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Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 75

 

Berichterstatterin Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Ich bitte um Zustimmung.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Gemäß § 30c Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Ulm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 

14.32.27

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der Herr Präsident hat sich schon nicht so ganz leicht getan, als er nun den Namen dieses Gesetzes verlesen wollte. Ich glaube, er hätte viele, viele Minuten dazu gebraucht, denn auf den ersten Blicke gehe ich einmal davon aus, dass da so an die 20 bis 30 Gesetze novelliert werden mit einem einzigen Gesetz, und da muss man schon ein bisschen vorsichtig sein. Das ist natürlich für einen Legisten keine ideale Vorgangsweise und keine ideale Art und Weise, den Gesetzesbestand zu bearbeiten, aber ich meine, dass ein solches Anpassungsgesetz schon seine Berechtigung haben kann, wenn man wirklich nur anpasst und wirklich nur Anpassungen durchführt, die auf Grund der Einführung des Verwaltungsgerichtes notwendig sind.

 

Wenn ich jetzt aber sehe, dass in diesem Verwaltungsgerichtsbarkeitsanpassungsgesetz auch noch ganz andere Dinge vorgesehen sind, dann sage ich Ihnen, dass das aus legistischer Sicht eigentlich die tolerierbare Grenze überschreitet. Die tolerierbare Grenze überschreitet, glaube ich, auch Ihr Abänderungsantrag, erstens, weil wir ihn erst sehr spät gestern am Abend bekommen haben, zweitens, weil es in diesem Abänderungsantrag überhaupt nicht um eine Anpassung auf Grund der Einführung des Verwaltungsgerichtes Wien geht, und drittens, weil man die Absicht erkennt und verstimmt ist, dass Sie offensichtlich keine Wahlrechtsdebatte führen wollen und sicherlich deshalb keinen eigenen Tagesordnungspunkt „Novelle zum Volksbefragungsgesetz“ haben wollen.

 

In der Sache selbst ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, wenn nun die Frist für das Rücklangen der Briefstimmkarten mit dem Ende des Befragungszeitraumes endet. Das ist eine sinnvolle Sache, gegen die nichts einzuwenden ist, wenn nun eine Anpassung des Wiener Volksbefragungsgesetzes an das Volksbefragungsgesetz des Bundes erfolgt.

 

Auch in Angelegenheiten des Dienstrechtes und in Angelegenheiten des Disziplinarrechtes kommt es zu einer Veränderung, die sich nicht nur damit erklären lässt, dass das Verwaltungsgericht Wien eingeführt wird. Es kommt hier zu einer Veränderung der Dienstordnung in einem größeren Ausmaß. Es ist also so, dass jetzt grundsätzlich in zweiter Instanz nicht mehr der Dienstrechtssenat entscheidet – das ist ja ganz richtig –, sondern das Verwaltungsgericht Wien, und zwar in zweiter Instanz nach dem Magistrat oder nach der Disziplinarkommission.

 

Man kann sich aber wieder nicht damit zufriedengeben, dass man jetzt endlich dieses Verwaltungsgericht Wien hat, dass unabhängige und unbefristet bestellte Richter in zweiter Instanz über Entscheidungen des Magistrats entscheiden, nein, man reklamiert jetzt wieder einen Vertreter des Dienstgebers und einen Vertreter des Dienstnehmers hinein. Das ist natürlich juristisch zu kritisieren, weil die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht so gegeben ist, wie das bei einem reinen Richtersenat der Fall wäre.

 

Jetzt kann man natürlich sagen, das ist ja eigentlich nicht viel anders als beim Arbeits- und Sozialgericht, da gibt es ja auch Vertreter der Dienstgeber und Vertreter der Dienstnehmer, aber ich sage Ihnen, das ist schon ein qualitativer Unterschied, denn da wird man kein Eigeninteresse festmachen können. Die Gruppe der Dienstgeber, die Gruppe der Selbstständigen, und die Gruppe der Unselbstständigen, die Nominierten von der Handelskammer oder die Nominierten von der Arbeiterkammer, die repräsentieren einen derart großen Bereich, der auch gar nicht konkret zusammengeschlossen ist, dass da die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit leichter sichergestellt ist als jetzt bei den Disziplinarsenaten, wie Sie es in dieser Novelle vor haben.

 

Ich verweise bereits jetzt, bevor das Gesetz noch beschlossen wird, darauf, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein derart zusammengesetztes Tribunal nicht akzeptiert. Er sieht die Überparteilichkeit und Unabhängigkeit nicht ausdrücklich gewahrt, und er hat das auch schon im Fall Belios so entschieden. Das ist einfach kein idealer Zustand, wenn in zweiter Instanz ein Beamter der Gemeinde über einen Bescheid des Magistrats entscheidet. Er kehrt dann nach der Entscheidung wieder in den Magistrat zurück, hat dort wieder mit den Kollegen zu tun und ist möglicherweise oder erscheint mit denen solidarisch, über deren Bescheide er letztendlich zu entscheiden hatte.

 

Es geht nicht darum, dass der im konkreten Fall nicht wirklich überparteilich entscheiden würde – das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte immer wieder ausgesprochen –, sondern es geht um den äußeren Anschein, es geht um die objektive Unparteilichkeit. Es dürfen keine berechtigen Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen, und es muss auch bereits der äußere Anschein dafür sprechen, dass die Richter von externen Einflüssen freigehalten sind.

 

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Gründe, warum wir dem Geschäftsstück und dem Abänderungsantrag nicht zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dipl-Ing Margulies. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 

14.39.20

Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Auch aus Respekt vor den Kinder- und JugendanwältInnen möchte ich es ganz kurz machen, denn die warten schon einige Zeit. Zu dem jetzt vorliegenden Gesetz, mit dem jede Menge andere Gesetze novelliert werden,

 

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