Gemeinderat,
53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 102
umwandeln und somit den Sozialhilferichtsatz von derzeit knapp über 630 EUR auf 785 EUR erhöhen. Das würde heißen, dass dann in Wien so gut wie niemand mehr unter der Armutsschwelle leben muss. Es würde nicht nur jenen Familien und jenen ärmeren Wienerinnen und Wienern zugute kommen, die akut armutsgefährdet sind, sondern auch einer Vielzahl von beispielsweise MindestpensionistInnen, die - und das sei an dieser Stelle auch noch gesagt - hauptsächlich Frauen sind, ältere Frauen, die von all diesen Schwierigkeiten betroffen sind, die ich vorhin erwähnt habe und die übrigens noch dazu nach wie vor überwiegend in älteren Substandardwohnungen leben müssen.
Also lassen Sie uns tatsächlich diesen Schritt
setzen. Stimmen Sie unserem Antrag zu und lassen Sie uns zusammensetzen und
überlegen, wie wir eine derartige Maßnahme finanzieren können. Sie ist
finanzierbar für Wien und es würde bedeuten, dass Wien endlich, endlich,
endlich jenes Versprechen einlösen kann, das bitte sehr Sie von der
Sozialdemokratie 2001 abgegeben haben. Wien soll Mut beweisen und soll
zeigen, dass es in Österreich anders sein kann. Wien soll vorgehen. Lassen Sie
uns in Wien die Grundsicherung verwirklichen! – Danke.
Im Übrigen, fast hätte ich es vergessen - und das ist
der Antrag dazu und den bringe ich hiermit ein. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. Als
Nächste zum Wort gemeldet ist die GRin Korosec. Ich erteile es Ihr.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und
Herren!
Wir sprechen heute über Armut und ich kann sehr, sehr
vieles, was hier gesagt wurde, unterstreichen und werde auch darauf
zurückkommen. Aber - und wir haben das auch heute in der Aktuellen Stunde
gehört - wenn indirekt für alles die Bundesregierung verantwortlich gemacht
wird, dann gestatten Sie mir doch auch dazu ein paar Bemerkungen.
Vor 20 oder 21 Tagen war die Sondersitzung im
Parlament und da hat Ihr Parteiobmann Dr Alexander Van der Bellen gesagt und
ich zitiere Ihnen das: „Ich bin der Letzte, der bestreitet, dass sich in diesem
Land in den letzten Jahren Gott sei Dank einiges verbessert hat.“ Ich glaube,
Kommentar überflüssig. Er hat offensichtlich eine andere Sichtweise, Frau
Kollegin. (Aufregung bei den GRÜNEN.)
Wenn wir ehrlich sind, können wir eine Bilanz der
Bundesregierung weder mit Schwarzmalerei noch mit Schönfärberei ziehen. Die
Opposition zieht natürlich mehr in die Richtung der Schwarzmalerei und jede
Regierung versucht, die positiven Aspekte hervorzuheben. Ich versuche, anhand
von Fakten zu argumentieren. Nur dieser Vergleich macht uns sicher.
Die Regierung Schüssel hat ein Erfolgsrezept in
zweifacher Hinsicht. Die Regierung Schüssel hat den Reformrückstau - und dieser
Reformrückstau war ein sehr großer - aufgehoben. Früher galt immer das
Mikado... (GR Johann Driemer: Die Maßnahmen sind einseitig!) Herr
Kollege, früher galt immer das Mikadoprinzip: Wer sich zuerst bewegt, hat schon
verloren. Es mussten sehr mutige Schritte gesetzt werden, die eben vorher nicht
da waren. Diese mutigen Schritte, leider waren sie nicht da, sei es die
Pensionsreform, Steuerreform, ich will jetzt gar nicht im Detail darauf
eingehen. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Die Reichen werden reicher, die Armen
werden ärmer!) Bitte, Herr Kollege, ich habe jetzt nicht zugehört. Sagen
Sie mir das bitte noch einmal. (GR Kurt Stürzenbecher: Die Reichen werden
reicher, die Armen werden ärmer! Das sind die Reformen der Regierung Schüssel!)
Wenn Sie mir zuhören würden, aber das Zuhören fällt Ihnen ja allen sehr schwer
- überhaupt beschäftigt die Armut offenbar die Opposition, aber nicht die
Regierungspartei, weil die ist ja auch, wie immer bei solchen Sachen, sehr
spärlich vertreten! (Beifall bei der ÖVP.)
Zu diesen Reformen, die notwendig waren und noch
sind, gehört Mut - ich habe das schon gesagt - und diesen Mut hat die Regierung
Schüssel. Ich habe vor einigen Monaten, ich glaube es war im Vorjahr, in der
“Frankfurter Allgemeinen“ gelesen und das möchte ich Ihnen auch nicht
vorenthalten: „Österreich, du hast es besser. Wer hätte das gedacht? Die
verkrustete Republik hängt Deutschland ab!“ Kommentar überflüssig.
Schauen wir uns jetzt die Zahlen an. Ich möchte vier Bereiche
herausgreifen, die auch heute Vormittag eine bisserl angedeutet wurden:
Arbeitsplätze, Einkommen, soziale Sicherheit, Steuern beziehungsweise
Abgabenquote.
Die Arbeitsplätze: Es ist ein Faktum, dass wir seit
der Regierung Schüssel um 100 000 Arbeitsplätze mehr haben. (GRin
Marianne Klicka: Wir haben die größte Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik!) Ich
sage gleich dazu, dass ich nicht zufrieden bin, weil jeder Arbeitslose – denn
wir haben Arbeitslosigkeit – ist ein Arbeitsloser zuviel, Frau Kollegin Klicka.
(Beifall bei der ÖVP.)
Aber wir sollten überlegen, warum das so ist und ich
komme noch darauf. Im EU-Durchschnitt haben wir immerhin die drittniedrigste
Arbeitslosenrate und in der aktiven Arbeitsmarktpolitik - wenn ich vergleiche
Regierung vor Schüssel, also 1999, da haben wir 780 Millionen aktive
Arbeitsmarktmittel zur Verfügung gehabt und im Jahr 2005
1,5 Milliarden! - haben wir mehr als verdoppelt.
Bei den Sozialleistungen. Da gibt es Unterlagen vom
Hauptverband, von der Statistik Austria. Die Sozialleistungen im Vorjahr sind
um 9 Milliarden EUR höher als vor 5 Jahren, das heißt
1 100 EUR pro Kopf mehr an Sozialleistungen! Im Sozialbericht ist das
auch nachzulesen. Die Sozialausgaben waren noch nie so hoch wie jetzt.
Wenn ich immer wieder – es ist
heute nicht gekommen – vom Kinderbetreuungsgeld versus Karenzurlaubsgeld höre:
Wo liegt der Unterschied zwischen Kinderbetreuungsgeld und Karenzurlaubsgeld?
Beim Kinderbetreuungsgeld geht es um das Wohl der Kinder. Das ist im
Vordergrund und nicht die Frage, ob die Mutter
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