Gemeinderat,
35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 103 von 126
zugesichert, aber in der Realität hätte das so
ausgesehen, dass die Kinder in Containern und Wanderklassen untergebracht
werden sollen. Die Frau Bundesminister wollte dem Ganzen einen Riegel
vorschieben. Hier habe ich eine große Bitte: Bitte, solche
Profilierungsneurosen nicht auf Kosten der Wiener Schüler! Bitte stellen Sie
solche Profilierungsneurosen und internen SPÖ-Kämpfe hintan! Es sollte ein
ausgeklügeltes Schulraumkonzept überlegt werden, anstatt diese Streitigkeiten
öffentlich auszutragen.
Der kostenlose Kindergarten sei abschließend noch
angesprochen. In der Wiener SPÖ ist anscheinend noch nicht ganz durchgedrungen,
dass die Steiermark gerade dabei ist, das umzusetzen. Die steirische SPÖ als
Protagonist für dieses Projekt zeigt Initiative. Ich hoffe, dass auch in Wien
bald umgedacht wird und dass hier der Kindergarten als Bildungseinrichtung den
Kindern und vor allem den Eltern bald ebenfalls kostenlos zur Verfügung steht.
Das sollte eine Forderung sein, die bald umgesetzt wird, und ich hoffe, dass
die SPÖ-Wien auch hier umdenkt.
Kurz noch zur Förderpolitik im roten Wien: Hier
werden völlig falsche Prioritäten gesetzt. Es werden hunderttausende Euro in
völlig fragwürdige Vereine wie Amerlinghaus, Arena oder Rosa Lila Villa
gesteckt.
Ich habe hier einen Entschließungsantrag mitgebracht.
(GR Mag Rüdiger Maresch: ... vergessen haben!) Wir wissen ja, der
Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber, Gleiches und Gleiches gleich zu
regeln und Ungleiches ungleich zu regeln, außer es besteht eine sachliche
Rechtfertigung. Wir wollen jetzt den Antrag einbringen, dass der Gemeinderat an
die österreichische Bundesregierung mit der Forderung herantreten soll, dass
sie alle Bestrebungen nach einer Gleichstellung von homosexuellen
Lebenspartnerschaften mit der Ehe sofort einzustellen hat. In formeller
Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend
möchte ich ihren Alt-Kanzler und -Bundesobmann Fred Sinowatz zitieren, der,
glaube ich, im Gegensatz zu Ihnen noch das Gespür für die Leute hat. Er hat
heute gesagt, dass der SPÖ die Zukunftsbezogenheit fehlt, dass die Absicht
fehlt, die Gesellschaft zu verändern, und dass der SPÖ anscheinend auch die
Vision fehlt. Sie sollten - ja, Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur
Besserung - auch auf Ihren Alt-Kanzler hören.
Er hat weiter gesagt, die Besserung und die Vision
kommt vor allem durch die Diskussion in der Partei. Das mag schon stimmen.
Aber, bitte, diskutieren Sie auch mit dem Bürger, gehen Sie unter die Bürger
und spitzen Sie Ihre Ohren, was der Bürger zu sagen hat. Denn diesen Bezug zum
Bürger haben Sie in letzter Zeit anscheinend verloren. Sie haben das Gespür für
den Bürger verloren. Sie sehen den Niederschlag dessen auch in den Umfragen,
und anscheinend werden Sie nervös.
Aber vergessen Sie bitte auch die Teufelsspirale
nicht, dass Nervosität immer noch mehr Fehler verursacht. Hören Sie einfach
mehr auf unsere Vorschläge! Sie haben heute genügend Vorschläge unsererseits
gehört. Seien Sie nicht ignorant, betreiben Sie nicht so viel Lobhudelei, und
schauen Sie, dass Sie das Gespür für die Leute wiederbekommen! (Beifall bei
der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm:
Nächste Rednerin ist Frau GRin Jerusalem. - Bitte.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im
Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Was passiert eigentlich, wenn man einen echten
Badeschwamm ins Wasser wirft? Er saugt sich voll, oder? Er saugt sich voll -
die Spannung steigt, das war die Absicht. Das war ja die Absicht! Also: Er
saugt sich voll.
Genau dasselbe passiert mit einem kindlichen Gehirn,
und ziemlich vergleichbar, denn dieses Gehirn saugt Wissen an. Das Gehirn eines
gesunden Kindes in einem ganz normalen Umfeld macht das auf alle Fälle. Es
macht das auf alle Fälle, es saugt Wissen an.
Jetzt hat man - vor allem in den letzten zehn Jahren,
aber wirklich kontinuierlich, und sehr viele Wissenschafter haben das gemacht -
geschaut, unter welchen Umständen dieses Ansaugen von Wissen besonders gut
funktioniert, wie das Lernen besonders gut funktioniert, wie das Merken
besonders gut funktioniert, und ist auf zwei ganz wichtige Sachen
draufgekommen, die meiner Meinung nach alle Bildungspolitikerinnen und
Bildungspolitiker wissen sollten.
Die erste Sache ist: Alles, worauf Kinder neugierig sind
und was sie interessiert, kommt auch bei ihnen an. Die zweite wesentliche Sache
ist: Aus den vielen Informationen, die unentwegt auf Kinder einfließen, sucht
sich ihr Gehirn Informationen heraus, die für sie einen Sinn ergeben und die
verarbeitbar sind. So funktioniert das, es ist eigentlich ganz einfach.
Eigentlich wäre es daher auch ganz einfach, eine Schule zu machen, die sich
genau das zunutze macht.
Eltern zum Beispiel machen das. Für Eltern, die
kleine Kinder haben, ist es vollkommen klar, dass das Neugierverhalten und das
Interesse, das ihre Kinder haben, ausschlaggebend sind für das, was man mit
ihnen tut. Für Eltern ist es auch klar, dass sie ein Umfeld schaffen, das Reize
setzt. Für Eltern ist es außerdem klar, dass die Kinder sich das, was sie
aufnehmen, selbst aussuchen. Das ist so, und jeder, der kleine Kinder in seinem
Umfeld hat, weiß das.
Was wir auch alle wissen - Herr GR Wutzlhofer weiß
das gerade besonders gut -, ist, dass, wenn man kleine Kinder hat, man nicht
genötigt ist, mit ihnen, solange sie Babys sind, nur einzelne Wörter zu
sprechen, oder dann Sätze, die nur aus drei Wörtern bestehen, oder dann Sätze,
die nur aus fünf Wörtern bestehen, um das Lernen aufbauend zu gestalten. Nein,
o Wunder, o Glück: Sogar die Kinder hoch intellektueller Eltern, die möglichst
in Schachtelsätzen, vielen Relativsätzen und so weiter sprechen, lernen
tadellos sprechen, ohne verwirrt zu sein! Das Wunder besteht darin, dass sich
das Gehirn immer das holt, was es braucht, und mit dem arbeitet, was verarbeitbar
ist.
Jetzt weiß das jeder! Jeder, der
kleine Kinder hat, weiß das tadellos, Eltern machen in der Regel diesbezüglich
kaum Fehler. Die Kinder lernen gehen, sie lernen
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