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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 85 von 140

 

Islamverständnis Musik und Instrumentalmusik als unrein bezeichnen, wird eine Musikschule geschlossen. Also nicht die Musikschule wird geschlossen, sondern der Musikunterricht wird nicht durchgeführt.

 

Oder es beschweren sich LehrerInnen und Pädagogen, dass sie nicht mit Respekt behandelt werden, weil zum Beispiel Mädchen jetzt am Schwimmunterricht nicht teilnehmen können. Ich denke, das brauchen wir in unserer heutigen Zeit nicht, wir haben auch schon sehr viel darüber gesprochen, dass das nicht notwendig ist. Denn, wie immer wieder auch hier schon besprochen, gerade Sport ist verbindend. Und genauso ist eine Segregation, eine Isolation dieser Mädchen da, weil sie da nicht teilnehmen können, weil sie nicht am gemeinsamen Sport, am gemeinsamen Schwimmunterricht teilnehmen dürfen.

 

Hier passieren Ghettobildungen, und ich glaube, das haben wir nicht notwendig. Da muss man ansetzen, da muss man schauen, was man tut. Wie gesagt, gibt es jetzt seit einem Jahr dieses Wiener Netzwerk, und da ist sehr schön formuliert, dass es auch notwendig ist, Strategien und Maßnahmen für die Prävention zu machen. Ich hoffe, dass Sie genau diese Prävention und Maßnahmen einsetzen, um aus den Fehlern aus der Vergangenheit, die wir in den letzten Jahren gerade in der Integration gemacht haben, zu lernen und es besser zu machen.

 

Trotz allem sollten Sie nicht immer nur alles schönreden und sagen, es ist gut, sondern Sie sollten auch unsere Anregungen, die wir mit Beispielen und Anträgen hier bringen, zur Kenntnis nehmen und vielleicht auch anwenden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es ihm.

 

18.13.12

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich erlaube mir als Einstieg in die Debatte eine Feststellung: Wer sich die österreichische Integrationspolitik ansieht und keine Baustelle erkennt, hat tatsächlich Schwierigkeiten. Wir haben unter anderem deshalb eine Baustelle, weil für Migranten und Migrantinnen auf vielen Ebenen Rechtssicherheit fehlt, Rechtssicherheit, die es ihnen ermöglicht, problemlos in Österreich um die Staatsbürgerschaft anzusuchen, Rechtssicherheit, die es ihnen ermöglicht, sich problemlos zu wehren, wenn sie in der Arbeitswelt ausgebeutet werden, Rechtssicherheit, die es ihnen ermöglicht, sich zu wehren, wenn sie sich nach einer Wohnung umschauen und von privaten Wohnungsbesitzern wieder einmal genommen werden.

 

Rechtssicherheit ist ein Fremdwort für viele Migranten und Migrantinnen in Österreich, und das ist eine Schande! Die Verantwortung dafür trägt in Österreich tatsächlich die Bundespolitik, und mit dieser Schande muss die Politik leben. Es sind schnellstmöglich die Voraussetzungen zu schaffen, dass Migrantinnen und Migranten die Rechtssicherheit, die sie benötigen, auch bekommen.

 

Zweiter Punkt, weil das oft genug vermischt wird in der Debatte: Dasselbe gilt nämlich auch für Flüchtlinge. Schon für MigrantInnen ist Rechtssicherheit ein Problem, Flüchtlinge wissen in den meisten Fällen nicht, was das überhaupt bedeutet in Österreich. Das kennen sie nicht. Die meisten von Ihnen werden von Stellen des Asylantrages bis zur Normalablehnung im Erstverfahren im Großen und Ganzen wie ein Spielball der Natur hin und her geschoben. Wir sehen die Unterbringung im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen und wie sich Innenministerin Mikl-Leitner weigert, seit Wochen weigert, menschenwürdige Zustände in Traiskirchen herzustellen. Und wenn sich dann der Andi Babler hinstellt und das kritisiert, dann macht er das tatsächlich zu Recht. Es ist eines Staates wie Österreich unwürdig, die Erstaufnahme von Flüchtlingen so zu regeln, wie das gegenwärtig der Fall ist. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich habe dem Kollegen Aigner genau zu gehört. Da hat er zwar noch von Zuwanderern gesprochen – aber ich glaube, er unterscheidet da selber nicht sehr viel zwischen Zuwanderern und Flüchtlingen –, als er gesagt hat, Zuwanderung von außerhalb der EU sollte nicht möglich sein. Ich glaube, er sieht sein großes Vorbild mittlerweile im Viktor Orbán, der auf der einen Seite zu Serbien vier Meter hohe Grenzzäune hochziehen will, obwohl wir alle gemeinsam geglaubt haben, dass die Teilung in Europa durch Grenzzäune oder Grenzwälle endgültig überwunden ist, und der gleichzeitig die Todesstrafe einführen will. Das will ich jetzt dem Kollegen Aigner nicht unterstellen, aber das ist diese erzkonservative, reaktionäre Politik, für die der Kollege Aigner bedauerlicherweise immer wieder hier eintritt und die wir schärfstens zurückweisen sollten.

 

Er redet auch über das Geschäft mit den Schlepperbanden. Ich sage es Ihnen ganz offen, man muss tatsächlich unterscheiden zwischen Schlepperbanden auf der einen Seite, die es möglicherweise gibt, die es sicher gibt, und Flüchtlingshelfern. Es gibt ganz viele Menschen, die darauf angewiesen sind, dass es andere Menschen gibt, die ihnen zur Flucht verhelfen. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Nein, ohne Geld und ohne irgendwas anders. Aber das wird ja in der österreichischen Rechtsordnung sowieso alles in einen Topf geworfen.

 

Und ich verrate Ihnen noch etwas: Das wirklich Geschäft der Schlepperbanden, das erledigen schon die europäischen Regierungen mit ihren restriktiven Gesetzen. Je restriktiver das Gesetz bezüglich Asylgründe, bezüglich Zuwanderung ist, umso gefährlicher wird es auf vielfältiger Ebene und umso teurer wird es für Menschen, die tatsächlich nach Europa kommen wollen, sei es in Form der Zuwanderung, sei es als Flüchtling.

 

Momentan haben wir ja tatsächlich eine ganz enorme Flüchtlingssituation. Die Anzahl der Zuwanderer aus Nichteuropa – das ist schon genannt worden – ist gar nicht so groß in der gegenwärtigen Situation. Wir haben tatsächlich viele Menschen, die flüchten – ich habe das schon am Vormittag gesagt –, weil sie entweder persönlich verfolgt oder vom Tod bedroht sind, die flüchten vor Krieg, die flüchten vor Hunger und Elend. Und ich stehe dazu, dass man vor Elend und Hunger flüchten darf, und ich sehe keinen Grund, den es geben kann, Menschen zurückzuweisen, die nicht die Gnade der Geburt gehabt

 

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