Gemeinderat,
57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 136
eine Spirale von Schulden und Verpflichtung und
letztlich wieterer Ausgrenzung. Stimmen Sie daher unserem Antrag zu. – Ich
danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN:)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Pfeiffer. Ich erteile
es ihm.
GR Gerhard Pfeiffer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr
Vorsitzender! Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Am 27. April 2001 hat der Herr Bürgermeister
hier in seiner Regierungserklärung versprochen, es wird, ich zitiere: „ein
neuer Biotech-Standort in der Muthgasse", Zitat Ende, errichtet, und zwar
basierend auf meiner Idee, die ich im April des Jahres 1998, also drei Jahre
vor dieser Regierungserklärung, an Rektor Mertz und Prof Kattinger
herangetragen habe.
Ich sage nichts gegen den Zeitraum vor dieser
Erklärung. Neue Ideen bedürfen einer gewissen Zeit der Reifung. Das ist
irgendwie verständlich, aber was ist mit den nunmehr vergangenen viereinhalb
Jahren? Was ist passiert, nachdem eine ganze Regierungsperiode nunmehr zu Ende
geht? Es ist nichts passiert. Ich habe in dieser Zeit unermüdlich gedrängt, vor
dem Verschleppen gewarnt, ich habe neue Impulse gesetzt, ich habe Anträge
gestellt. Ich habe in sieben Reden zu diesem Thema Stellung genommen, zwölf OTS
ausgesendet, drei Pressekonferenzen gemacht und fünf Anträge gestellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die
Wichtigkeit dieses Themas bedenkt und dabei einfach Null herauskommt (GR Harry Kopietz: Dann liegt das an den
Aussendungen!), dann ist das ein Zeichen dafür, wie wenig Sie sich darum
kümmern, was Ihnen von der Opposition an Positivem vorgeschlagen wird. Sie
machen einfach, was Sie wollen, und nicht einmal das können Sie ordentlich.
Das Ergebnis Ihrer sozialistischen Stadtregierung:
Sie hat das alles verschleppt, verzögert, verschlafen und letztendlich jetzt
auch noch verspielt (Beifall bei der ÖVP.
– GR Harry Kopietz: Das war nicht sehr begeistert!), und wir stehen
wiederum bei der Stunde Null: Aus Ignoranz, aus Mir-san-mir-Politik, aus
kleinlicher Kostenscheue – Klammer: Infrastruktur –, aus Hilflosigkeit
gegenüber großen Entwürfen und internationalen Wirtschaftsgepflogenheiten und
aus engem Parteidenken. So ist es. Und das, meine sehr geehrten Damen und
Herren, bei der gegebenen Arbeitsplatzsituation.
In dieser Zeit, von 2001 bis 2004, gingen in Wien
14 000 Arbeitsplätze verloren, und wir haben um 18 500
Arbeitslose mehr. Und das sind noch die geschönten Zahlen mit den Kursen. Ich
weiß, wir brauchen uns da jetzt nicht auseinander zu setzen, sicherlich sind
Kurse auch gut, aber wenn man 58-Jährigen beibringt, wie sie Stellengesuche
schreiben sollen, dann werden diese Kurse schon ein bisschen ins Lächerliche
pervertiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben den
vorletzten Platz der Bundesländer im Wirtschaftswachstum. Jetzt muss ich eines sagen:
Wir haben uns hier die ganze Zeit gegenseitig irgendwelche Zahlen und Ziffern
aufgerechnet, und wenn da jemand zuhört, der muss sich denken, entweder lügt
der eine oder lügt der andere. Im Zweifelsfall lügen beide. So was ist ja
sinnlos. Wir müssen uns darauf einigen, welche sind tatsächlich die Zahlen, die
wir als richtig annehmen und die als Vergleichsbasis dienen. Das sind
sicherlich die offiziellen Zahlen des AMS und für das Wirtschaftswachstum die
Zahlen vom WIFO. Das sind die offiziellen Zahlen. Die kann man nicht ständig so
oder so interpretieren, oder einer erzählt dem anderen, dass das gar nicht wahr
ist. Das ist alles schwarz auf weiß vorhanden. Also solche Argumentationen, die
noch dazu in der Öffentlichkeit übertragen werden, sind wirklich lächerlich.
Wir haben um diese 14 000 Arbeitsplätze weniger
in dieser Stadt, wir haben um die 18 500 Arbeitslose mehr in dieser Stadt,
wir haben ein Wirtschaftswachstum von 0,6. Das ist das zweitschlechteste der
Bundesländer. Das ist Faktum. Das braucht man ja nicht dauernd
wegzudiskutieren. Machen wir uns lieber Gedanken darüber, wie diese Zahlen
besser werden können.
Der Biocluster in Heiligenstadt brächte
Arbeitsplätze, jeder Ausformung sogar, nicht nur irgendwelche im
Dienstleistungsbereich oder in irgendeinem anderen dezidierten Bereich. Es wäre
eine Industrieproduktion neben Anwendungsentwicklung und Verfahrenstechnologie.
Er wäre das ideale dritte Standbein für die Bioregion Wien. Er wäre der
Fortschritt in einer sauberen Zukunftstechnologie. Aber Ihre Regierung – das
muss man sagen – hat das verspielt: Durch Zuwarten, durch Verzögern, durch
Zeitlassen. Ich habe schon einmal gesagt, natürlich ist unsere Stadtregierung
nicht daran schuld, dass der Dollar so gefallen ist, aber sie ist schuld daran,
dass sie drei Jahre zugewartet hat, sodass es soweit kommen konnte, statt dass
dieser Cluster schon vor zwei Jahren in Betrieb gegangen wäre.
Während die österreichische Wirtschaft wächst, meine
sehr geehrten Damen und Herren – und ich sage jetzt nicht, damit ich Sie nicht
extra und zusätzlich reize, weil das ja lächerlich ist, dank der
Bundesregierung –, dank des Fleißes aller Österreicher und dank einer
Regierung, die diesen Fleiß auch ordentlich fördert – das ist schon der Grund,
und auch hier gibt es genügend Zahlen, die wir nicht bestreiten müssen –, haben
wir eine positive Außenhandelsbilanz und – bitte das hat es in Österreich in
diesem Umfang nur zweimal in 14 Jahren gegeben – einen
Leistungsbilanzüberschuss. Wir haben mehr Arbeitsplätze als es je zuvor waren.
Wir haben die geringste Jugendarbeitslosigkeit nach den Niederlanden. Das sind
alles Zahlen, die ja unbestreitbar sind. Also auch hierüber müssen wir uns
nicht ständig gegenseitig in die Haare kriegen. Das ist einmal so!
Und alle internationalen Zeitschriften, die sich mit
Wirtschaft beschäftigen, sagen, diese Republik Österreich zeigt uns vor, wie es
geht. Also ist es genauso sinnlos zu sagen, die schlechten Zahlen, die wir in
Wien objektiv tatsächlich feststellen müssen, sind bedingt durch die
Regierungspolitik, während alle anderen objektiven Zahlen zeigen, dass das
nicht so ist. Ich verstehe nicht (GR
Harry Kopietz: Genau! Das stimmt! Sie verstehen nichts!), wie man hier
herauskommen und so agieren kann. (Beifall
bei der ÖVP.)
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