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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 72 von 126

 

dort, dann ist jemand anderer zuständig. Ich weiß von etlichen Betrieben, die wirklich Probleme bekommen, weil die Zahlungsmoral der Stadt Wien äußerst schlecht ist und dann zum Teil trotzdem noch Skonti einbehalten werden, obwohl das Zahlungsziel schon weit zurückliegt. Da sollten Sie sich einmal selbst an der Nase nehmen und nicht dann versuchen, hier mit Förderungen zu punkten, sondern einfach vorleben, wie sich ein ordentliches Wirtschaftsleben besser gestalten ließe.

 

Das Zweite, was auch zum Bereich Wohnen und Wirtschaft passt, sind faire Ausschreibungen. Ich kann mich noch gut an diesen Bericht erinnern, in dem es darum ging, dass Wiener Wohnen die Fliesenlegerarbeiten in solch einem Riesenpaket ausgeschrieben hat, dass quasi in Wien überhaupt nur zwei Firmen in Frage gekommen sind, und das waren eigentlich auch solche, die lauter Subunternehmen hatten. Da muss man sich schon die Frage stellen, ob das ein Wirtschaftsleben ist, das wirklich die Klein- und Mittelbetriebe fördert. - Ich bin überzeugt davon, dass es nicht so ist, und ich verstehe auch nicht, warum Sie das so machen. Es ist vielleicht weniger Arbeit, wenn man sagt: Okay, da hat man einen Auftragnehmer, und der macht sich das dann mit seinen Subs aus. Aber wie dann die Dienstverhältnisse bei den Subs ausschauen und ob dann die Arbeiten wirklich so gut erledigt werden, wie wir das wollen, das möchte ich schon sehr bezweifeln.

 

Zum Bereich Soziales: Es haben ja meine Kollegen schon einiges auch zu diesem Thema gesagt. Auch von den anderen Fraktionen ist gesagt worden, dass Wohnen leider doch immer teurer wird, auch in Wien. Wir wollen deshalb eine klare Definition der Mietzinsobergrenzen. Wir haben ja schon mehrmals besprochen, dass die derzeitigen Regelungen äußerst undurchsichtig sind. Mein Kollege Ellensohn hat auch schon auf dieses Beispiel verwiesen, wo man sich das online ausrechnen kann, und hat eben vorgeschlagen, das besser zu bewerben. Das kann ich nur unterstreichen.

 

Aber neben dieser Maßnahme wollen wir mit diesem Beschluss- und Resolutionsantrag erwirken, dass der Wiener Gemeinderat die Bundesregierung auffordert, hier eine Änderung des gesetzlichen Mietzinsregimes vorzulegen, mit dem man die Mietzinsobergrenzen auch nachvollziehbar gestalten kann. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

 

Ein anderes Thema, das uns in diesem Jahr auch immer wieder beschäftigt hat, ist die Wiener Bauordnung. Es hat da eine Arbeitsgruppe gegeben, wir haben vor kurzem die Reform des Garagengesetzes beschlossen. Wir haben diese Zusammenarbeit immer sehr gelobt. Ich glaube auch, dass das in den letzten Jahren einer der wenigen Fälle war, in denen wir über die Fraktionsgrenzen hinaus wirklich konstruktiv zusammengearbeitet haben.

 

Nur haben wir damals ein Thema ausgespart beziehungsweise haben die anderen Fraktionen dem noch nicht folgen können, dass es hier wirklich eine gravierende Lücke gibt, nämlich bezüglich der Widmungen in den Einfamilienhausgebieten. Wie Sie ja wissen, sind in Gebieten, wo bisher ein- bis zweistöckige - inklusive Dachausbau - Einfamilienhäuser mit der derzeitigen Widmungskategorie W I stehen, eigentlich viergeschoßige Mehrfamilienhäuser möglich. Daher hat immer wieder entweder die Baupolizei oder auch die Stadtplanung ziemlich schwierige Entscheidungen zu treffen: Entspricht das dem örtlichen Stadtbild, ja oder nein?

 

Man kann eigentlich sagen, dass die MA 19, Stadtplanung, zu 99 Prozent sagt: Nein, wir haben keinen Einwand, es entspricht ohnehin dem Stadtbild. Dann steht die Baupolizei vor dem Problem, dass es Anrainer gibt, die sich natürlich in ihrem örtlichen Stadtbild beeinträchtigt fühlen.

 

Wir haben deswegen einen Antrag vorbereitet, um diese, wie wir glauben, Gesetzeslücke in der Wiener Bauordnung zu reformieren, auch mit konkreten Vorschlägen, beispielsweise dem, den § 85 zu stärken - das haben wir auch schon mehrmals besprochen -, oder überhaupt eine Reform der Widmungspraxis zu machen, was wir auch in der Bauordnung fixieren müssten.

 

Ein weiteres Thema, das mich im letzten Jahr sehr beschäftigt hat und wo es noch eine Chance gibt, dieses Thema zu einem guten Ende zu bringen, ist der Flakturm im Arenbergpark. Ich habe schon mehrmals darauf hingewiesen - ich glaube, Sie wissen es inzwischen -, dass es in diesem Bauwerk Inschriften von Zwangsarbeitern gibt. Ich habe mir das vor Kurzem auch ansehen können, es ist wirklich faszinierend. Es sind zum Teil Bleistift- und Kreidezeichnungen, auch von Kindern und von Menschen, die im Flakturm Schutz gesucht haben, aber auch Inschriften und Spuren vom NS-Regime.

 

Ich denke, dass es gerade heutzutage, da die Zeitzeugen leider immer weniger werden, wichtig wäre, dass wir in der Stadt Wien einen Ort des Erinnerns haben, des Erinnerns an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges und an die Verbrechen des NS-Regimes. Ich glaube wirklich, dass wir uns diese Chance nicht entgehen lassen dürfen.

 

Es gibt leider einige Menschen im Haus, die meinen, dass dieser Flakturm besser als Datencenter zu nutzen wäre. Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Ich finde, es wäre eine wahnsinnig vergebene Chance, dieses Bauwerk so banal zu nutzen. Ein paar 1 000 EUR Miete wären wirklich ein relativ geringer Preis für den Nutzen, den man lukrieren könnte, wenn man dort Kindern oder auch Erwachsenen, ich weiß nicht, einmal die Woche die Möglichkeit gäbe, diesen Turm zu besichtigen und zu sehen, was da wirklich vorgefallen ist.

 

Ich bringe deshalb einen Antrag ein, den ich in einer ähnlichen Form schon einmal eingebracht habe, aber dieses Mal ist er noch klarer formuliert. Ich beantrage, dass sich der Wiener Gemeinderat dafür ausspricht, die Verhandlungen mit dem Betreiber des Datenzentrums einzustellen und sich vielmehr mit den betroffenen Dienststellen - auch dem Bundesdenkmalamt, der Bezirksvertretung et cetera - zusammenzusetzen, wie man diesen Turm zumindest einmal wöchentlich zugänglich machen könnte.

 

Wie gesagt, ich habe mich vor Ort versichert, dass das mit keinen hohen Kosten verbunden wäre. Der Turm ist baulich in einem sehr guten Zustand, es ist sogar

 

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