Gemeinderat,
10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 95 von 118
dieses im deutschsprachigen Bereich größte und erfolgreichste freie Radio war. Sie haben mit Hilfe der Stadt – wir haben die Subvention auf 320 000 EUR erhöht – 2005 einen Relaunch-Prozess abschließen können und sind jetzt in einem neuen Büro. Es zahlt sich aus, in der Klosterneuburger Straße 1 vorbeizukommen.
Der vierte Bereich, und damit ist eigentlich der
wichtigste Bereich angesprochen: Medienpolitik ist natürlich nicht nur
Gesellschaftspolitik und Kulturpolitik, Medienpolitik ist Bildungspolitik. Wir
brauchen Menschen, die mit Medien kritisch umgehen können, selbstbestimmt
umgehen können, wir brauchen Menschen, die hinterfragen können und die auch die
Fähigkeiten haben, mit Informations- und Kommunikationstechnologien umgehen zu
können.
Das ist eine Aufgabe für uns als Stadt. Wir nehmen
diese Aufgabe ernst im Schulbereich durch Integration von neuen Technologien –
wir haben erst kürzlich hier den Reinvest ins Bildungsnetz beschlossen –, wir
nehmen es ernst, indem wir es in den Unterricht integrieren, wir nehmen es aber
auch und vor allem ernst im außerschulischen Bereich, in der Medienpädagogik.
Hier sei nur das wienXtra-Medienzentrum als Beispiel genannt.
Eine starke Demokratie braucht kritische, mündige und
selbstbewusste BürgerInnen und die brauchen ebensolche Medien.
Letzter Punkt – und ich bin ja eigentlich schon
mitten drin –: Bildung. Wir sind der festen Überzeugung, dass es ein
Bildungssystem ohne Hindernisse braucht, während die Bildungspolitik der
Bundesregierung eher das Gegenteil macht, nämlich Schranken aufbauen, eine so
genannte dünne Elite auswählen und sich auf diese konzentrieren. Unser
Verständnis von Bildungspolitik ist das gar nicht, und sie ist auch nicht da
zur bloßen Wissensvermittlung.
Die Frage ist jetzt: Was für strukturelle Grundlagen
braucht es für diese andere Sicht von Bildung? Erstens findet Bildung nicht nur
an einem Ort, nämlich in der Schule, statt, sondern Bildung ist überall und
Bildung beginnt am ersten Tag im Leben. Deshalb ist die Elternbildung eine zentrale
Aufgabe, die die MA 11 durchführt, deshalb sind die Kindergärten die
zentralsten Bildungseinrichtungen, die wir haben. Kollegin Yilmaz hat ja schon
viel dazu gesagt, ich möchte nur kurz erwähnen, dass wir letztes Jahr einen
Bildungsplan erarbeitet haben, der da noch einmal einen Quantensprung bringt:
Mehr Transparenz, mehr Verbindlichkeit und mehr Professionalität, und das alles
vor allem in einer engeren Heranführung an den Schulbereich. Das ist sehr
wichtig.
In dieser Hinsicht ist die Bundesregierung besonders
konzeptlos. Sie bringt es nicht einmal zusammen – das finde ich schon seltsam,
dass wir das dann da immer diskutieren –, ein bundeseinheitliches
Kindergartengesetz zu verwirklichen, in dem genau diesen Grundlagen Rechnung
getragen wird. Ganz im Gegenteil. Bundespolitisch gibt es gar nichts. In Wien
haben Sie die Chuzpe, immer wieder die Dinge hier zu kritisieren, weshalb ich
Ihnen nahe lege, nein, nicht unsere Reden zu lesen, sondern sich schlicht und
einfach einmal die Zahlen zu vergegenwärtigen. Zum Beispiel die Zahl derer, die
nicht den vollen Beitrag zahlen. Das sind mehr als zwei Drittel. Aber how ever.
Schlimmer wird der Gegensatz nämlich in der
Schulpolitik. Ich möchte gar nicht darüber reden, dass spätestens die zwei
verheerenden PISA‑Ergebnisse dazu anregen hätten sollen, das Rohrstaberl
vom Katheder zu nehmen und sich einmal anzuschauen, was die tun, die es besser
machen. Man muss dazu kein Finnisch können, es hätte gereicht, die eigene
Reformkommission ernst zu nehmen.
Aber bleiben wir in Wien. Wir haben in den letzten
Jahren und Jahrzehnten versucht, hier eine Schule zu schaffen, die verbindet
und nicht trennt, die soziale Fähigkeiten vermittelt, die Sprachförderung ernst
nimmt, die Kinder mit besonderen Bedürfnissen einbaut. Ja, das ist natürlich
besonders viel Firlefanz, und für Firlefanz dieser Art haben Schüssel & Co
kein Geld und dafür einfach auch keine LehrerInnen mehr. Das haben wir sehr
schmerzlich sehen müssen, seit diese Bundesregierung ihre segensreichen Taten
im Bildungsbereich setzt. Man sieht es auch im Rechnungsabschluss, wenn man ein
bissel schaut. Der Unterschied zwischen Voranschlag und Rechnungsabschluss sind
nämlich knappe 17 Millionen EUR. Das sind die, die wir gerne mehr
gehabt hätten, mit denen wir gerne geplant hätten.
Diese Kürzungspolitik – und das ist dann gar nicht
mehr so lustig und das ist eigentlich die Chuzpe – hindert die ÖVP nicht daran,
hierher zu kommen und zu sagen, dass wir eine höhere Klassenschülerhöchstzahl
bei Kindern hätten – abgesehen davon, dass sie im Nationalrat dagegen gestimmt
hat. Das ganz kurz dazu. Es ginge sich schon aus, wenn es NormschülerInnen
gäbe, 24, die brav sind und funktionieren, und mit denen kann man das alles
durchdividieren. Dann braucht man für alle anderen, so wie Frau Kollegin
Cortolezis es gesagt hat, Sozialarbeiter – was für eine unangenehme Arbeit! –,
und die angenehmen Kids, die passen schon.
Ich hätte jetzt noch gern erwähnt, dass Bildung nicht
mit der Schule aufhört, dass wir über die Volksbildung zu reden haben, dass wir
über die Büchereien zu reden haben. Welche Stadt freut sich über jährlich
steigende BenutzerInnenzahlen bei den Büchereien und bekommt immer jüngere
Benutzerinnen und Benutzer, wenn nicht Wien? Aber ich bin mit der Zeit am Ende.
Schade.
Was ich zum Thema Bildung auf jeden Fall noch sagen
möchte, ist: Das ist ein integraler Bestandteil der Zukunft. Ohne Bildung haben
junge Menschen keine Zukunft, und ohne diese Zukunft hat unser Land keine
Zukunft. Umso mehr ist es nötig, dass Bildung diesen Stellenwert bekommt, den
sie schon einmal hatte und den sie haben wird, wenn die Sozialdemokraten die
nächste Regierung stellen. – Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Frau Vizebürgermeisterin.
VBgmin Grete Laska: Sehr geehrte Damen
und Herren!
Herzlichen Dank für die Diskussion. Wie jedes Jahr
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