Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 99
sogar in die USA gehen, weil bei uns das Kapital fehlt. Wir sehen, dass uns hier die Zeit davonläuft, und die Insider warnen auch alle, dass wir den Anschluss verlieren und viel zu spät kommen. Wir sind dabei, unter Rot-Grün das alles zu verschlafen!
Daher sagen wir: Wir brauchen hier bei uns in Wien einen Risikokapitalfonds, einen Mittelstandsfonds speziell für unsere Gründer. Was aber tun Sie? - Sie kommen heute eigentlich nur mit leeren Phrasen! Daher meine ich: Nehmen Sie doch Geld in die Hand für unsere Start-ups, und hören Sie auf mit diesen Sprechblasen, meine Damen und Herren von Rot-Grün! Das kann in Wirklichkeit keiner mehr hören! (Beifall bei der FPÖ.)
Kollege Kraus! Kollegin Straubinger! Schauen wir doch ein bisschen auch über unsere Grenzen, was dort geschieht, etwa nach München, nach „Silicon Schwabing“! In Berlin gibt es ein gigantisches Zentrum, eine eigene „Start-up Campus Factory“, in London gibt es die „Tech City“. Sogar in Niederösterreich entstehen Gründerzentren, zuletzt etwa am Rand Wiens in Wolkersdorf! In Wien geht hingegen bei großen Projekten für unsere Start-ups überhaupt nichts weiter!
Kollege Kraus hat von leerstehenden Lokalen gesprochen. Das ist ein ganz, ganz kleiner Ansatz. Wir wollen aber, meine Damen und Herren, einen großen Start-up- beziehungsweise Gründercampus! So etwas würden wir brauchen, ein Leuchtturmprojekt, wie das so schön heißt, das als Signal auch international wahrgenommen wird!
Was aber tun Sie? - Sie tun überhaupt nichts! Sie reden hier nur herum, und das ist wirklich zu wenig, meine Damen und Herren von Rot-Grün! (Beifall bei der FPÖ.)
Schließlich frage ich Sie auch: Warum gibt es in Wien keine eigene Gründerförderung? Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich eine Schande, dass Wien als Bundesland keine eigene Gründerförderung hat! Das wäre ja das Wichtigste! Wenn jemand das Risiko auf sich nimmt und eine Firma gründet, dann sollte man ihm doch auch finanziell unter die Arme greifen! In vielen anderen Bundesländern, Frau Kollegin Straubinger, gibt es eigene Gründerförderungen! Ich kenne die Wiener Förderungen, aber es gibt in Wien keine eigenständige monetäre, finanzielle Gründerförderung!
Schauen Sie sich das einmal an, Frau Kollegin! In Niederösterreich gibt es zum Beispiel 8 Prozent Zuschuss für Existenzgründungen, in Vorarlberg gibt es 10 Prozent Zuschuss als Jungunternehmerförderung. - So etwas gibt es in Wien überhaupt nicht!
Ich frage daher: Wieso ist es möglich, dass in Niederösterreich, in Vorarlberg und in vielen anderen Bundesländern Gründer finanziell unterstützt werden, während es in Wien 0 Prozent beziehungsweise nichts gibt außer lauter leere Worte, wie wir sie heute gehört haben? Diese Aktuelle Stunde zeigt sehr schön, meine Damen und Herren, dass es in Wien kein Geld für unsere Gründer gibt, dafür lauter Sprechblasen von den Rednern von Rot und Grün. Das ist heute wieder ein Armutszeugnis von Ihnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Frau GRin Mag. Huemer zu Wort gemeldet. Der zweite ÖVP-Redner ist krankheitshalber ausgefallen, darum kommen jetzt Sie dran. Sie haben fünf Minuten. - Bitte sehr.
GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wer gründet Start-ups? Ich darf Sie fragen, an wen Sie da denken. - Ich nehme an, bei den meisten wird ein Bild auftauchen, das jung und männlich ist, und ich kann Ihnen sagen: Das stimmt! Der typische Gründer ist etwa 31 bis 32 Jahre alt und männlich.
Wir wollen ja Wien zu einer Start-up-Hauptstadt machen, und ich denke, wir finden hier gute Voraussetzungen vor, dass wir Wien auch zu einer Start-up-Stadt für Frauen machen.
Ich nenne Ihnen aber vorher noch ein paar Zahlen, um zu belegen, warum mir das erstens ein Anliegen ist und warum wir das zweitens auch schaffen können und meiner Meinung nach auch schaffen werden, wenn wir das wollen.
Neben diesen altersmäßigen Faktoren ist auch der Gründungsanteil der Frauen relativ gering. Österreichweit liegt er erst bei 10 Prozent, obwohl generell Gründungen zu 60 Prozent von Frauen gemacht werden. Es ist wirklich interessant, dass in diesem Start-up-Bereich ein ziemlich großer Gendergap vorhanden ist.
Ein weiterer Faktor ist, dass Frauen tatsächlich anders gründen. Generell und auch in Wien gibt es einen traditionell sehr stark technologiegetriebenen Start-up-Bereich. Frauen gründen hingegen stärker im Kunst- und Kulturbereich, im Medien- und Kreativbereich, auch im Consulting- oder Marketing- und PR-Bereich, jedoch weniger im Digital-Industry-Bereich, weniger im IT- und weniger im Life-Science-Bereich. - Das sind einmal die Fakten.
Wenn man sich dann anschaut, wie die Arbeitsbedingungen in solchen Start-ups sind, dann kommt man auch drauf, dass das echt ein hartes Business ist, wenig Sicherheit bietet, von großen Risiken getragen und stark von Selbstausbeutung gekennzeichnet ist. Das Image ist zwar cool, aber die Arbeitsbedingungen sind dort relativ hart.
Wenn man sich auch noch die traditionelle Arbeitsteilung in Österreich anschaut, dann sieht man, dass Frauen jünger gründen, sie sind im Durchschnitt 27 Jahre alt: Das ist vor der Phase der Familiengründung, später setzen Frauen vielleicht doch eher auf eine andere Karte als Männer.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Unternehmenskultur generell und das Image, das Start-ups haben: Dabei handelt es sich doch um eine sehr stark männlich konnotierte Gruppe, sozusagen um eine Jungs-Community mit einem entsprechenden Image. Generell spielen aber auch gesellschaftliche Faktoren mit herein: Laut Umfragen trauen sich Frauen tatsächlich weniger zu beziehungsweise wird Frauen im Zusammenhang mit der Gründung eines Unternehmens auch weniger zugetraut. - Hier gibt es also noch Handlungsbedarf.
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