Gemeinderat,
41. Sitzung vom 02.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 26
betreffend Ausbau der Bioberatung für behinderte
Frauen und Mädchen im Gesundheitsbereich ein.
Meine Damen und Herren! Die zunehmende Armut zu
stoppen, das ist das Gebot der Stunde. Der fatale Kreislauf von Behinderung,
Arbeitslosigkeit und Armut, den besonders Frauen als schwere Last empfinden,
ist nicht schicksalhaft. Er ist strukturell bestimmt, und es muss ein gezieltes
sozialpolitisches Engagement von Ihrer Seite hier einsetzen, um diesen
Kreislauf zu stoppen.
Das wird, meine Damen und Herren, mit Geld allein
nicht gelingen. Hier ist vor allem eines notwendig: Die Einsicht, dass
Investitionen in die Bildungs-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik die beste
Prävention in diesem Bereich ist. Die Wienerinnen und Wiener erwarten von Ihnen
als Stadtregierung, dass Sie nicht primär auf den nächsten Wahltermin schielen,
sondern auf die Bedürfnisse der Menschen adäquat und vor allem rasch eingehen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächste am Wort ist Frau GRin Klicka. Ich erteile es ihr.
GRin Marianne Klicka (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zunächst freue ich mich, dass dieses Thema wirklich
so eine Wichtigkeit hat, dass wir es auch noch kurz vor Weihnachten behandeln,
denn für uns ist es ein Thema, das wir das ganze Jahr über behandeln und nicht
nur so knapp vor dem Christkind, wo es vielleicht etwas augenscheinlicher wird.
Der zweite Grund meiner Freude ist, dass meine Kollegin
Floigl und ich heute unseren Geburtstag feiern und es selten der Fall ist, dass
man das in einer so großen Runde tun kann und das gibt uns heute auch die
Möglichkeit, in guter Gesellschaft den Geburtstag zu verbringen. (Allgemeine
Heiterkeit.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl
(unterbrechend): Alles Gute.
GRin Marianne Klicka (fortsetzend):
Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Thema ist aber ein viel zu ernstes, als dass wir
uns darüber lächerlich und lustig machen. Ich denke auch, dass man bei einem
ernsten Thema mit den Zahlen korrekt umgehen sollte.
Die von den GRÜNEN heute in der Früh schon genannten
Zahlen sind ziemlich gut aufgerundet, muss ich dazu sagen, denn es sind nicht
100 000, sondern es sind 77 000 Kinder, die armutsgefährdet sind. Das
sind die Daten des Statistischen Zentralamtes (GR Dipl-Ing Martin Margulies:
Aus welchem Jahr?) und da stimmt das auf jeden Fall (GR Dipl-Ing Martin
Margulies: Ja aus welchem Jahr?), weil das in Österreich ja so erhoben
wurde. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Aber aus welchem Jahr bitte? –
Aufregung bei den GRÜNEN.)
Die Hälfte davon ist arm, das ist richtig, und jedes
arme Kind ist eines zu viel. Das ist uns allen eindeutig klar. Es sind in Wien
immerhin 72 000 Menschen armutsgefährdet. Würde man aber jetzt die
Sozialleistungen, die hier zur Verfügung stehen, nicht leisten, dann wären es
über 450 000 Menschen. Da sieht man schon sehr deutlich, dass wir Armut
nicht heilen können, das kann man auch bei gewissen Krankheiten nicht, dass man
sie aber lindern kann, dass man sie abschwächen kann und dass man vieles dazu
beitragen kann, um den Menschen das Leben, das für sie sicher hart und schwer
genug ist, vor allem auch für die Kinder, zu erleichtern.
Eines möchte ich schon dazu sagen: Es gibt natürlich
immer wieder Einzelfälle, wo es Familien in gewissen Situationen, vor allem
alleinerziehende Frauen mit Kindern, sehr hart trifft. Aber ich unterrichte
nach wie vor vier Stunden an einer Volksschule im 10. Bezirk in der
Laimäckergasse, das ist die „Kreta" in Favoriten, also wahrlich nicht ein
Gebiet, wo die Menschen reich sind oder mit Reichtum gesegnet sind, und wir
haben 240 Kinder in dieser Schule. Aber solche Beispiele, wie Sie heute
genannt haben, die haben wir nicht! (GRin Mag Maria Vassilakou: Sie haben
keine Kinder, die keinen Sprachkurs besuchen können? Allen Ernstes? Und keine
Schikurse?) Wir haben Kinder, die alle Sprachkurse besuchen ... (GRin
Mag Maria Vassilakou: Keine Kinder, die im Ausland einen Sprachkurs besuchen
wollen, aber nicht können?) Was heißt im Ausland? (GRin Mag Maria
Vassilakou: Es gibt Sprachkreise, die Kurse im Ausland veranstalten!) Ich
rede jetzt von der Volksschule. Ich möchte jetzt nicht mit Ihnen diskutieren,
aber in einem Ihrer Beispiele haben Sie letztlich auch kleinere Kinder genannt.
Es gibt an unserer Schule, wie auch an allen anderen
öffentlichen Schulen Wiens, keine Vorschriften, welche Turnschuhe oder welche
Schuhe man tragen muss. Dass manche Lehrer empfehlen, mit Klettverschlüssen
Schuhe anzubieten, weil es dann rascher geht oder weil die Kinder die Masche
noch nicht binden können. (Heftige Diskussion zwischen Amtsf StRin Mag Sonja
Wehsely und GRin Mag Maria Vassilakou.) Also ich denke, es wird Einzelfälle
geben, wo eine Empfehlung von der Lehrerin ausgesprochen wurde, aber wo sicher
auch ein Verständnis dafür aufgebracht wird, wenn das Kind nicht diese Schuhe
hat. (Weitere heftige Diskussion zwischen Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely und
GRin Mag Maria Vassilakou.) Aber ich denke, man kann ja mit der Kollegin oder
dem Kollegen reden und da wird sicher das Problem aus der Welt geschafft.
Auf der anderen Seite gibt es sehr
viele Schulveranstaltungen und ich weiß, dass es den Eltern oder auch
alleinerziehenden Müttern nicht immer leicht fällt, das nötige Geld aufzubringen.
Wir haben in unserer Schule ein sehr hohes Vertrauen aufgebaut, sodass sich die
Eltern uns auch mitteilen, und es gibt einen Fonds des Elternvereines. Dazu
sind ja diese Organisationen eigentlich auch da. Es gibt Unterstützungen im
Stadtschulrat, sodass ... (GR Mag Rüdiger Maresch: Das stimmt nicht! Es
ist der Staat dazu da, nicht der Elternverein!)) Ja, aber der Elternverein
ist ja auch für die sozialen Belange an der Schule zuständig. (GR Mag
Rüdiger Maresch: Das stimmt ja nicht! Dazu ist der Staat da und nicht der
Elternverein!) Und der Elternverein stellt auch den Klassen den Adventkranz
zur Verfügung oder der
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