Gemeinderat,
38. Sitzung vom 16.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 35
Person bezogen weniger. Frau LUDWIG, das ist eine Politik,
die wir ablehnen. Wir glauben, dass es gerade im Bereich der Soziahilfe
notwendig wäre, ein Existenz sicherndes Minimum zur Verfügung zu stellen und
nicht einen Betrag, mit dem - und jetzt sag’ ich es ganz offen und inkludiere mich
wahrscheinlich auch - hier im Raum sich niemand mehr vorstellen kann,
tatsächlich auskommen zu müssen. Nur es gibt immer mehr Menschen, die damit
auskommen müssen und anstatt, dass man die Sozialhilfe anhebt, bleibt sie seit
zwei Jahren gleich und das ist äußerst bedauerlich.
Nächster Punkt: Jetzt komme ich auch in diese
Richtung, warum das Misstrauen gegen die Frau Stadträtin wächst. Seit zwei
Jahren budgetieren Sie vorsätzlich falsch. Ich hab’ Bgm Häupl noch im Ohr, der
gesagt hat: Naja es ist ja schon so, wenn wir dann mehr Geld brauchen, dann
können wir mehr Geld zur Verfügung stellen. Schön und gut, aber wofür machen
wir dann ein Budget, wenn wir uns alleine im Sozialbereich in Summe um
60 Millionen irren, bei den Schulen um 20 Millionen irren und bei den
Krankenhäusern und Spitälern um 100 Milli-onen EUR irren? Wozu machen
wir dann ein Budget? Ein Budget drückt ja auch etwas aus. Es drückt aus, in
welchem Bereich es sinnvoll wäre, Schwerpunkte zu setzten.
Frau VBgmin Laska, in den
Budgeterstellungsrichtlinien steht drinnen, dass das Budget einerseits auf
Grund der gesetzlichen Legimitierungen auf Grund von Berechnungen zu
budgetieren ist und wenn das nicht möglich ist, auf Grund genauer Schätzungen.
Wollen Sie wirklich sagen, Sie haben sich alleine im Bereich der Sozialhilfe,
obwohl Sie schon 2002 über die Entwicklung informiert waren, um
40 Millionen EUR verrechnet, falsch geschätzt? Wollen Sie wirklich
sagen, dass Sie sich im Rahmen der Behindertenhilfe um 25 Millionen EUR
verschätzt haben? Das sind mehr als 20 Prozent! Oder haben Sie wirklich
geglaubt, dass Belastungspakete von Erfolg gekrönt sein könnten, einfach so
schleichend und langsam durch Einsparungen bei den Vereinen der
Behindertenhilfe von 10 Prozent und dass die Sozialhilfe noch weiter
gekürzt werden kann? Sonst hätten Sie schon Anfang 2002, Anfang 2003
und auch jetzt schon 2004 wissen müssen, dass es sich mit den Budgetdaten nicht
ausgeht! Wenn man falsch budgetiert und zwar wiederholt falsch budgetiert und
auf Basis dieser falschen Budgetierung den Eindruck erweckt, es wäre kein Geld
da und auf Basis dieser falschen Budgetierung als Sozialstadträtin den Auftrag
gibt, Belastungsmaßnahmen in einer Größenordnung von 70, 80 Millionen zu
entwickeln, so ist das meines Erachtens schon alleine ein Grund (GRin
Martina LUDWIG: Aber das stimmt doch nicht!), selbst zurückzutreten! Frau
GRin LUDWIG, ich habe Ihnen doch schon Papiere mit der Unterschrift von der
Frau StRin Laska aus dem Jahr 2002 vorgelesen, wo sie angeordnet hat,
Einsparungsvorschläge zu machen, ebenso aus dem Jahr 2003, wo sie
angeordnet hat, Einsparungsvorschläge zu machen. Ja wenn das nicht reicht! Das
ist halt die Politik der Sozialdemokratie: Mauern und wegschauen, wenn es bei
der eigenen Fraktion ums Eingemachte geht, wenn es darum geht, politische
Verantwortung für den Sozialbereich, für den Schulbereich, für den Bereich der
Behindertenhilfe, für den Bereich der Büchereien, für den Bereich der
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wahrzunehmen, Ihren ureigensten
Verantwortungsbereich! Wenn es um Verantwortung auf Bundesebene geht, dann ist
Ihr Vorsitzender Gusenbauer immer in der ersten Reihe und schreit
“Misstrauensantrag! Rücktritt!“ und zählt auf. (GRin Mag Sonja Wehsely: Weil
es um die Verantwortung geht!)
Ja, und wenn die Verantwortung für die Sozialhilfe,
wenn die Verantwortung für das Wiener Budget, wenn die Verantwortung für die
Behindertenhilfe, für die Büchereien, für den Umgang mit unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingen in Wien liegt, dann ist auch der Bund schuld.
Alles, was schlecht ist, daran ist der Bund schuld. Aber was gibt es im
Sozialbereich eigentlich noch, was gut ist, außer dass der Status quo im Großen
und Ganzen langsam aber sicher auch in Wien zurückgeschraubt wurde? Das ist
meines Erachtens wirklich bedauerlich. (GRin Martina LUDWIG: Das ist schon
einmal viel wert!) Die letzten zwei Jahre Laska im Bereich der Bildung, im
Bereich der Sozialpolitik, auch sogar im Bereich des Sports, man soll das heute
nicht vergessen, waren keine Heldentaten der Gemeinde Wien, sondern in
Wirklichkeit war es nur dem beständigen Kampf vor allem der GRÜNEN zu
verdanken, dass nicht auf dem Rücken der Ärmsten in Wien ein Belastungspaket
nach dem anderen beschlossen wurde! (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Ich kann nur wiederholen, was da im vergangen
September, Oktober, eigentlich bis zum Dezember immer wieder gesagt wurde: Wenn
man politische Verantwortung ernst nimmt und zwar vor allem, wenn man eine
absolute Mehrheit hinter sich hat, dann ist der Misstrauensantrag
wahrscheinlich nebensächlich, denn so wie ich die Sozialdemokratie kenne, lehnt
sie ihn sowieso ab. (GRin Mag Sonja Wehsely: Aus gutem Grund! Aus gutem
Grund!) Aber wenn man politische Verantwortung tatsächlich ernst nimmt,
dann zieht man aus den Fehlern der vergangenen beiden Jahre seine Konsequenzen.
Deshalb, Frau Stadträtin, würde ich Sie nach wie vor
ersuchen, doch von selbst zurückzutreten! - Ich danke sehr. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als
Nächste zum Wort gemeldet ist die Frau GRin Korosec. Ich erteile es ihr.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Frau Stadträtin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Frau Kollegin Wehsely - ja da ist sie schon -, ich
kenne Sie noch nicht sehr lange, aber ich bin doch fast drei Jahre in diesem
Haus und mein Eindruck von Ihnen ist, Sie sind eine junge, ambitionierte,
intelligente Stadtpolitikerin. Jetzt habe ich Ihnen heute sehr genau zugehört
und da ergeben sich für mich zwei, vielleicht sogar drei Fragen:
Glauben Sie tatsächlich das, was Sie heute hier gesagt
haben? (GRin Mag Sonja Wehsely: Antwort: „Ja“!) Sollte das so sein, dann
muss ich meine Beurteilung
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