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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 80

 

drei Jahren, das kann kein Theater hereinbringen. Und so ist dieses Theater, das derzeit große künstlerische Erfolge feiert, u.a. mit der letzten Produktion "Leonce und Lena", ein Beweis dafür. Genau dieses Theater ist jetzt nach 35 Jahren in seiner Existenz gefährdet, weil eine Kürzung von 240 000 EUR durch die Bundesregierung einfach nicht aufgefangen werden kann.

 

Nun zum Argument, es würde zu viel Geld vom Bund an die Stadt Wien gehen. Angesichts der unbestritten großen nationalen und internationalen Bedeutung der Stadt Wien für die Kulturnation Österreich ist diese Aussage...einmal politisch falsch. Es ist zum Zweiten auch ein Widerspruch zur verfassungsrechtlichen Aufgabe des Bundes gegenüber den Bundestheatern und Bundesmuseen, und es ist insbesondere die Rechnung falsch. Die Zurechnung ist unzulässig. Egal welche Zahl des Zahlenlottos von Staatssekretär Morak wir nehmen, 60, 70, 75, 86 Prozent des Bundeskulturbudgets an die Stadt Wien, alle Zahlen sind falsch. Wir haben uns das ganz genau angeschaut. Es ist einfach unzulässig, alle Kunst- und Literaturveranstaltungen der Republik im Ausland der Stadt Wien anzurechnen, alle Österreichbeteiligungen an Biennalen im Ausland Wien anzurechnen. Es ist unzulässig, alle bundesweiten Kunst- und Kultureinrichtungen, wie zum Beispiel die Statistik Österreich, die Gesellschaft für Chinaforschung und da gibt es eine ganze lange Liste, der Stadt Wien anzurechnen.

 

Es ist auch skurril und unzulässig, die Grazer Autorenversammlung, nur weil sie in Wien ein Büro hat, Wien anzurechnen, genauso unzulässig, wie die Diagonale Wien anzurechnen ist, das Filmfestival in Graz, und genauso unzulässig, wie beispielsweise das Upper Austrian Jazz Orchestra der Stadt Wien anzurechnen ist.

 

Diese Rechnung ist falsch. Morak agiert bewusst mit falschen Zahlen und informiert die Öffentlichkeit falsch.

 

Ein Beispiel: Er hat gesagt, die 364 000 EUR Festwochenförderungen werden umgewandelt in Projektförderungen für den Komponisten Wolfgang Mitterer. Ich habe mit Wolfgang Mitterer nach der Uraufführung im Ronacher gesprochen. Das ist falsch. Er hat keine Projektförderung bekommen, er hat als einer der bedeutensten zeitgenössischen österreichischen Komponisten ein Jahresstipendium bekommen in der Höhe von 13 200 EUR, damit er ein Jahr lang ohne große finanzielle Sorgen komponieren kann und dann Kompositionen schaffen kann wie beispielsweise "massacre". Da wird nicht projektgefördert, da wird die Verantwortung, die die Bundesregierung für die österreichischen Künstler und Kulturschaffenden hat, mit Projektförderung verwechselt. Das ist eine ersatzlose Kürzung der Festwochensubvention, und es gibt dafür überhaupt kein Äquivalent.

 

Wenn wir die Rechnung richtig anstellen, und das hat der Wiener Kulturstadtrat gemacht, dann werden 32 Prozent der Bundeskulturmittel für Wien verwendet. Knapp ein Drittel der Bundeskulturförderung für eine Stadt mit knapp einem Viertel der Bevölkerung Österreichs ist nun tatsächlich eine absolut angemessene und berechtigte Förderung für eine Stadt, die unbestritten der weltweite Botschafter der österreichischen Kultur ist. Wien ist nicht nur eine Stadt unter vielen, sondern die Kulturhauptstadt dieser Kulturnation Österreich.

 

Bei der Betrachtung der Zahlen des Bundeskulturbudgets hat der Staatssekretär Morak, der ausgebildeter Schauspieler ist, natürlich Pech. Er hat das Pech, dass sich der Wiener Kulturstadtrat Mailath-Pokorny dank seiner langjährigen Tätigkeit als Leiter der Kunstsektion des Bundeskanzleramtes heute noch besser in den Zahlen des Bundeskulturbudgets auskennt als der Kunststaatssekretär, und das ist offensichtlich auch der Grund, warum er einen leicht getrübten Blick auf die Zahlen hat.

 

Die Kürzung der Subvention der Wiener Festwochen durch die Bundesregierung passt aber gut in das Bild der wienfeindlichen Politik dieser Bundesregierung. Es ist zwar ein wichtiger Bereich, aber es ist nicht der einzige Bereich. Wien wird bestraft durch Kürzung der Wohnbauförderungsmittel, durch Kürzung der Mittel für den Personennahverkehr, durch Kürzung der Mittel in der Erwachsenenbildung, durch Mittelkürzung in der Gesundheitspolitik – eine lange Liste der Kulturfeindlichkeit dieser Bundesregierung.

 

Das besonders Ärgerliche, das hier auch angesprochen werden muss, ist die Tatsache, dass diese wienfeindliche Budgetpolitik des Bundes von einem Politiker gestaltet und mitgetragen wird, der in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit vorgibt, Parteiobmann der Wiener ÖVP zu sein. Das ist die wirkliche Unverfrorenheit. Denn diese Kürzung der Festwochensubvention und alle anderen Kürzungen von Mitteln für die Stadt Wien tragen eine Unterschrift. Sie tragen die Unterschrift des Staatssekretärs Finz. Das ist Ihnen von der ÖVP peinlich, das kann ich mir schon vorstellen, und da kommen Sie aus diesem Widerspruch nicht heraus. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir anerkennen, dass es hier leise Versuche dagegen gegeben hat. Ich kann mir schon vorstellen, dass der ehemalige Wiener Kulturstadtrat damit Probleme hat – wenn er in Wien ist. Und, Herr StR Marboe, ich finde es wunderbar, was Sie gesagt haben im "profil". Hut ab! Sagen Sie das bitte auch, wenn Sie bei den Burschenschaftern in Vorarlberg sind, wo Sie den Morak loben? Sagen Sie das dort auch? Dann ist diese Aussage von Ihnen noch viel glaubwürdiger. Ich habe das gelesen. Aber bei den Burschenschaftern in Vorarlberg hat der StR Marboe den Kunststaatssekretär Morak heftig gelobt und gesagt, welch gute Arbeit er macht. Sie hätten dort auch sagen können, dass dieser Kunststaatssekretär Morak verantwortlich dafür ist, dass die Bundesregierung 15 Millionen EUR Kulturförderung für Künstler und Kulturschaffende in Wien gekürzt hat. Machen Sie eine Aussendung. Sie sind ja sonst so schnell mit Presseaussendungen. Dann hätten Sie eine Aussendung gemacht, nachdem das im "Falter" gestanden ist. Es ist unwidersprochen geblieben von Ihnen. Und wenn Sie etwas nicht widersprechen, dann nehme ich immer an, es stimmt. Also ich kenne Sie da schon. Sie sind sehr schnell mit Aussendungen bei der Hand. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Nun, wenn Andreas Salcher jetzt versucht, dem

 

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