Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 112 von 147
tens der SPÖ den Grünen im Kulturbereich ja doch nicht über den Weg, denn Basis.Kultur.Wien ist ein – wie ich es jetzt formulieren möchte – sehr stark SPÖ-dominierter Verein. (Zwischenruf von GR Prof Harry Kopietz.) Herr Kopietz! Sie sind dort Präsident, und Kollegin Klicka und Frau Hermine Moser sitzen auch in diesem Verein! (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist Zufall!) Ja, all das ist sicherlich dem Zufall zu schulden!
Ich musste ein bisschen schmunzeln, denn offensichtlich sind die SPÖ-Gemeinderäte doch nicht ganz so glücklich über das, was die Grünen in der Kulturförderung, speziell auch, was die „Wienwoche“ betrifft, bis dato zu Tage gefördert haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber sei‘s drum! Ich gehe davon aus, dass Herr Lobo nicht anstehen wird, das Ganze glühend zu verteidigen. Das ist sein gutes Recht. Vielleicht wird er mich auch wieder persönlich diffamieren, das tut er ja auch gerne, speziell dann, wenn ihm die Argumente ausgehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber es gibt ja auch noch andere Zeugen und Betroffene aus der freien Szene, die diesen neuen Fördertopf doch mit etwas kritischeren Worten betrachten. – Ich darf Ihnen aus einer Pressemitteilung der IG Freie Theaterarbeit vom 10. November 2014 zitieren: „Aufwachen aus dem Tagtraum: Die VBW erhalten 5 Millionen plus 4 Millionen plus 3 Millionen EUR zusätzlich in den kommenden 3 Jahren. Im Gegenzug erhält die freie Szene ein neues Instrument für genre-, spartenübergreifende Projekte: 1,5 Millionen pro Jahr – ein neuer Topf, eine neue Jury – auf ein gutes Neues. Gut, insofern es um ein neues Instrument und neue Mittel geht, gut im Sinne der Diversität und Entwicklung neuer genre- und spartenübergreifender Projekte. Aber: Damit klafft ein weiteres Mal auf der Makroebene die Schere zwischen den großen Institutionen und der freien Szene auf, anstatt sich zu verkleinern. Und: Mit dem neuen Topf sind einmal mehr keine grundlegenden Strukturänderungen verbunden. In der freien Szene arbeiten immer mehr Menschen an immer mehr Orten, zu immer prekäreren Bedingungen. Schief hängt so die Botschaft. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Struktur der Vereinigten Bühnen und zusätzliche Förderung mit 12 Millionen EUR in den kommenden 3 Jahren mit kosmetisch-optischen Änderungen - Klammer auf: Generalwunderwuzzi. Klammer zu - im selben Atemzug mit einem zusätzlichen Topf für freie ProduzentInnen zu nennen, hat den Hautgout des Diebes, der den Hund füttert, damit er nicht beißt, um vom geplanten Einbruch abzulenken. Perfide daran ist, dass man im öffentlich finanzierten Unterhaltungsgewerbe die betriebsbedingten Kostensteigerungen selbstverständlich auffängt, dies den übrigen Theaterbetrieben und erst recht der freien Szene verweigert.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen Lösungen, um professionelles Arbeiten in der freien Szene sicherzustellen, und keine Befriedungszuckerln! – Wir werden dem Aktenstück nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich danke. Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Mag Werner-Lobo.
GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Es ist schon ein bisserl lustig, wenn meine Vorrednerin sagt, dass wir Lösungen für eine freie Szene, die im Prekariat arbeitet, brauchen, aber in Anbetracht dessen, dass wir jetzt zusätzlich 1,5 Millionen EUR für eben diese freie Szene mindestens auf 3 Jahre gesichert zur Verfügung gestellt haben, mitteilt, dass ihre Partei dem nicht zustimmen wird. (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.)
Da gibt es gar keine Logik! Aber das ist auch egal! Aber werde mich jetzt nicht auf die Suche nach der ÖVP-Logik machen. Und zu den Vereinigten Bühnen haben wir dann später noch ein Aktenstück.
Reden wir jetzt lieber über das, was wir zustande gebracht haben. Das ist in Zeiten wie diesen, in denen wir bekanntlich eine angespannte Budgetlage haben und viele Budgets stagnieren, eine Sensation! Es ist eine Sensation, dass wir zusätzlich eineinhalb Millionen – und zwar nicht aus dem Kulturtopf, sondern, wie gesagt, eben zusätzlich – für die freie Szene zu Verfügung stellen können. Das war früher einmal in Zeiten wachsender Budgets öfters der Fall, aber wir wissen, dass das heute nicht mehr so leicht ist! Und deswegen freue ich mich wahnsinnig und möchte an dieser Stelle, wie ich es vor Kurzem schon einmal getan habe, auch allen anderen, die nicht Kulturpolitiker oder Kulturpolitikerinnen sind, für die Solidarität danken, dass sie zustimmen, dass wir zusätzliche Mittel für die Kultur zur Verfügung stellen. Ich halte das für ganz, ganz wesentlich. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich halte das insbesondere auch deswegen für ganz wesentlich, weil wir mit diesem Projekt „Shift“ etwas geschaffen haben, was es in dieser Stadt noch nicht gegeben hat. Wir haben ausdrücklich und auch wörtlich in diesem Antrag betont, dass es hier um Kulturprojekte gehen soll, die bisher in den klassischen Fördertöpfen keinen Platz gefunden haben. Warum nicht? – Weil frühere, klassische Fördertöpfe zum Beispiel nach Genregrenzen ausgerichtet waren. Da musste man sich entscheiden, ob man sich dem Theater, bildender Kunst, Musik, Film oder sonst etwas zurechnet. Im Hinblick darauf haben wir gesagt, im Jahr 2015 müssen diese Grenzen überschritten werden, weil es immer KünstlerInnen und KünstlerInnengruppen gibt, die sich nicht mehr einordnen lassen.
Es gibt immer mehr Menschen, Künstler und Künstlerinnen, Gruppen, die sich nicht mehr einordnen lassen, die sich nicht mehr definieren lassen, und vor allem Kulturschaffende, die sich mit aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten auseinandersetzen, die sich als Künstler und Künstlerinnen mit Dingen, die heute in der Stadt passieren, auseinandersetzen. Da gibt es eine Reihe von Dingen, die auseinandersetzungswürdig sind von Kunst und Kultur. Es gibt – wir haben heute ja sehr viel über Menschenrechte gesprochen – noch immer große Gruppen von Menschen, die von Menschenrechten, von Gleichstellung ausgeschlossen sind. Auch Kunst und Kultur ist eine Möglichkeit, sich dem zu nähern. Das betrifft zum Beispiel einen großen Anteil von Migranten und
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