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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 25.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 81

 

auftritt, unabhängig vom Bildungsstand, von der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, von Einkommen oder Alter, und zwar auf allen Ebenen, körperlich, psychisch und sexuell. So berichtet laut der Studie jede vierte Frau, Erfahrungen in allen Gewaltformen gemacht zu haben, hingegen nur jeder zwanzigste Mann; das ist aber auch tragisch genug.

 

Also ich glaube, dass es dringend notwendig ist, hier mehr Budget zur Verfügung zu stellen, und ich bringe einen Antrag betreffend ein Programm zur Bekämpfung häuslicher Gewalt ein. Es ist nämlich die Aufgabe aller Menschen, Gewalt zu beenden und Betroffenen zu helfen, und es ist die Verantwortung der Politik wie auch die Verantwortung von vielen Berufsgruppen. Es muss angesetzt werden beim Täter, aber auch beim Opfer. Beim Opfer gibt es den Opferschutz et cetera, aber auch dem Täter muss in einem gewissen Sinn geholfen werden, denn es ist eine Krankheit, Gewalt auszuüben.

 

Es wird nur eine Möglichkeit geben, und die ist, dass man ganz, ganz früh ansetzt, indem man aufklärt so früh wie möglich, bereits im Schulalter oder sogar noch davor. Es wird notwendig sein, den Opfern oder den potenziellen Opfern beizubringen, was die Methoden der Täter sind, sodass eine Früherkennung von nicht normalem Verhalten möglich ist, denn viele kommen sehr spät drauf, dass ein gewisses Verhalten einfach kein normales Verhalten ist. Wenn ein Kind in einer Umgebung der Gewalt aufwächst, woher soll es mangels Vergleich wissen, dass das richtig oder falsch ist. Nach vielen, vielen Jahren erst können sich Opfer befreien, sogar Erwachsene erst nach durchschnittlich 3 bis 4 Jahren, und in 70 bis 90 Prozent sind auch Kinder von Gewalt betroffen.

 

Ich möchte nur einige Zahlen vorlesen: Von sexuellen Übergriffen waren 27,7 Prozent der Mädchen und 12 Prozent der Buben betroffen. 300 000 Frauen werden in Österreich pro Jahr – 300 000! – von ihren Partnern misshandelt. Fast 10 Mal am Tag rückt in Wien die Polizei aus, um Frauen und Kinder vor ihren Partnern oder Ex-Partnern oder vor den Vätern zu schützen. Österreichweit sind das 21 Fälle pro Tag, und es kam zu 7 667 Verhängungen von Wegweisung. Das heißt, es handelt sich meistens nicht um einen Ausrutscher, sondern 60 Prozent der weiblichen Gewaltopfer sind mehrere Jahre lang misshandelt worden.

 

Ich bringe folgenden Beschlussantrag ein: Die amtsführende Stadträtin möge den zuständigen Stellen des Bundes und anderen verantwortlichen Institutionen einen Wiener Aktionsplan vorlegen oder gemeinsam planen zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt, aber auch von Maßnahmen gegen Stalking.

 

Ich plädiere noch einmal für eine österreichweite einheitliche Frauennotrufnummer. Es ist relativ schwierig, sich in oft hektischen Situationen oder in Gewaltsituationen eine Nummer zu merken. Die ist in jedem Bundesland anders. Ich halte jede Nummer für kompliziert, also nicht einfach so, dass man sie in Panik schnell wählen kann. Ich habe empfohlen, auch ein App zu machen, das man runterladen kann. Bei diesen Zahlen ist es ja nicht so, dass das nur manche verwenden könnten, sondern es ist ja relativ häufig. Und die amtsführende Stadträtin für Integration und Frauenfragen wird aufgefordert, den Ausbau der Einrichtungen gegen Gewalt in Familien, wie Frauenhäuser, zu forcieren und zu errichten. - In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.

 

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich sagen: Es geht in Wien um Arbeitsplätze und Wirtschaft. Die rot-grüne Stadtregierung hat leider die Wirtschaftsförderung extrem gekürzt. Es geht um Zukunftschancen unserer Kinder. Sie sparen aber im Investitionsbereich, die Bürger werden belastet, und so werden wir keinen Auf- und Umschwung schaffen. Es braucht außerdem mehr Mut, Perspektiven und Ideen. Es ist nicht genug, Reichen-Bashing zu machen und eine Politik des Wegnehmens, wir brauchen Ideen zur Konjunkturbelebung, und wir brauchen Verantwortung und Vernunft. Frauen müssen wählen dürfen zwischen verschiedenen Modellen – Teilzeit, Vollzeit, Kinder et cetera –, aber was wir auf jeden Fall brauchen, sind die geeigneten Rahmenbedingungen.

 

Diese Rahmenbedingungen sehen wir für die Bevölkerung Wiens nicht als gegeben und stimmen daher dem Rechnungsabschluss nicht zu. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Anstatt der vorgesehenen 12 Minuten wurden es 16 Minuten. Ich sage das deswegen dazu, weil die Restzeit nur mehr 1 Minute beträgt für eine Überziehung bei der Frau Kollegin Anger-Koch. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Vana, und ich erteile es ihr. Ihre Zeit ist auf 11 Minuten eingestellt.

 

9.20.02

GRin Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich beginne jetzt einmal damit – ganz ungewöhnlich –, der Frau Kollegin Feldmann recht zu geben. Ich gebe Ihnen recht bei einem Satz, den Sie gesagt haben, nämlich: Die Gleichstellung ist noch lange nicht erreicht. Genau das ist der Punkt, um den es geht, und genau deshalb ist für Wien und das rot-grüne Wien auch die Gleichstellungspolitik, die Gleichstellung von Frauen eine der Prioritäten in ihrem Regierungsübereinkommen. Wir wollen, dass jede Frau und jedes Mädchen in dieser Stadt selbstbestimmt, frei und unabhängig – und das hat sehr viel mit ökonomischer Unabhängigkeit zu tun –, leben kann. Und alle unsere Geschäftsgruppen – das zeigt auch das Gender Budgeting, das wir in Wien haben – tragen zu diesem Ziel bei.

 

Sie werfen uns vor, Frau Kollegin Feldmann, Sie gehen tatsächlich da heraus und werfen uns vor, Wien täte zu wenig im Gewaltschutz. Da bleibt mir irgendwie die Luft weg. Ich kenne ja schon Ihre Reden, wir hatten die Auseinandersetzung schon öfter mit dem Copy & Paste in Ihren Anträgen, die lesen sich so wie die Anträge, die wir früher gestellt haben, und ich fordere Sie dann immer auf: Bitte stellen Sie dieselben Anträge auch in Ihrer Fraktion im Bund, denn dort gehören die meisten auch hin.

 

Aber bleiben wir beim Gewaltschutz in Wien. Zwei Drittel des Frauenbudgets werden für Frauenhäuser und

 

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