Landesgesetzblatt für Wien

Jahrgang 2003Ausgegeben am 22. Dezember 200360. Stück
60. Gesetz:Maßnahmen zur Bewältigung von Katastrophen, Großschadensereignissen und komplexen Schadensereignissen sowie die Einrichtung eines Krisenmanagements (Wiener Katastrophenhilfe- und Krisenmanagementgesetz – W-KKG) [CELEX Nr.: 396L0082]

60.
Gesetz über Maßnahmen zur Bewältigung von Katastrophen, Großschadensereignissen und komplexen Schadensereignissen sowie die Einrichtung eines Krisenmanagements (Wiener Katastrophenhilfe- und Krisenmanagementgesetz – W-KKG)
Der Wiener Landtag hat beschlossen:
Inhaltsverzeichnis
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§  1 Anwendungsbereich
§  2 Begriffsbestimmungen
2. Abschnitt
Vorsorgemaßnahmen
§  3 Schutzplan und sonstige Vorkehrungen
§  4 Einsatzpläne für Krankenanstalten
§  5 Alarmplan
§  6 Alarmsystem
§  7 Betreuung und Information
§  8 Persönliche Vorsorgemaßnahmen (Selbstschutz)
3. Abschnitt
Notfallpläne
§  9 Externe Notfallpläne
§ 10 Interne Notfallpläne
4. Abschnitt
Organisatorische Maßnahmen
§ 11 Schutzmaßnahmen
§ 12 Krisenmanagement
§ 13 Mitwirkung der Bezirke
§ 14 Einsatzleitung vor Ort
§ 15 Kennzeichnung von Personen
5. Abschnitt
Mitwirkungspflichten
§ 16 Auskunfts- und Hilfepflicht
§ 17 Freihalten des Einsatzbereiches
§ 18 Benützung fremden Grundes
§ 19 Inanspruchnahme von Hilfsmitteln
§ 20 Inanspruchnahme von Unterkünften
6. Abschnitt
Kostentragung, Entschädigung und Schadenersatz
§ 21 Kostentragung
§ 22 Entschädigung
§ 23 Schadenersatz
7. Abschnitt
Verwendung von Daten
§ 24 Verwendung von Daten
8. Abschnitt
Straf- und Schlussbestimmungen
§ 25 Strafbestimmungen
§ 26 Behörde
§ 27 Wirkungsbereich
§ 28 In-Kraft-Treten
§ 29 Übergangsbestimmungen
§ 30 Umsetzung von Gemeinschaftsrecht
§ 31 Sprachliche Gleichbehandlung
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Anwendungsbereich
§ 1. (1) Dieses Gesetz regelt für das Land Wien die zur koordinierten Bewältigung von Katastrophen, Großschadensereignissen und komplexen Schadensereignissen erforderlichen Maßnahmen.
(2) Die nach anderen Rechtsvorschriften des Bundes und des Landes vorzubereitenden bzw. durchzuführenden Maßnahmen werden durch dieses Gesetz nicht berührt.
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Als Katastrophe im Sinne dieses Gesetzes ist jedes bereits eingetretene oder noch bevorstehende Ereignis zu verstehen, das durch elementare, technische oder sonstige Auswirkungen geeignet ist, in ungewöhnlichem Ausmaß Personen- oder Sachschäden zu bewirken und das mit örtlichen Einsatzkräften nicht bewältigt werden kann.
(2) Als Großschadensereignis im Sinne dieses Gesetzes ist jedes bereits eingetretene oder noch bevorstehende Ereignis zu verstehen, das durch elementare, technische oder sonstige Auswirkungen geeignet ist, in ungewöhnlichem Ausmaß Personen- oder Sachschäden zu bewirken und das mit örtlichen Einsatzkräften bewältigt werden kann.
(3) Als komplexes Schadensereignis im Sinne dieses Gesetzes ist jedes bereits eingetretene oder noch bevorstehende Ereignis zu verstehen, das – ungeachtet seines Ausmaßes – zu seiner Bewältigung einer erhöhten Koordination der Einsatzkräfte bedarf.
(4) Als Einsatzbereich gelten Gebiete, die von einem Ereignis nach Abs. 1 bis 3 bedroht bzw. betroffen sind, von denen die unmittelbare Abwehr und Bekämpfung dieses Ereignisses ausgeht oder auf die sich Einsatzmaßnahmen erstrecken. Einsatzbereiche sind auch Gebiete, die für Einsatzübungen herangezogen werden.
2. Abschnitt
Vorsorgemaßnahmen
Schutzplan und sonstige Vorkehrungen
§ 3. (1) Die Gemeinde hat zur Verhütung von Ereignissen gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 und zur Vorbereitung der Abwehr und Bekämpfung dieser Ereignisse einen Schutzplan zu erstellen. Dieser hat zu enthalten:
a) eine Übersicht über die örtlichen Gegebenheiten einschließlich der für den Katastrophenschutz bedeutsamen topographischen und technischen Merkmale;
b) die Arten der absehbaren Katastrophen unter Angabe der besonders gefährdeten Bereiche und der Art der jeweils zu erwartenden Gefahren;
c) eine Aufzählung der Einrichtungen, die für die Abwehr und Bekämpfung von Ereignissen gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 zur Verfügung stehen, einschließlich der auf diesen Gebieten freiwillig tätig werdenden Organisationen;
d) eine Zusammenstellung der anordnungsbefugten und der ausführenden Stellen samt Angaben über die Erreichbarkeit und die Einberufung.
(2) Die Gemeinde hat dafür zu sorgen, dass entsprechend dem Schutzplan die für Einsätze gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 erforderlichen Nachrichtenmittel, Fahrzeuge, Geräte, Werkzeuge, Ausrüstungsgegenstände und sonstigen Hilfsmittel in stets einsatzbereitem Zustand zur Verfügung stehen und laufend ergänzt werden.
(3) Die Gemeinde hat für die Heranziehung und Auswahl der in den Schutzplan aufzunehmenden Einrichtungen (Abs. 1 lit. c) sowie für die Zuteilung von Aufgaben an diese zu sorgen.
(4) Die in den Schutzplan aufgenommenen Einrichtungen können fallweise zu Einsatzübungen herangezogen werden. Die Entschädigung, Kostentragung und der Schadenersatz für Einsatzübungen richtet sich nach dem 6. Abschnitt dieses Gesetzes.
Einsatzpläne für Krankenanstalten
§ 4. Die Rechtsträger von Krankenanstalten haben organisatorische Maßnahmen zur Ausweitung der Aufnahme- und Behandlungskapazitäten für den Fall eines Ereignisses gemäß § 2 Abs. 1 und 2 vorzusehen und entsprechende Einsatzpläne zu erstellen.
Alarmplan
§ 5. (1) Die Gemeinde hat einen Alarmplan zu erstellen, um bei unmittelbar drohenden Ereignissen gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 möglichst alle Personen, die sich im Stadtgebiet beziehungsweise in gefährdeten Teilbereichen aufhalten, deutlich wahrnehmbar zu warnen oder bei Eintritt des Ereignisses zu alarmieren.
(2) Die Gemeinde hat ferner sicherzustellen, dass die im Zusammenhang mit der Verhütung und Abwehr eines Ereignisses gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 und zu dessen Bekämpfung notwendigen Informationen raschest veröffentlicht werden.
Alarmsystem
§ 6. (1) Die Landesregierung kann akustische Signale für Warnung, Alarmierung, Entwarnung, Sirenenprobe sowie Alarmierung von Einsatzkräften mit Verordnung bestimmen. Besteht diesbezüglich eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, sind die in dieser Vereinbarung festgelegten Signale zu verwenden. Eine Nachahmung und unbefugte Verwendung dieser Signale ist verboten.
(2) Die Ausführung des im Alarmplan vorgesehenen öffentlichen Alarmsystems der Gemeinde, die Anbringung, die Wartung, die Instandhaltung und der Betrieb der dazu erforderlichen technischen Einrichtungen sind – soweit die Gemeinde nicht selbst über geeignete Gebäude oder Liegenschaften verfügt – von den betroffenen Haus- und Liegenschaftseigentümern gegen eine angemessene Entschädigung für den daraus entstehenden vermögensrechtlichen Nachteil zu dulden.
(3) Erforderlichenfalls ist die Duldungsverpflichtung mit Bescheid aufzuerlegen. In diesem Bescheid ist auch eine angemessene Entschädigung festzusetzen.
(4) Das Alarmsystem ist einer periodischen Funktionsprobe zu unterziehen (Probealarm).
Betreuung und Information
§ 7. Die Gemeinde hat für die psychosoziale Akutbetreuung von Betroffenen eines Ereignisses gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 und die Information von deren Angehörigen sowie der Öffentlichkeit in geeigneter Form zu sorgen.
Persönliche Vorsorgemaßnahmen (Selbstschutz)
§ 8. (1) Die Gemeinde hat für die präventive Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Selbstschutz der Bevölkerung zu sorgen, einschließlich Anleitungen für die von jedem Einzelnen für sich und seine Angehörigen zum Schutz vor Personen- und Sachschäden zu treffenden Vorkehrungen.
(2) Zur Verbreitung von Selbstschutzinformationen nach Abs. 1 kann sich die Gemeinde eines allgemein zugänglichen Schulungsangebotes einschlägiger Organisationen und Einrichtungen, insbesondere der Organisation „Die Helfer Wiens“ – Selbstschutz – Zivilschutz, bedienen.
3. Abschnitt
Notfallpläne
Externe Notfallpläne
§ 9. (1) Für Betriebe, die in den Anwendungsbereich des Artikel 11 der Richtlinie 96/82/EG des Rates der Europäischen Union vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen, Amtsblatt der EG Nr. L 10 vom 14. Jänner 1997, fallen, hat die Behörde in Ergänzung des Schutzplanes gemäß § 3 Abs. 1 externe Notfallpläne für Maßnahmen außerhalb des Betriebes zu erstellen soweit keine Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung besteht.
(2) An der Erstellung eines externen Notfallplanes ist der Betreiber des betroffenen Betriebes zu beteiligen und dessen interner Notfallplan zu berücksichtigen. Die Behörde, der der Betreiber den Sicherheitsbericht gemäß Artikel 9 der Richtlinie 96/82/EG zu übermitteln hat, ist vor Erstellung des externen Notfallplanes anzuhören.
(3) Der Betreiber des betroffenen Betriebes ist verpflichtet, der Behörde innerhalb der von dieser gesetzten Frist die für die Erstellung der externen Notfallpläne erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Behörde hat die Frist gemäß Artikel 11 Abs. 1 lit. b der Richtlinie zu bemessen.
(4) Die externen Notfallpläne dienen dem Ziel,
a) Schadensfälle einzudämmen und unter Kontrolle zu bringen, um die Folgen möglichst gering zu halten und Schäden für Mensch, Umwelt und Sachen zu begrenzen,
b) Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt vor den Folgen schwerer Unfälle durchzuführen,
c) notwendige Informationen an die Öffentlichkeit sowie an Behörden oder Dienststellen in dem betreffenden Gebiet weiterzugeben und
d) Aufräumarbeiten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Umwelt nach einem schweren Unfall mit gefährlichen Stoffen einzuleiten.
Sie haben die im Anhang IV, Punkt 2 der Richtlinie 96/82/EG geforderten Informationen zu enthalten.
(5) Der Entwurf eines externen Notfallplanes ist von der Behörde sechs Wochen lang während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Jedermann hat das Recht, während der Auflagefrist zum Entwurf Stellung zu nehmen. Auf die Auflage und die Möglichkeit zur Stellungnahme während der Auflagefrist ist durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt Wien und im Internet hinzuweisen.
(6) Externe Notfallpläne sind mindestens alle drei Jahre sowie bei wesentlichen Änderungen des Betriebes zu überprüfen, zu erproben und erforderlichenfalls zu überarbeiten und auf den neuesten Stand zu bringen. Bei dieser Überprüfung werden VerÄnderungen in den betreffenden Betrieben und den betreffenden Notdiensten, neue technische Erkenntnisse und Erkenntnisse darüber, wie bei schweren Unfällen zu handeln ist, berücksichtigt. Hält die Behörde wesentliche Änderungen des externen Notfallplans für erforderlich, ist nach Abs. 5 vorzugehen.
(7) Die Behörde kann auf Grund der in dem Sicherheitsbericht gemäß Artikel 9 der Richtlinie 96/82/EG enthaltenen Informationen entscheiden, dass die Erstellung eines externen Notfallplans nicht erforderlich ist. Diese Entscheidung ist zu begründen.
Interne Notfallpläne
§ 10. (1) Die Behörde hat, sofern keine Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung besteht, Betreibern von Betrieben, die unter Artikel 9 der Richtlinie 96/82/EG fallen, nach Maßgabe des Artikel 11 der Richtlinie 96/82/EG die Erstellung interner Notfallpläne aufzutragen. Die Notfallpläne haben jedenfalls die im Anhang IV, Punkt 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderten Informationen zu enthalten. Bei der Erstellung der Notfallpläne hat der Betreiber die Beschäftigten des Betriebes zu beteiligen.
(2) Die Betreiber haben interne Notfallpläne mindestens alle drei Jahre sowie bei wesentlichen Änderungen des Betriebes zu überprüfen.
(3) Die Betreiber von Betrieben haben erstellte oder geänderte interne Notfallpläne der Behörde unaufgefordert zu übermitteln.
4. Abschnitt
Organisatorische Maßnahmen
Schutzmaßnahmen
§ 11. Die Gemeinde hat zur Abwehr unmittelbar drohender und zur Bekämpfung bereits eingetretener Ereignisse gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 die im Schutzplan vorgesehenen Maßnahmen zu treffen, soweit nicht besondere Umstände ein Abweichen erfordern.
Erforderlichenfalls sind die zur Verhütung und zur Vorbereitung der Abwehr und Bekämpfung dieser Ereignisse notwendigen Maßnahmen unverzüglich anzuordnen und vollstrecken zu lassen.
Krisenmanagement
§ 12. (1) Die Gemeinde hat organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um bei Bedarf ein den jeweiligen Anforderungen entsprechendes Krisenmanagement einrichten zu können.
(2) Die Leitung sowie die Entscheidung über die Einberufung und Zusammensetzung des Krisenmanagements obliegt dem Bürgermeister.
Mitwirkung der Bezirke
§ 13. (1) Der Bürgermeister hat als Leiter des Krisenmanagements die Bezirksvorsteher der von einem Ereignis gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 betroffenen Bezirke zu seiner Beratung und zu sonstiger Mitwirkung heranzuziehen.
(2) Ein vom Bürgermeister herangezogener Bezirksvorsteher kann zu seiner Beratung eine aus dem Kreise der Mitglieder der Bezirksvertretung zusammengesetzte Bezirkskommission beiziehen.
Einsatzleitung vor Ort
§ 14. Die Einsatzleitung vor Ort obliegt dem Einsatzleiter im Sinne des Wiener Feuerwehrgesetzes in der jeweils geltenden Fassung. In medizinischer Hinsicht obliegt die Einsatzleitung vor Ort dem leitenden Notarzt des städtischen Rettungsdienstes.
Kennzeichnung von Personen
§ 15. Die von der Einsatzleitung im Einsatzbereich zur Hilfeleistung herangezogenen Personen sind, sofern sie nicht auf Grund anderer äußerer Merkmale (Uniform, Schutzkleidung u. dgl.) für jedermann als solche erkennbar sind, durch einen von der Gemeinde ausgestellten, sichtbar zu tragenden Ausweis kenntlich zu machen.
5. Abschnitt
Mitwirkungspflichten
Auskunfts- und Hilfepflicht
§ 16. (1) Personen, die Kenntnisse über ein Ereignis gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 haben, sind verpflichtet, auf Verlangen der Behörde über alle für den Einsatz maßgeblichen Umstände Auskunft zu erteilen.
(2) Im zumutbaren Umfang hat auch schon vor dem Einsetzen von behördlichen Maßnahmen jedermann zum eigenen Schutz und zum Schutz seiner Angehörigen vor Personen- und Sachschäden die mit eigenen Mitteln möglichen Maßnahmen zu treffen.
Freihalten des Einsatzbereiches
§ 17. Im Einsatzbereich dürfen sich nur Personen aufhalten, deren Anwesenheit für einen Einsatz gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 erforderlich ist oder aus Gründen des Selbstschutzes gestattet wird. Jedermann hat sich so zu verhalten, dass die Einsatzmaßnahmen ungehindert ablaufen können. Der Einsatzbereich samt Zu- und Abfahrten ist von Fahrzeugen und anderen hinderlichen Gegenständen freizumachen und freizuhalten. Inhaber solcher Gegenstände haben deren Entfernung ohne Ersatzanspruch zu dulden.
Benützung fremden Grundes
§ 18. Jeder Eigentümer, Bestandnehmer und sonstige Nutzungsberechtigte von Baulichkeiten und Liegenschaften, die im Einsatzbereich liegen, hat den Einsatzkräften das Betreten der Baulichkeit oder der Liegenschaft zu ermöglichen. Die mit Einsatzmaßnahmen verbundenen Eingriffe sind zu dulden. Der nachweisbare Schaden ist gemäß § 22 zu ersetzen.
Inanspruchnahme von Hilfsmitteln
§ 19. (1) Zur Abwehr und Bekämpfung von Ereignissen gemäß § 2 Abs. 1 und 2 benötigte fremde Hilfsmittel sowie das zu deren Bedienung erforderliche Personal können von der Behörde in Anspruch genommen werden. Diese Anordnungen dürfen nur im notwendigen Umfang und auf die erforderliche Dauer getroffen werden, wobei auf die Zumutbarkeit für den Verpflichteten Rücksicht zu nehmen ist.
(2) Über die Anforderung und Erbringung der Dienst- oder Sachleistungen nach Abs. 1 ist dem Leistungspflichtigen eine Bescheinigung auszustellen, die bei der Geltendmachung der Entschädigung gemäß § 22 vorzuweisen ist.
Inanspruchnahme von Unterkünften
§ 20. (1) Die Behörde kann, wenn im Zuge oder als unmittelbare Folge eines Ereignisses gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 Betroffene nicht anders untergebracht und versorgt werden können, geeignete Baulichkeiten und Liegenschaften samt Einrichtungen bzw. Teile hievon zur vorübergehenden Unterbringung und Versorgung im unbedingt notwendigen Umfang mit Bescheid in Anspruch nehmen. Gleiches gilt für die vorübergehende Unterbringung und Versorgung der Einsatzkräfte, wenn im Einsatzbereich oder in dessen unmittelbarer Nähe keine geeigneten Liegenschaften oder passenden Einrichtungen der Gemeinde zur Verfügung stehen. Durch die Inanspruchnahme darf die Nutzung nur in einem zumutbaren Ausmaß beschränkt werden.
(2) Gegen einen Bescheid gemäß Abs. 1 ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Für den Fall, dass der Eigentümer einer Baulichkeit oder Liegenschaft nicht in angemessener Zeit erreichbar ist, kann die Zustellung des Bescheides mit Anschlag an der Amtstafel bewirkt werden. Dieser ist sechs Wochen aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus ist eine Ausfertigung des Bescheides im Bereich der Baulichkeit oder Liegenschaft zur Information anzubringen.
(3) Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde die im Abs. 1 genannten Baulichkeiten und Liegenschaften ohne vorausgegangenes Verfahren und im Wege des unmittelbaren Verwaltungszwanges in Anspruch nehmen.
(4) Die Inanspruchnahme nach Abs. 3 erlischt spätestens mit der Beendigung der Einsatzmaßnahmen, jene nach Abs. 1 spätestens mit Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung der Einsatzmaßnahmen.
6. Abschnitt
Kostentragung, Entschädigung und Schadenersatz
Kostentragung
§ 21. (1) Die Kosten für Einsätze gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 trägt die Gemeinde, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist und nicht Einrichtungen oder Organisationen auf Grund einer freiwilligen Zusage oder einer Vereinbarung mit der Gemeinde bzw. auf bundesgesetzlicher Grundlage Leistungen erbringen.
(2) Wer mutwillig einen Einsatz nach diesem Gesetz veranlasst oder vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Umstand herbeiführt, der einen Einsatz zur Folge hat, ist verpflichtet, der Gemeinde die Einsatzkosten und die beim Einsatz entstandenen Schäden zu ersetzen.
Entschädigung
§ 22. (1) Für die durch Maßnahmen gemäß § 18 verursachten Schäden und für die auf Anordnung gemäß §§ 19 und 20 erbrachten Sach- und Dienstleistungen gebührt eine angemessene Entschädigung. Ansprüche gemäß § 18 bestehen jedoch insoweit nicht, als die Maßnahme dem Betroffenen selbst oder seinen Angehörigen zum unmittelbaren Schutz vor Personen- oder Sachschäden diente.
(2) Sofern über die Entschädigung binnen sechs Monaten ab Anmeldung einer Forderung keine Vereinbarung mit der Gemeinde erzielt wird, können solche Ansprüche beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht geltend gemacht werden.
Schadenersatz
§ 23. (1) Erleidet jemand als Helfer im Zuge eines Einsatzes gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 in Erfüllung seiner Obliegenheiten nach diesem Gesetz gesundheitliche Schäden, so hat die Gemeinde für die Heilungskosten bzw. eine angemessene, den Grundsätzen der Sozialhilfe entsprechende Invaliditätsrente aufzukommen, soweit diese Leistungen nicht auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen oder privatrechtlicher Vereinbarungen gedeckt sind. Führt der Einsatz eines Helfers zu dessen Tod, sind die Bestattungskosten von der Gemeinde zu tragen. Unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen ist die entfallene Unterhaltsleistung, soweit sie nicht auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen oder privatrechtlicher Vereinbarungen gedeckt ist, zu ersetzen.
(2) Ansprüche auf Schadenersatz nach Abs. 1 sind binnen sechs Monaten ab Schadenseintritt bei sonstigem Verlust bei der Gemeinde schriftlich anzumelden. Nach Ablauf der Frist können Ansprüche nur mehr dann geltend gemacht werden, wenn der Nachweis erbracht wird, dass der Berechtigte nicht in der Lage war, seine Forderung fristgerecht anzumelden.
7. Abschnitt
Verwendung von Daten
Verwendung von Daten
§ 24. (1) Für Einsätze gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 oder für deren Vorbereitung ist die Behörde ermächtigt, zusätzlich zu den in § 3 aufgezählten Datenarten alle sonstigen zur Abwehr und Bekämpfung der Ereignisse erforderlichen Daten zu verwenden. Dies sind Angaben über
a) Betroffene und deren Angehörige zum Zweck der medizinischen Versorgung und sonstigen Betreuung, einschließlich Erreichbarkeit, Sozialversicherungsnummer und Meldedaten gemäß § 1 Abs. 5 Meldegesetz 1991 sowie erlittene gesundheitliche Schäden, auch wenn diese im Zeitpunkt des Ereignisses noch nicht erkennbar waren,
b) die zur Abwehr und Bekämpfung des Ereignisses in Anspruch genommenen Hilfsmittel einschließlich des zu deren Bedienung erforderlichen Personals sowie die in Anspruch genommenen Unterkünfte,
c) zerstörte, beschädigte, in ihrer Nutzung beeinträchtigte oder gefährdete Sachen einschließlich deren Eigentümer, Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte,
d) freiwillige Helfer, Spenden und Sachleistungen.
(2) Zum Zweck der medizinischen Versorgung, sonstigen Betreuung und Information der Angehörigen wird die ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen zur Übermittlung der Angaben nach Abs. 1 lit. a an
a) Personen, die glaubhaft machen, seine Angehörigen zu sein
b) Hilfs- und Einsatzorganisationen
c) die Vertretungsbehörde eines hilfeleistenden Staates
d) die Vertretungsbehörde seines Heimatstaates
vermutet.
(3) Zum Zweck des Transportes, der Unterbringung und der Betreuung von Betroffenen dürfen Daten nach Abs. 1 lit. a an Verpflichtete gemäß §§ 19 und 20 und freiwillige Helfer übermittelt werden.
(4) Zum Zweck eines Einsatzes und dessen Vorbereitung dürfen Daten nach Abs. 1 lit. b bis d an Hilfs- und Einsatzorganisationen übermittelt werden.
(5) Für Zwecke gemäß Abs. 1 ist die Übermittlung der Meldedaten aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) oder lokalen Melderegister an die Behörde zulässig. In diesem Zusammenhang sind auch Verknüpfungsanfragen erlaubt.
(6) Insoweit andere gesetzliche Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen, sind von der Behörde und allen Übermittlungsempfängern Daten gemäß Abs. 1 spätestens 30 Jahre ab Ereignisbeginn zu löschen; Übermittlungsempfänger trifft diese Verpflichtung bei Daten gemäß Abs. 1 lit. a jedoch schon drei Jahre ab Ereignisbeginn.
8. Abschnitt
Straf- und Schlussbestimmungen
Strafbestimmungen
§ 25. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
1. entgegen § 6 Abs. 1 mit Verordnung der Landesregierung bestimmte Signale des Alarmsystems nachahmt oder unbefugt verwendet;
2. entgegen § 6 Abs. 3 einer mit Bescheid auferlegten Duldungsverpflichtung nicht nachkommt;
3. entgegen einem Auftrag der Behörde gemäß § 10 Abs. 1 keine internen Notfallpläne erstellt;
4. entgegen § 10 Abs. 2 interne Notfallpläne nicht mindestens alle drei Jahre oder bei wesentlichen Änderungen des Betriebes überprüft;
5. entgegen § 10 Abs. 3 erstellte oder geänderte interne Notfallpläne der Behörde nicht unaufgefordert übermittelt;
6. entgegen § 15 unbefugt einen Einsatzausweis verwendet;
7. entgegen § 16 Abs. 1 der Behörde nicht die verlangten Auskünfte erteilt;
8. entgegen § 17 sich unbefugt im Einsatzbereich aufhält oder trotz Abmahnung den Einsatzbereich nicht freimacht oder freihält;
9. entgegen § 18 den Einsatzkräften das Betreten seiner Baulichkeit oder Liegenschaft nicht gestattet oder die mit den Einsatzmaßnahmen verbundenen Eingriffe nicht duldet;
10. entgegen einer Aufforderung der Behörde gemäß § 19 Abs. 1 Hilfsmittel oder das zu deren Bedienung erforderliche Personal nicht zur Verfügung stellt;
11. entgegen § 20 Abs. 1 die von der Behörde mit Bescheid in Anspruch genommenen Baulichkeiten oder Liegenschaften nicht zur Verfügung stellt;
12. mutwillig einen Einsatz nach diesem Gesetz veranlasst oder vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Umstand herbeiführt, der einen Einsatz nach diesem Gesetz zur Folge hat.
(2) Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 werden von der Behörde zu Z 1 bis Z 11 mit Geldstrafen bis 10 000 Euro und zu Z 12 mit einer Geldstrafe bis 20 000 Euro bestraft.
Behörde
§ 26. Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist der Magistrat der Stadt Wien.
Wirkungsbereich
§ 27. Die Gemeinde hat die ihr nach diesem Gesetz zukommenden Aufgaben mit Ausnahme des 3. Abschnittes im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Ferner sind Verwaltungsstrafverfahren, Verwaltungsvollstreckungsverfahren und Maßnahmen, die unmittelbar über die Gemeindegrenze hinauswirken, von der Besorgung im eigenen Wirkungsbereich ausgenommen.
In-Kraft-Treten
§ 28. Dieses Gesetz tritt mit dem seiner Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Gleichzeitig tritt das Wiener Katastrophenhilfegesetz, LGBl. für Wien Nr. 8/1978 in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 83/2001, außer Kraft.
Übergangsbestimmungen
§ 29. (1) Der gemäß § 3 des Wiener Katastrophenhilfegesetzes bestehende Katastrophenschutzplan gilt bis zur Erstellung eines Schutzplanes gemäß § 3 dieses Gesetzes weiter.
(2) Die Rechtsträger von Krankenanstalten haben die Einsatzpläne gemäß § 4 dieses Gesetzes bis zum Ablauf des auf dessen Kundmachung zweitfolgenden Jahres zu erstellen.
(3) Die nach dem Wiener Katastrophenhilfegesetz im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes anhängigen Verwaltungsverfahren sind nach den bisherigen Bestimmungen weiterzuführen.
Umsetzung von Gemeinschaftsrecht
§ 30. Der 3. Abschnitt dieses Gesetzes dient der Umsetzung der Richtlinie 96/82/EG des Rates der Europäischen Union vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen.
Sprachliche Gleichbehandlung
§ 31. Soweit in diesem Gesetz personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Männer und Frauen in gleicher Weise. Bei Anwendung auf bestimmte Personen ist die jeweils zutreffende geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Der Landeshauptmann:Der Landesamtsdirektor:
HäuplTheimer

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