Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 114 von 120
türkischsprachigen Zeitung ein SPÖ-Inserat
geschalten, wo nicht nur die ÖVP angegriffen, sondern im Speziellen mit
schwerer Wortwahl, mit wirklich herabsetzender Diffamierung meine Person auch
angegriffen wurde. Anstatt dass Sie Ihr Geld und Ihre Ressourcen – Frau
Kollegin Yilmaz, da war unter anderem Ihre Unterschrift darunter – für solche
polemischen und Unterste-Schublade-Maßnahmen ausgeben, sollten Sie ...
(GRin Nurten Yilmaz: Übernehmen Sie Verantwortung für das, was in
der ...-Straße passiert ist! Übernehmen Sie Verantwortung dafür, dass
nichts passiert ist!) – Sie wissen, Sie haben auch von unserem Anwalt einen
Brief bekommen! – ... die Maßnahmen setzen, die nötig wären! Bringen Sie
Ihr Wissen und Ihren Migrationshintergrund dazu ein, Menschen mit
Migrationshintergrund zu unterstützen, Integration in dieser Stadt zu forcieren
und nicht andere Menschen, die arbeiten und etwas weiterbringen möchten, zu
diffamieren.
Zum Schluss möchte ich, meine sehr geehrten Damen und
Herren, die drei Anträge, die meine Kollegin Alev Korun heute schon genannt hat,
einbringen: Unter anderem gemeinsam mit meiner Kollegin Barbara Feldmann möchte
ich den Antrag betreffend Beschränkung des Anteils von Schülern, die auf Grund
ihres Migrationshintergrundes einen spezifischen Sprachförderbedarf haben, auf
maximal 30 Prozent in einer Klasse einbringen.
Den zweiten Antrag betreffend Maßnahmen zur
Qualitätssteigerung von Sprachkursen bringe ich gemeinsam mit meiner Kollegin
Barbara Feldmann und Monika Riha ein.
Und dann gibt es noch einen Antrag, den ich jetzt
zwar nicht finde, aber da geht es speziell um den Integrationsplan, den wir von
der Stadt Wien fordern beziehungsweise möchten.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Wir kommen nun zur tatsächlich vorletzten Rednerin
des heutigen Abends: Frau GRin Yilmaz, bitte.
GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Danke vielmals. Ich dachte, Sie sagen, wir kommen
zur tatsächlichen Berichtigung. Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Frau
Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Frau Kollegin Matiasek! Ich bin schockiert! Sie
stammen aus Hernals, ich aus Ottakring: Und da gibt es keine Lokale, die Flair
haben, und da kann man nicht einkaufen? Das hat mich wirklich ein bisschen
schockiert! Das stimmt nicht. Und alle diese „Schicki-Micki"-Lokale, die
in den inneren Bezirken vielleicht sind, haben wir auch, aber anders. Und das
ist ja auch einer der Gründe, warum wir gerade in diesen Bezirken wohnen.
Dagegen möchte ich mich verwehren. Wir haben wunderbare Lokale am Brunnenmarkt,
Ottakringer Straße, man muss nur nicht überall hingehen. (GR Dr Herbert
Madejski: Da habe ich noch nie etwas gewonnen, im Wettbüro!) – Dann gehen Sie
einmal mit mir hin, ins Wettbüro. (Heiterkeit bei der FPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir deponieren sehr
oft ... (GR Dr Herbert Madejski: Da gibt es ja nur Wettbüros!) –
Okay. Ich gehe nicht mit Ihnen mit! Ich nehme Sie nicht mit! Ich würde sehr
gerne jetzt ein bisschen über unser Diversitätsverständnis und über Integration
reden und nicht über Spielautomaten. Machen wir das ein anderes Mal! Außerdem
ist der Kollege Lasar dafür zuständig.
Ich möchte einige Erklärung abgeben, weil immer
wieder verwechselt wird, was Diversität ist, und was Integration ist. Das Wort
Diversität haben zum Beispiel Physiker, Techniker und Biologen angenommen.
Ihrer Antwort ist: Diversität ist eine Strategie zur Erhöhung der
Ausfallssicherheit. Hinter dieser Vorgangsweise steht die Idee, dass Systeme,
die das gleiche leisten, aber unterschiedlich realisiert sind, auch gegen
unterschiedliche Störungen unempfindlich sind. Daher fallen sie nicht alle
gleichzeitig aus. Ein Beispiel: In modernen Großflugzeugen wird der Autopilot mit
bis zu sechs Rechnern gesteuert, die teilweise von unterschiedlichen
Herstellern geliefert werden und deren Software in verschiedenen
Programmiersprachen von mehreren Programmierern geschrieben wurde. In der
Biologie ist Diversität ein Maß für Vielfalt, also auch positiv besetzt. In der
Bildungswissenschaft ist es ein Begriff für die Entwicklungsschritte, die von
unterschiedlichen Menschen unterschiedlich Durchlaufen werden. Diversität fällt
immer unter der Kategorie Risikominimierung aus, und zwar wenn etwas das Risiko
für das Gesamtsystem verringert, Schaden zu erleiden.
Sehr geehrte Damen und Herren, diese Idee ist also
für jede Organisation und für jede Gemeinschaft unabdingbar, ganz besonders für
uns Wienerinnen und Wiener.
Was ist Integration? Integration ist in der
Mathematik neben der Differenzialrechnung der wichtigste Zweig der
mathematischen Analyse. Das Wort kommt vom griechischen „entagros" und
bedeutet Herstellung eines Ganzen.
Die Stadt Wien lebt Integration und sie lebt
Diversität. (StR Johann Herzog: Was machen die Menschen? Das macht die Stadt!
Aber was machen die Menschen?) Wir verstehen Diversitätspolitik als Nutzung von
Vielfalt, als gesellschaftspolitische Chance. Integration ist in diesem Sinne
für uns Querschnittsmaterie, die sich durch alle Lebens- und Politikbereiche
zieht. (StR Johann Herzog: Wir wollen keine Mathematik hören!) Integration
bedeutet daher auch Herstellung von Chancengleichheit, Gleichberechtigung und
Gleichstellung auf allen Ebenen. Hier liegt auch die zentrale Aufgabe der
Politik. Sie muss den Rahmen für die Erreichung dieser Zielsetzung festsetzen
und sie muss die geeigneten Maßnahmen dafür fördern und umsetzen.
Warum muss sie das umsetzen? Diese
Frage ist spätestens seit der Präsentation des zweiten Österreichischen
Migrations- und Integrationsberichts letzten Donnerstag auch den letzten
Ungläubigen klar. „Österreich ist zum Einwanderungsland geworden, nicht
freiwillig und nicht selbstbestimmt, sondern durch die faktische
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