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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 120

 

haben wir ausgerechnet, der Öko-Tarif von einem Euro bei den Wiener Linien würde Mehrkosten von 30 Millionen Euro bedeuten. Also, wenn das nicht finanzierbar ist, gerade bei 480 Millionen Mehreinnahmen, die wir heuer hatten, das soll mir jemand weismachen.

 

Es ist natürlich wie immer eine Frage von Prioritäten, die man setzt. Und selbstverständlich hätte man nach dem Vorbild beispielsweise der Stadt Zürich und ihres Konzeptes, sozusagen Zürich-Umland, Zürich-Mobil heißt es und ich empfehle auch allen, die dieses wirklich hervorragende Verkehrsmobilitätsmodell noch nicht kennen, sich das auch ein bisschen näher anzuschauen, also genau nach diesem Vorbild hätte man einerseits, wie gesagt, den Tarif für die Wiener Linien auf einen Euro senken und andererseits mehr Investitionen genau in den VOR tätigen können, also in die Verbindungen Wien-Umland, um bei Weitem wirklich mehr Menschen zu motivieren, umzusteigen. Aber das hat man auch nicht getan.

 

Und sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist das Problem mit diesem Budget. Mir ist klar, dass alle guten und klugen Maßnahmen, die es gibt, nicht gleichzeitig finanzierbar sind. Mir ist klar, dass eine Stadt wie Wien, auch wenn man ein derart umfangreiches Budget hat, nichtsdestotrotz Prioritäten setzen und schlussendlich entscheiden muss, was von all dem kann und soll finanziert werden.

 

Aber mir wäre es hundert Mal lieber gewesen, wir hätten hier eine Auseinandersetzung rund um das Budget gehabt, die sich eigentlich nur darum drehen würde, hat man die richtige Priorität gesetzt, ja oder nein, ist dieser große Wurf, den man angegangen ist, der richtige, oder hätten wir uns eher vorgestellt, dass man doch viel lieber im Schulbereich, im Gesundheitsbereich, in der Pflege, egal wo, besser investiert hätte.

 

Aber nein, meine Damen und Herren, das ist nicht Gegenstand unserer Budgetdebatte auch heuer wieder. Dieses Budget ist ein Fortschreibungsbudget, es fehlt das große Projekt, es fehlt der große Wurf, es fehlt der Schwerpunkt zur Gänze, und zwar egal, in welchem Bereich, und das trotz Mehreinnahmen. Insofern kann ich nur sagen, schade, ein Jahr mehr schon wieder verpasst. Wir Grünen werden ganz sicher nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als nächster Redner am Wort ist Herr GR Dr Tschirf.

 

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Frau Vizebürgermeisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die Frau Vizebürgermeisterin hat am Anfang davon gesprochen, dass das Budget die in Zahlen gegossene Politik ist. Und Politik sollte eigentlich heißen, gestalten. Wenn wir uns den Ablauf dieses heutigen Morgens ansehen, dann ist es nichts anderes als ein Ritual, ein sehr lustlos heruntergespieltes Ritual, wo nach einer rund halbstündigen Rede der Frau Vizebürgermeisterin die SPÖ-Stadtregierung den Saal verlässt.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir erwarten würden, wäre, dass hier tatsächlich über Politik diskutiert wird und ich gebe zu, gerade wenn man - und ich hatte das die letzten zwei Tage - Gelegenheit gehabt hat, in der bayrischen Landeshauptstadt München Diskussionen zu verfolgen und zu sehen, mit welchen Visionen dort eine Landesregierung an die Zukunftsfragen herangeht, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, vermisst man das hier sehr.

 

Das vermissen wir, weil in Wirklichkeit - und da kann ich mich an meine Vorrednerin anschließen - diese Budgetrede nichts anderes war als more-of-the-same, also ein Fortschreiben dessen, was wir kennen.

 

Und was vermissen wir? Wir vermissen Visionen für diese Stadt. Wie soll dieses Wien 2015 aussehen, wie soll dieses Wien 2020 aussehen? Wenn Sie sich angehört hätten, was etwa Günther Beckstein letzte Woche im bayrischen Landtag für sein Land formuliert hat! Wir haben hier nur, ein bisserl weinerlich, gehört: „Nun ja, die hohe Arbeitslosigkeit hängt damit zusammen, dass es so viele gibt, die eigentlich aus anderen Bundesländern kommen, und so schlecht ist das Ganze gar nicht, und das eine tun wir, und das andere tun wir, und so weiter.“

 

Was wir uns erwarten würden, wäre ein Wurf, was wir erwarten würden, wäre eine Vision, gerade bei der ersten Budgetrede einer neuen Finanzstadträtin. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wo lägen diese Visionen? Zum Beispiel in der Rolle Wiens in diesem neuen Europa, in der Rolle Wiens in Mittel- und Zentraleuropa, dort, wo die österreichischen Unternehmungen längst angekommen sind. Und wie nutzt das Wien tatsächlich, wie nutzt das Wien auch in Zukunft, wie schaut das mit den Nachbarländern bis hin zur Ukraine in den nächsten Jahren aus?

 

Das sind Antworten, die wir nicht hören, und wenn ich auf dieses Fortwurschteln eingehe, da ist sicher aufgefallen, es ist zwar ein guter Spruch, von einem Topbildungsstandort zu sprechen, aber zerbröselnde Pflichtschulen und eine Situation, in der es eigentlich so ist, dass man, wie man hört, nicht einmal genau weiß, wie viel Raum und Raumbedarf die Wiener Pflichtschulen haben, so ist das nicht etwas, was ich unter dem Begriff Topbildungsstandort subsumieren würde. Meine Kollegin StRin Cortolezis-Schlager wird ja dieses Thema noch eingehender behandeln.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was wir bei diesem ersten Budget von Frau VBgmin Brauner feststellen, ist nichts Neues. Es sind keine Zukunftsimpulse hier festzustellen, und das merkt man auch an den Zahlen. Wien hat nach wie vor mit Abstand die höchste Arbeitslosigkeit im Bundesländer-Vergleich, und da kann man sich nicht darauf ausreden, dass in Wien mehr Leute arbeiten als in anderen Bundesländern, denn das haben halt Metropolen an sich. Und es war auch entlarvend, dass die Frau Finanzstadträtin davon gesprochen hat, dass Wien einmal eine Stadt von Industriearbeitsplätzen war, aber wo es wirklich hingeht, wo es wirklich in der Dienstleistung hingeht, auf das haben wir keine Antworten gehört. Das, was wir aber aus den Zahlen feststellen können, ist, dass wir es mit einer Gebührenlawine in den letzten Jahren zu tun haben und auch in

 

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