Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 108
– so wie im späteren Leben. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn Sie auf die letzten zwölf Jahre rekurrieren:
Dort, wo der Bund zuständig ist, dort gibt es auch keine Problem, dort, wo
manche Länder zuständig sind, gibt es Probleme. In Tirol ist die Hauptschule
ein anerkannter Schultyp. Da gibt es überhaupt keinen Grund, Kinder zwischen 10
und 14 Jahren 30 km weit in ein Gymnasium zu schicken, wenn die
Hauptschule im Ort sehr gut funktioniert. Dort haben die Länder kein Problem,
dort hat es auch funktioniert. Sie sind in der Verantwortung, und Sie haben
diese Verantwortung nicht wahrgenommen. Sie werden Ihr Scheitern nicht uns
umhängen können und dann glauben, eines Ihrer vielen gebrochenen
Wahlversprechen vielleicht doch durchsetzen zu können.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ein
kurzes Wort auch zur Situation der Studierenden bringen. Auch da kann man die
Doppelbödigkeit der SPÖ sehr gut vor Augen führen. Ich habe das Gezeter um die
Studiengebühren noch im Ohr: Wie schlimm, wie schrecklich, wie viele Menschen
ausgeschlossen werden vom Studium. Es studieren Gott sei Dank trotzdem immer
mehr junge Menschen auch und gerade in der Universitätsstadt Wien. Unser
Wissenschaftsminister Hahn hat es durchgesetzt, dass die Stipendien erhöht
werden, und zwar in doppelter Hinsicht, der Betrag für die Stipendien wird
erhöht und die Zahl des Bezirkskreises wird angehoben – nebenbei bemerkt: Der
Wiener Kindergarten ist immer noch die mit Abstand teuerste Bildungseinrichtung
in diesem Land –, nur können wir die Stipendien gar nicht so viel erhöhen, als
dass sie nicht durch Tariferhöhungen, die alle Wienerinnen und Wiener und damit
auch die Studenten treffen, aufgesogen werden.
Wenn Sie wirklich ein Herz für Studenten haben, dann
sparen Sie nicht dort, wo Sie nicht zuständig sind, sondern dann machen Sie
etwas für die Studentinnen und Studenten dort, wo Sie zuständig sind, nämlich
im Bereich der Gebühren, der ganzen öffentlichen Einrichtungen.
Deswegen verlangen meine Kolleginnen Anger-Koch und
Monika Riha und meine Wenigkeit in einem Beschlussantrag, dass die zuständigen
Stellen ersucht werden, ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der in Wien
Studierenden zu konzipieren, beinhaltend eine verbesserte Ausgestaltung des
Tarifsystems der Wiener Linien, einen Ausbau der studentischen
Serviceeinrichtungen, ein Wien-spezifisches Stipendienprogramm, einen Ausbau
der Radabstellplätze und der Kinderbetreuungseinrichtungen. Und glauben Sie
nicht, dass man mit einem Almosen, dass man für ein Semester den
Freifahrtausweis einführt, darüber hinwegtäuschen kann, dass die Wiener Linien
um einiges, um viele Prozente, um 15 Prozent teurer geworden sind.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet hat sich Frau GRin Novak. Ich bitte sie zum Rednerpult.
GRin Barbara Novak (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Eigentlich habe ich mir ja in den letzten Tagen so
gedacht, dass viele BildungspolitikerInnen und BildungsexpertInnen zur Zeit mit
einem großen Optimismus und auch mit einem großen Lächeln im Gesicht durchs
Leben gehen, weil wir etwas geschafft haben und etwas in Bewegung gekommen ist,
von dem wir uns ... (Zwischenruf von GR Robert Parzer) – Sie wissen
noch gar nicht, was ich sagen möchte (Zwischenrufe bei der ÖVP), jetzt lassen Sie mich einmal
ausreden, bevor Sie gleich aufschreien – ... etwas in Bewegung gebracht
haben und etwas erreicht haben, von dem viele BildungspolitikerInnen und
BildungsexpertInnen sagen, das hätten sie sich in den letzten Jahren immer
erträumt.
Wir haben es geschafft, dass qualitätsvolle,
inhaltliche Bildungsdebatten nicht nur in Gremien wie dem Gemeinderat, dem
Landtag oder dem Nationalrat stattfinden, sondern dass sie in der
Öffentlichkeit stattfinden, dass sie in den Medien vor allem stattfinden. Ich
weiß nicht, wie lange es her ist, dass sich mit dem Bildungsthema und der
Qualität von Bildung in der Schule Medien wie Zeitungen, Fernsehen, Radio,
ganze Sendeschienen im Fernsehen so intensiv auseinandergesetzt haben. Das ist
das, was so manche in den letzten Tagen wirklich in Begeisterungsstürme
ausbrechen hat lassen, weil das schon sehr, sehr lange nicht mehr der Fall war.
Eigentlich habe ich mir auch gedacht, dass diese
Begeisterung in einer inhaltlich sachlichen Form auch heute zum Ausdruck kommt,
und habe es persönlich ein bisschen schade gefunden, schade nämlich die
Wortmeldung der Kollegin Jerusalem. Ich habe immer wieder in den letzten sechs
Jahren den Eindruck gehabt, dass wir in sehr, sehr vielen Bereichen gemeinsam
auf einer Front kämpfen, gemeinsam auch versuchen, ein Ziel zu erreichen und
eigentlich in den inhaltlichen Dingen, gerade was die Frage der gemeinsamen
Ausbildung der 10- bis 14-Jährigen oder der 6- bis 14-Jährigen betrifft, was
die Frage von Schuleingangsphasen, was die Frage der ersten Bildungseinrichtung
Kindergarten und so weiter betrifft, sehr d'accord sind. Und letzt erlebe ich
etwas, das ich nicht nachvollziehen kann. Ich erlebe, dass Sie gerade zum
jetzigen Zeitpunkt, wo die Chance besteht, eine wirklich wertvolle inhaltliche
Debatte zu führen, hier herauskommen und sich an Begrifflichkeiten festhaken
und das tun, was Sie eigentlich uns und der ÖVP in den letzten Jahren und
Jahrzehnten immer vorgehalten haben.
Sie fordern, dass man ausschließlich mit einem
einzigen Begriff, nämlich dem der Gesamtschule, beschreibt, was drinnen sein
soll. Sie haken sich daran fest, wollen nicht so flexibel sein und machen damit
das, was Sie uns immer vorgehalten haben. Und das finde ich sehr, sehr schade.
Man könnte jetzt sagen – zumindest habe ich den Eindruck –, dass Sie versuchen,
das, was beginnt, nämlich eine Annäherung zwischen zwei Parteien, zwischen zwei
Ideologien, wieder zunichte zu machen, hier zu spalten und nicht darauf
abzuzielen, dass wir eigentlich ein gemeinsames Ziel haben sollten. Das finde
ich sehr traurig.
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