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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 136

 

Damen und Herren, stecken Sie so viel wie möglich von Ihrem Budget in die Prävention zum Schutz der Bevölkerung. Ich glaube, man wird es Ihnen danken, in jeglicher Hinsicht. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Herbert Madejski: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Deutsch. Ich erteile es ihm.

 

GR Christian Deutsch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Im Unterschied zu den Rednerinnen und Rednern von der Opposition möchte ich in Erinnerung rufen, dass Wien in der Gesundheitsversorgung an der Spitze Europas ist und dass es dabei der oberste Grundsatz ist, Spitzenmedizin für alle anzubieten, unabhängig vom Einkommen und vom sozialen Status, und auch eine hohe Qualität zu sichern. Diese ausgezeichnete und umfassende Gesundheitsversorgung, für die die Stadt erhebliche finanzielle Mittel aufwendet und zur Verfügung stellt, ist auch ein entscheidender Faktor für die hohe Lebensqualität in Wien. Dies kommt in allen Untersuchungen, egal ob in nationalen oder internationalen Bewertungen, ganz klar zum Ausdruck, sodass man mit Fug und Recht behaupten kann: Wien ist die Gesundheits- und Sozialmusterstadt Europas! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde aber auch einige Beispiele anführen, damit es auch für die Kollegin Jerusalem wesentlich klarer wird, wie das Gegenmodell in Wien aussieht. Denn wohin konservative, neoliberale Gesundheitspolitik mit Privatisierungen von kommunalen oder staatlichen Einrichtungen führt, konnten wir - und das für die betroffene Bevölkerung ja viel zu lange - besonders in Großbritannien beobachten, mit langen Wartezeiten und schlechter Pflege, wo es einen Patiententransfermarkt gegeben hat, sodass Leistungen nicht nur im Inland zu den privaten Kliniken verschoben wurden, sondern auch in das benachbarte Ausland. Das heißt, es wurde ein System geschaffen, das letztendlich nicht nur teurer war, sondern dessen Qualität auch schlechter war. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Gerstl.)

 

Das von konservativen Regierungen in Großbritannien zerstörte öffentliche Gesundheitssystem macht den Briten heute noch zu schaffen. Sie haben völlig Recht, Herr Kollege, das macht den Briten heute noch zu schaffen, sodass im Jahr 2004 - das konnten wir Anfang Mai dieses Jahres der APA entnehmen - die durchschnittliche Wartezeit für einen Behandlungstermin - nicht für einen Operationstermin, sondern für einen Behandlungstermin - noch immer 95 Tage betragen hat. 100 000 Menschen hatten Ende der 80er Jahre noch zwei Jahre auf einen Behandlungstermin gewartet.

 

Jetzt könnten Sie fragen, warum ich dieses Beispiel bringe. Ganz einfach: Weil dieses Beispiel zeigt, dass öffentliche Gesundheitssysteme rasch zerstört werden können, es aber sehr, sehr lange dauert, sie wieder aufzubauen. Daher ganz klar auch an die Adresse des Bundes gerichtet: Jeder Tendenz, jeder Form einer Privatisierung ist eine Absage zu erteilen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es ist selbstverständlich, dass Reformen durchgeführt werden. In Wien ist eine Vielzahl von Reformen eingeleitet und auch bereits umgesetzt worden. Aber das Gesundheitssystem darf nicht kaputt gespart werden. Im Gegenteil, der finanzielle Bedarf wird aufgrund des medizinisch-technischen Fortschrittes, aufgrund neuer Präparate sogar noch größer sein. Daher ist eher die Frage nach einer Verbreiterung der Beitragsgrundlage zu stellen, um Leistungseinschränkungen zu verhindern. Hier ist auch der Bund zum Handeln aufgefordert.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bilanzverlust des Krankenanstaltenverbundes im Jahr 2004, der heute auch von einigen Rednern angesprochen wurde, ist eine Investition in die Gesundheit der Bevölkerung. Das Unternehmen Wiener Krankenanstaltenverbund hat natürlich nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu arbeiten, aber auch den Unternehmenszweck zu berücksichtigen, der im § 2 des Wiener Krankenanstaltenverbundes geregelt ist. Das heißt, dieses Unternehmen hat einen öffentlichen Versorgungsauftrag, muss allerdings handelsrechtlich bilanzieren. Das wäre ungefähr damit vergleichbar, auf den Bildungsbereich umgelegt, dass natürlich auch Schulen einen Bilanzverlust ausweisen würden. Es würde allerdings - vielleicht mit Ausnahme der Frau Kollegin Korosec - niemand auf die Idee kommen, deshalb einen Schulstandort oder eine ganze Klasse zu sperren.

 

Daher meine ich: Sehen wir uns die einzelnen Unternehmensdaten, die ganz klar dokumentieren, um welche Größenordnung es sich handelt und welche Leistungen dort vollbracht werden, im Detail, allerdings in der notwendigen Kürze, an. Mit einem Gesamtbudget von rund 2,2 Milliarden EUR werden im Unternehmen KAV mit den vier Teilunternehmungen 8 Krankenhäuser, 5 Geriatriezentren, 6 Sozialmedizinische Zentren und 28 Ausbildungsstätten betrieben. Rund 32 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im gesamten Unternehmen beschäftigt, das im Jahr 2004 rund 380 000 Patientinnen und Patienten stationär betreut hat.

 

Insgesamt hatten die Krankenanstalten des Krankenanstaltenverbundes über 2,4 Millionen Belagstage zu verzeichnen. Jedoch ist es durch Effizienzsteigerungen gelungen, die durchschnittliche Verweildauer weiter zu senken, sodass diese im Jahr 2004 7,75 Tage betragen hat. Die Ambulanzbesuche wurden im Jahr 2004 geringfügig gesteigert, aber in absoluten Zahlen sind auch hier Höchstleistungen dokumentiert. Es gab nämlich 2,3 Millionen ambulante Patienten in den Bereichen der Krankenanstalten und Geriatriezentren, damals noch in der TU 1 zusammengefasst. Dazu kommen noch 1,3 Millionen aus dem Bereich des AKH.

 

Die Bettenanzahl im geriatrischen Bereich wurde im vergangenen Jahr reduziert, um bereits 2004 das Ziel zu erreichen, dass es maximal Sechsbettzimmer geben soll. Diese Reduktion bei einem etwa gleichbleibenden Personalstand führte letztendlich auch zu einer Verbesserung des Personalschlüssels, aber auf der anderen Seite natürlich auch zu sinkenden Leistungserlösen aufgrund einer geringeren Anzahl von Pflegetagen.

 

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