Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 121
Daher stellen wir den Antrag, dass in Zukunft der Kulturbericht früher ausgehändigt werden soll. Wenn, was wir nachvollziehen können, sich der Druck des Kulturberichts leider nicht früher ausgeht und die Druckerei nicht früher liefern kann, dann wünschen wir uns einfach die Druckfahnen. Wir sind auch mit kopierten Zetteln zufrieden, so sie inhaltlich richtig sind.
In diesem Sinne stellen wir folgenden
Beschlussantrag:
"Der Kulturbericht wird bereits zur letzten
Gemeinderatsausschusssitzung vor dem Rechnungsabschluss zur Verfügung stehen.
Sollte es aus produktionstechnischen Gründen nicht möglich sein, den
Kulturbericht zur letzten Gemeinderatsausschusssitzung vor dem
Rechnungsabschluss zur Verfügung zu stellen, werden den Mitgliedern Kopien der
Druckfahnen ausgehändigt."
In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung des
Antrags an den Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft.
Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn wir ernsthaft und
seriös miteinander über Kulturpolitik diskutieren wollen, ist die Frage der Transparenz
dieses Kulturberichts. Schlussendlich gäbe es noch einiges zu tun, abgesehen
davon, dass mir auch dieses Jahr aufgefallen ist, dass Subventionen, die wir
zwar aus dem Topf der darstellenden Kunst bezahlt haben, was richtig ist, die
aber definitionsgemäß, wenn ich die LIKUS-Definitionen, nach denen der
Kulturbericht geordnet ist, ernst nehme, nicht hineinpassen, an diesen Stellen
angebracht sind. Ich meine zum Beispiel, dass "Unit F" oder auch
"K2" bei der darstellenden Kunst genannt sind, obwohl sie damit
herzlich wenig zu tun haben.
Abgesehen davon wäre es wichtig festzuhalten, vor
allem auch im Hinblick auf die anstehende Theaterreform, wer welche
Entscheidungen über welche Budgetposten getroffen hat.
Daher beantragen wir, dass im Kulturbericht ab sofort
angeführt werden soll, wer wann welche Entscheidungen über die Höhe welcher
Subventionen erteilt hat.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung dieses Antrags.
Lieber Herr Stadtrat, es gibt einiges zu tun in
dieser Stadt und es gilt zu beweisen, dass Sie ein sozialdemokratischer
Kulturstadtrat und kein bürgerlicher sind. – Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr
Salcher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Ich springe ins Thema "Vereinigte Bühnen"
hinein. Wie Mag Ringler richtig gesagt hat, sagt heute die Sprecherin des
Kulturstadtrats auf meine Anmerkung, dass es keine Transparenz im Bereich der
Förderungen an die Vereinigten Bühnen gibt - es ging um
14,5 Millionen EUR und das werden noch mehr werden, wie wir wissen -,
dass die Holding als eigenständiges Unternehmen selbstverständlich Bilanz legt
und die Zahlen dort nachzulesen sind.
Ich habe die Handelsakademie besucht, habe
Betriebswirtschaft studiert und bin, glaube ich, grundsätzlich in der Lage,
eine Bilanz zu lesen. Wenn man sich eine Bilanz anschaut, schaut man sich
normalerweise zuerst den Geschäftsbericht an. Jetzt verraten Sie mir die
Zahlen, die Sie dem Geschäftsbericht der Wiener Holding entnehmen können. Darin
gibt es ein schönes Blatt, das "Struktur und Daten" heißt. Dort
finden Sie "Vereinigte Bühnen - MBA VBW, Stammkapital
353 966,51 EUR" und den Anteil, den die Wiener Holding daran
hält, nämlich "97,34 Prozent". Das ist die einzige Zahl, die Sie
im Geschäftsbereich der Wiener Holding zum Thema Vereinigte Bühnen finden. Sie
können aber, wenn Sie der Meinung sind, ich habe das übersehen, gerne noch zum
Bereich Vereinigte Bühnen gehen. Dort finden Sie noch zwei bunte Bilder, wo
steht, dass im Theater an der Wien, im Ronacher und im Raimund Theater gespielt
wird. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist die Transparenz der
Sozialdemokratie in dieser Stadt zu 14,5 Millionen EUR! (Beifall
bei der ÖVP.)
Ich halte das in hohem Maße für untragbar, dass ein
Unternehmen, das überwiegend aus Steuergeldern und öffentlichen Mitteln
finanziert wird, nicht einmal die Mindestanforderungen, was finanzielle
Transparenz betrifft, die heute jedes private börsennotierte Unternehmen hat,
erfüllt. Schauen Sie es sich an! Böhler-Uddeholm, was auch immer, gehen Sie
hinein. Dort stehen ganz genau die Kenndaten. Dort ganz genau, wofür das Geld
ausgegeben wird. Erklären Sie mir, warum der Wiener Steuerzahler weniger Recht
als irgendein Aktionär eines privatwirtschaftlichen Unternehmens hat zu
erfahren, was mit seinem Geld passiert! Kommen Sie heraus und erklären Sie es
uns!
Übrigens zur Aussage, das hat nichts mit Kultur zu
tun, wir zahlen hier nur und all diese geheimen Informationen werden im
Finanzausschuss abgehandelt: Mit unseren zwei Kollegen im Finanzausschuss habe
ich gesprochen. Die sind immer dort gewesen. Jedenfalls ist, seit sie dort
sind, noch nie eine einzige Zahl veröffentlicht worden. Sehr geehrte Damen und
Herren von der Sozialdemokratie, das ist untragbar! Sie müssen doch einmal
verstehen, das passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert, wie eine Geheimdienstorganisation
die Zahlen zu verschleiern. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder es ist
alles in Ordnung: Warum sagen Sie es dann nicht? Oder es ist nicht in Ordnung:
Dann müssen Sie es ändern. Daran werden Sie nicht herumkommen. Daran werden sie
auch bei der nächsten Wahl nicht herumkommen.
Wir werden mit Sicherheit keinem einzigen Posten der
Vereinigten Bühnen zustimmen, solange diese Dinge nicht einmal veröffentlicht
sind! (Beifall bei ÖVP und GRin Mag Marie Ringler.)
Das ist das, was die SPÖ unter
Privatisierung versteht. Auf der einen Seite fürchten Sie sich ständig vor mehr
Liberalisierung und so weiter, haben aber auf der anderen Seite Ihr eigenes
Modell der Globalisierung erfunden. Sie nennen es Ausgliederung. Es
funktioniert so: Hochsubventioniert wie ein Staatsbetrieb. Keinerlei
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