Gemeinderat,
49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 88
einen Topf ausgelobt hat. Es braucht diese Auseinandersetzung, es braucht diese Möglichkeiten der Reflexion, um sicherzustellen, dass die Kunst in dieser Stadt nicht stagniert und in der gleichen Suppe weiterköchelt wie zuvor.
Damit die Kunst und die Kultur nicht in der gleichen
Suppe weiterköcheln wie zuvor, braucht es noch etwas anderes dringend und
wichtig, nämlich die Vermittlung zu einem neuen Publikum, das Öffnen von
Fenstern für Menschen, die bisher wenig oder gar nichts mit Kultur zu tun
hatten. Dazu braucht es strukturierte und institutionalisierte
Vermittlungsarbeit. Wir dürfen es nicht dem Zufall überlassen, ob jemand
versteht, was er in einem Theaterstück vorgespielt bekommt. Wir dürfen es nicht
dem Zufall überlassen, ob jemand in ein Museum geht und dort mehr oder weniger
versteht, was das Modell heißen und was man über die Geschichte dieser Stadt
erzählen soll. Wir dürfen es nicht dem Zufall überlassen, dass Menschen ein
Buch zur Hand nehmen und es dann nicht verstehend weglegen. Das alles sind
wichtige Momente, in denen wir sicherstellen müssen, dass all jene, die gerne
mehr wissen wollen, die verstehen wollen, die sich damit auseinander setzen
wollen, die diskutieren wollen, diese Möglichkeiten haben. Derzeit bleibt das
den einzelnen Institutionen überlassen und angesichts der Budgetknappheit, die
herrscht, wird es meistens eher vernachlässigt. Es gibt ein paar rühmliche
Ausnahmen, zum Beispiel die Kunsthalle Wien, die hier sehr viel investiert und
auch sehr viel gute Arbeit macht, aber im Großen und Ganzen bleibt der Aspekt
der Vermittlung unterbelichtet.
Ich glaube, dass es wichtig wäre, hier Initiativen zu
setzen, zum Beispiel einen eigenen Topf für Vermittlung für jene Institutionen
und Projekte aufzumachen, die sagen, sie haben ein interessantes
Vermittlungskonzept und eine Zielgruppe, die sie speziell erreichen wollen, für
die sie ein Programm machen wollen, die sie hereinholen wollen und wo sie
wollen, dass diejenigen es verstehen und sich nicht fremd fühlen. Für die
bräuchte es Anreize, zum Beispiel indem man sagt, Institutionen, die ein
Projekt machen, eine Ausstellung machen, eine Theateraufführung machen und sich
ein interessantes Vermittlungskonzept überlegen, gibt man zum Beispiel
75 Prozent der Kosten aus einem Topf dazu. 25 Prozent trägt die
Institution, das Projekt, die Veranstaltung und 75 Prozent werden
zusätzlich gefördert, um sicherzustellen, dass diese Vermittlungsarbeit
qualitativ hochwertig und überhaupt stattfinden kann. Ich glaube, dass das ganz
wichtig ist, dass es in allen Bereichen wichtig ist und dass es vor allem auch
etwas ist, was wir von den großen Institutionen und gut funktionierenden
Institutionen, wie der Stadt, erwarten können, müssen und fordern sollten.
Insofern würde ich mich auch freuen, wenn wir unsere Anstrengungen in diesem
Bereich noch einmal intensivieren, wenn es auch zum Beispiel bei den großen
Festivals dieser Stadt noch mehr Vermittlungsaktivitäten gäbe, nicht nur diese
relativ hochschwelligen Angebote der Publikumsgespräche, die sicherlich wichtig
und interessant sind, sondern auch niedrigschwelligere Angebote, Gespräche für
Schulklassen und Ähnliches mehr. Das erwarte ich mir, das erhoffe ich.
Ich würde mir wünschen, dass die Sozialdemokratie
ihre Zukunftsangst ablegt, die entsprechenden Schlüsse zieht und bessere
Kulturpolitik für diese Stadt macht, als sie es derzeit tut. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr Dr Salcher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr
Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte heute über drei Themen reden: über die
Vereinigten Bühnen, über die wir morgen gleich wieder reden werden, und die
sind es auch wert, darüber zu reden, über die Theaterreform und ein bisschen
etwas über den Bereich Wissenschaft.
Ich fange einmal mit den Vereinigten Bühnen an. Wir
haben hier schon viel über das Ronacher diskutiert. Wir werden jetzt zunehmend
über die Vereinigten Bühnen diskutieren, weil dies einfach der Prototyp eines
sozialistischen Kulturbetriebs ist. Und das sagt nicht nur die böse Opposition,
sondern die beiden wesentlichen Exintendanten der letzten 20 Jahre diskutieren
jetzt öffentlich darüber, wer es quasi ärger getrieben hat. Ich darf hier nur
den Herrn Weck zitieren, der sagt, er habe die Gemeinde nie als
Selbstbedienungsladen gesehen, das ist aber jetzt ausgeartet. Nur muss man dazu
sagen, die Ära Weck war jene – ich war damals als junger Abgeordneter hier –,
wo wir im Jahr ungefähr zwei bis drei Nachsubventionierungen, jeweils im
dreistelligen Millionenbetrag, geliefert haben. Er sagt jetzt, damals war es
noch okay, aber jetzt ist es ausgeartet. Ich kann ihm zustimmen, dass es jetzt
ausgeartet ist. Er selbst hat es aber auch besonders schlimm getrieben. Das
muss man in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wobei ich ihm voll Recht geben kann, ist, dass sich
Weck schon die längste Zeit wundert, wie uninteressiert Wiens Stadträte die VBW
eigentlich betrachten. Und da kann ich ihm auch Recht geben, auf der Bühne der
VBW sei zu lange schlechte Qualität gebracht worden. Volle Zustimmung, trifft
aber leider auch auf seine eigene Ära zu, weil er hat zwar "Cats"
gebracht, das ab er bekanntlich mit Wien und der geistigen Wertschöpfung in
Wien wenig zu tun hat, sondern mit den Tantiemen des Lloyd-Webber, der sich das
auch verdient hat. Die erste Eigenproduktion, die die Vereinigten Bühnen in
Wien in der Ära Weck gebracht haben, war das berühmte "Freudiana". Es
ist auch nicht unbedingt in die Musicalgeschichte eingegangen, sondern dort
gelandet, wo ähnliche Erfolgsproduktionen, wie Mozart und so weiter, zu Recht
gelandet sind. Das Problem ist nicht, dass dort ein privater Investor Geld
verloren hat, sondern dass der Wiener Steuerzahler Geld verloren hat.
Der Schluss, den diese Wiener
sozialistische Alleinregierung trifft, ist, das ist genau der Bereich, wo man
das Erfolgsmodell der Vergangenheit wiederholen muss, den man nicht nur auf
diesem Niveau halten muss, nein, wo man neue Spielstätten schaffen muss, wo man
noch zusätzlich investieren muss. Diese Politik werden wir
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