Landtag,
33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll -
Seite 62 von 100
normalisiert werden. Die Kollegin Smolik hat Ihnen schon gesagt, was von
diesem Ausdruck zu halten ist. Ich will mich damit nicht mehr aufhalten. Diese
Denkweise des Normalisierungsprinzips ist international längst überholt und die
Tatsache hat sich aber scheinbar leider noch nicht bis hierher nach Wien
durchgesprochen.
In der Heimordnung des Sozialtherapeutischen Zentrums kann man auf der
ersten Seite auch den Satz lesen: „Herzlich Willkommen im Sozialtherapeutischen
Zentrum Ybbs der Stadt Wien! Wir möchten Ihnen ein neues Zuhause geben und
wünschen, dass Sie sich in unserem Haus sehr wohl fühlen.“ Ein neues Zuhause
finden Menschen mit ihrer Behinderung nach Ansicht der SPÖ in separiert
liegenden, konzeptionell überholten Großeinrichtungen! Das kann ich mir beim
besten Willen nicht vorstellen! Aber nun zurück, das war der Ausflug nach Ybbs.
Ich glaube, wir werden uns in diesem Haus leider noch öfters darüber
unterhalten.
Wir haben in einer schriftlichen Anfrage die Antwort bekommen, dass sich
die Anzahl der BewohnerInnen im Sozialtherapeutischen Zentrum Ybbs seit Jahren
nicht verringert, im Gegenteil, es kommen immer neue Leute hin.
Meine Damen und Herren, zurück zur Persönlichen Assistenz, auf die es ja
auch keinen Rechtsanspruch gibt. Ich kann der Argumentation der Frau
Stadträtin, warum auf die Leistung Persönliche Assistenz kein Rechtsanspruch
gewährt wird, nicht folgen, denn im vorliegenden Akt zum
Chancengleichheitsgesetz kann man lesen: „Diese Leistung wurde erstmals
gesetzlich verankert. Um eine flexible Gestaltung und laufende Anpassung an die
Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, erfolgt die Förderung
auf Grund der Richtlinien des FSW.“
Meine Damen und Herren! Es ist mir vollkommen neu, dass der FSW für
Flexibilität und laufende Anpassungen für Menschen mit Behinderung bekannt ist.
Der Vollzug des Paradigmenwechsels bedeutet ja für mich, aber nicht nur für
mich, ich hoffe auch für Sie, weg vom förderbaren Bittsteller beziehungsweise
der Bittstellerin hin zu gleichberechtigten BürgerInnen mit Rechtsansprüchen.
Das Argument, dass der FSW die Leistungen ja auch bisher erbracht hat, obwohl
sie noch nicht gesetzlich geregelt waren, greift hier nicht. Es macht sehr wohl
in der Praxis einen Unterschied, ob auf eine Leistung ein Rechtsanspruch
besteht oder nicht. Rechtsansprüche auf Leistungen sind stets aus dem
jeweiligen Budget zu bedecken, privatwirtschaftliche Förderung, wie sie vom FSW
gewährt wird, sind mit einem bestimmen Finanzvolumen dotiert, das ja nicht
unbedingt aufgestockt werden muss, wenn es erschöpft ist. Außerdem gibt es zur
Durchsetzung von Rechtsansprüchen einen Instanzenzug und bei Förderungen nicht
die Möglichkeit, gegen eine Ablehnung zu berufen.
Interessant finde ich auch die Argumentation der Stadt Wien, man habe
auf Rechtsansprüche unter anderem auch deshalb verzichtet, weil Leistungen noch
neu sind und schlicht und einfach die Erfahrung fehlt. Allen KollegInnen, die
nicht in der Interessensvertretung behinderter Menschen sitzen, möchte ich
daher einen Auszug aus dem Protokoll nicht vorenthalten, weil mit dieser
Begründung seitens der Vertreterin der MA 24 gegenüber der
Interessensvertretung am 28. August 2009 zum Beispiel im Bereich teilbetreutes
Wohnen argumentiert wurde. Wörtlich heißt es in diesem Protokoll: Die Leistung
teilbetreutes Wohnen sei neu im Gesetz und wäre bewusst als Förderleistung
normiert worden, um künftig auf neue Fördervarianten flexibel reagieren zu
können. Hierbei wäre ein Rechtanspruch nicht vorstellbar.
Frau Stadträtin, auch in diesem Fall: Wenn jede Leistung erst dann einen
Rechtsanspruch erhält, wenn sie nicht mehr neu ist, dann landen wir irgendwann
beim Gewohnheitsrecht und das Gewohnheitsrecht entwickelt sich ja nicht gerade
in zügigen Schritten, abgesehen davon, dass die Leistung teilbetreutes Wohnen
nicht neu ist.
Kurz gesagt, die ÖVP will den Paradigmenwechsel für Menschen mit
Behinderung zur Gänze vollziehen. Wir begnügen uns nicht mit einer frisch
verputzten Fassade, sondern wir wollen solide Grundmauern, auf denen das neue
Gesetz steht. (Beifall bei der ÖVP.) Zu diesen soliden Grundmauern
gehören auch Rechtsansprüche, daher bringen wir folgenden Abänderungsantrag
ein:
„Im vorliegenden Entwurf des Gesetzes zur Förderung von
Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung in Wien sind folgende Änderungen
vorzunehmen: Abs 2: Auf Förderungen für Leistungen nach § 7
bis 17 besteht ein Rechtsanspruch. § 2 Abs 3
entfällt."
Meine Damen und Herren! Bei dem neuen Gesetz im Sozialbereich ist ja
auch das Wort Eigenleistung und die damit verbundene Definition ein starker
Anknüpfungspunkt für Diskussionen. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Haus
noch des Öfteren zu Vermögensnachweisen und Eigenleistungen diskutieren werden.
Im Gesetzestext, und ein Paragraph wurde von der Kollegin Smolik schon erwähnt,
kommt das Wort Vermögen zwei Mal vor und das an entscheidenden Stellen, nämlich
bei den Bestimmungen zur Regelung der Verfahren bei Rechtsansprüchen und bei
den Datenschutzbestimmungen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum im vorgelegten
Entwurf in den Verfahren bei Rechtsansprüchen, also im § 23, die
AntragstellerInnen neben den Unterlagen über ihr Einkommen auch eine
Vermögensprüfung über sich ergehen lassen müssen. Eine mögliche
Regressforderung führt bei den Betroffenen und bei deren Angehörigen zu größter
Verunsicherung. Für mich ist es daher unakzeptabel, den Vermögensnachweis im
Gesetz zu belassen. Daher bringen wir den folgenden Abänderungsantrag bezüglich
der Streichung des Vermögensnachweises ein:
„Im vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von
Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung sind folgende Änderungen
vorzunehmen:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular