Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 94
Ich denke in diesen Augenblicken aber auch ganz besonders – Moment, das wird jetzt schwierig – an meine Familie, an meine beiden Söhne Michael und Manuel, die heute nicht anwesend sein können, weil sie beruflich gebunden sind, an meine verstorbene Gattin, die wahrscheinlich während der gesamten Zeit am meisten auf mich verzichten musste. Ich danke meiner Frau Ulli, dass ich sie nach dem Tod von Melitta kennen lernen durfte und sie, aber auch ihre Familie, mir nach einer extrem schwierigen Zeit mit ihrer Liebe die erforderliche Hilfe gab, damit ich aus meinem damaligen mentalen Tief wieder herauskam.
Bevor ich nun tatsächlich zum Schluss komme, gestatten Sie mir noch ein paar persönliche Worte. Im Mittelpunkt unseres Handelns soll ausschließlich der Mensch stehen, und zwar in meinem Selbstverständnis, und ich hoffe, im Selbstverständnis vieler, ohne zu unterscheiden, welcher Hautfarbe, welcher Religion, welcher Nationalität oder welcher geschlechtlichen Neigung die Menschen angehören. Wir Mandatarinnen und Mandatare der Menschenrechtsstadt Wien – ich betone dieses, weil wir das hier auch so beschlossen haben – stehen heute vor ganz besonders enormen Herausforderungen. Wir haben gerade jetzt die große Verpflichtung, Menschlichkeit zu zeigen. Wenn die westliche Welt bedenkenlos Waffen in verschiedene Regionen dieser Welt liefert, dürfen wir nicht überrascht sein, dass dort mit diesen Waffen auch Kriege geführt werden. Und wo Kriege geführt werden, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, sind Elend, Not und Verfolgung unausbleiblich. Die Flucht vieler Menschen aus diesen Kriegsregionen ist, zumindest für mich, eine logische Folge. Wir dürfen Menschen nach ohnehin gefährlichen Wegen aus ihrer Heimat nicht mit Brutalität, nicht mit Hass oder mit Unmenschlichkeit entgegentreten.
Für mich ist es heute mehr als Verpflichtung, dir, geschätzter Herr Bürgermeister, sehr herzlich für die rasche Entschlossenheit zur Aufnahme von Asylwerbern und Hilfesuchenden zu danken. Ich bin sehr, sehr glücklich, in einer Stadt leben zu dürfen, wo die Einrichtungen der Stadt, die ÖBB, die ich hier nicht vergessen möchte, weil es meine Berufskollegen sind, die Wiener Polizei, für die ich mich doch auch sehr lange engagiert habe, die vielen Hilfsorganisationen und die unzähligen Menschen, die freiwillig und spontan in Traiskirchen, in Nickelsdorf, auf den Wiener Großbahnhöfen und auch in vielen Städten und Gemeinden Österreichs zeigten und zeigen, dass die Würde des Menschen, der Respekt vor den Menschen in unserer zivilisierten Gesellschaft den hohen Stellenwert hat, der auch notwendig ist. Ich danke diesen Leuten ganz, ganz besonders. (Allgemeiner Beifall.)
Abschließend, meine Kolleginnen und Kollegen, bedanke ich mich bei euch – ich bin wahrscheinlich mit den meisten per du – und bei Ihnen für die tatsächlich gute Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen. Ich wünsche dem Wiener Gemeinderat für die Zukunft viel Glück und die große Umsicht bei den Entscheidungen, damit die bald zwei Millionen Einwohner unserer Stadt, aber auch unsere Gäste auch in Zukunft stolz darauf sein können, in einer der lebenswertesten Städte, der sichersten Städte und der friedvollsten Städte des Miteinanders und der Menschenrechte leben zu können. Vielen herzlichen Dank für alles. (Langanhaltender allgemeiner Beifall, wobei sich die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte von ihren Sitzen erheben. – GR Dipl-Ing Rudi Schicker begibt sich zum Vorsitzenden, überreicht ihm einen Blumenstrauß und umarmt ihn.)
Wir können nun mit der Sitzung voranschreiten. Ich danke, dass Sie mir diesen Einschub gestattet haben.
Mich hat ganz am Beginn Kollege Gudenus gebeten, sich zur Geschäftsordnung zu Wort zu melden. Das ist jederzeit möglich, und ich erteile ihm das Wort.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, lieber Herr Vorsitzender!
Ich möchte diese Stunde des Abschieds, die wir hier feiern, nicht trüben. Mir wäre es lieber, du würdest länger im Amt bleiben, denn jemand, der eine gute Vorsitzführung hier im Haus gezeigt hat, den könnten wir noch länger hier brauchen. Ich habe mich aber deswegen zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet, weil es eben erforderlich ist, über die Vorfälle der letzten Tage, vor allem am Montag im Landtag, zu sprechen.
Ja, der Landtag ist ein anderes Gremium, das stimmt, ich glaube aber, dass der Bürger nicht unterscheidet zwischen Landtag und Gemeinderat, denn die Personen sind dieselben. Ich glaube auch, dass ein Vorsitzender – und der Herr Margulies ist ein stellvertretender Gemeinderatsvorsitzender – nicht einfach so mit Aussagen hier in der Öffentlichkeit agieren und sich unter dem Schutz der Immunität feig verstecken kann. Ich glaube nicht, dass man davon ausgehen kann, dass eine Objektivität der Vorsitzführung unter dem Herrn Margulies noch gewährleistet ist. Davon ist nicht auszugehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Jemand, der bei einem mehr als erbärmlichen Auftritt, bei einem traurigen Schauspiel, bei einem undemokratischen, traurigen Schauspiel davon spricht und hier unterstellt, dass ein Kollege andere Menschen umbringen will, der ist eigentlich in diesem Haus, egal ob Landtag oder Gemeinderat, nicht länger zu dulden. (Beifall bei der FPÖ.) Schon gar nicht, wenn genau diese Person, obwohl die Rede im Landtag erfolgt ist, eben stellvertretender Gemeinderatsvorsitzender ist und man nicht davon ausgehen kann, dass dieser Vorsitz hier weiter objektiv ausgeführt wird. Noch dazu hat er bei unserem Auszug, der als Notwehrmaßnahme gegen diese verwerflichen Aussagen erfolgt ist, gesagt: „Auf Wiedersehen! Ihr habt hier nichts verloren in einem demokratischen Gremium.“ – Und das zu einer gesamten Fraktion, in dem Fall zur FPÖ.
Das ist nicht zu dulden. Das können wir nicht hinnehmen. Das disqualifiziert sich von selbst, ist nicht tragbar, ist äußerst inakzeptabel und ist nicht zuletzt auch ein großer Schaden für das Ansehen und die Würde dieses Hauses, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Das kann man nicht einfach stehen lassen, und ich frage mich schon auch, wo hier die Distanzierungen all derer bleiben, die sonst immer sofort kritisch in der Öffentlichkeit stehen und Rücktritte verlangen oder hier mit
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