Lebenszeit dazu - jeden Tag! Aber sehr oft ist letztendlich gerade die letzte, meist kurze Spanne verbunden mit Unterstützung und mit Pflege. Im vergangenen Jahr hat der Nationalrat mit großer Mehrheit, ohne die Stimmen der NEOS, den Pflegeregress abgeschafft.

 

Frau Kollegin Meinl-Reisinger, hier unterscheiden wir uns, denn ich behaupte mit gutem Recht, dass es da eine gravierende Unterscheidung gibt, denn vom Pflegeregress waren Reserven von Bargeld genauso betroffen wie zum Beispiel eine Eigentumswohnung, ein Haus oder sonstige Vermögenswerte. Das war tatsächlich eine 100-prozentige Erbschaftsteuer oder 100-prozentige Vermögensteuer. Daher ist es gut, dass das abgeschafft wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist fast zynisch, sich dagegen gestellt zu haben, denn der Pflegeregress war zutiefst ungerecht. Er trifft jene, die das Pech haben, zum Pflegefall zu werden, die sich ein Leben lang angestrengt haben, um Reserven für die Pension anzulegen und die nicht schlau und nicht schnell genug waren, zeitgerecht ihr Hab und Gut zu verschenken oder zu vererben.

 

In unzähligen Aussendungen hast du, Frau Klubobfrau, ab August in Wien Schrecken verbreitet und die Wienerinnen und Wiener für einen billigen, billigen Wahlerfolg verunsichert. Ich weiß auch, dass dir damals bewusst war und auch heute bewusst ist, wie sensibel dieses Thema ist. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Deshalb brauchen wir eine nachhaltige Lösung, die nicht getroffen wurde! Das ist unverantwortlich!) - Ja, ja, ich komme zu den Lösungen. Nicht nur Betroffene wurden von dir mit reinen Vermutungen ver

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular