Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 78
überprüfen und uns das wieder von vorne anschauen.
Wozu hat man dann vorher die Frist verkürzt? (Abg Robert Parzer: Sie kommen vom Hundertsten ins Tausendste!)
Es geht immer ums Gleiche: Es geht ums Kindeswohl! Da
wird immer geredet von Kindeswohl und Armutsbekämpfung. Ich meine allerdings,
dass Armutsbekämpfung etwas anderes als die Verschärfung des
Sicherheitsgesetzes ist. Das ist etwas anderes! Und wenn Sie in Sachen Bettelei
einen Schritt in Richtung FPÖ gehen, dann ist das ein falscher Schritt. (Zwischenruf
von Abg Godwin Schuster.) Nein, das ist nicht falsch
interpretiert! Herr Schock hat Sie leider richtig interpretiert und hat sich
bei Ihnen bedankt. Ich bedanke mich nicht, sondern ich finde es sehr schade,
dass es in diesem Bereich eine Zusammenarbeit gibt, die ich mir für Österreich
und für Wien nicht wünsche, nämlich eine rot-blaue. Ich hoffe, dass das ein
Ausrutscher ist, der nicht täglich vorkommt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Als nächste Abgeordnete hat sich Frau Mag Straubinger zu Wort gemeldet.
Ich erteile es ihr.
Abg Mag Sybille Straubinger (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr
Präsident! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ellensohn!
Ich finde, es ist eine Chuzpe, sich auf die
Argumentation zu beziehen und darüber zu mutmaßen, warum wir jetzt ein solches
Gesetz vorschlagen und wie wir das meinen, ohne bei der Debatte überhaupt
anwesend gewesen zu sein! (Beifall bei
der SPÖ.)
Und es ärgert mich wirklich,
wenn Sie, wie Sie das ja sehr gerne tun, mit Einzelfällen und mit konkreten
Beispielen kommen, die man gar nicht kennt und auf die man im Grunde überhaupt
nicht eingehen kann, weil man sie gar nicht überprüfen kann! (StR David Ellensohn: Das ist aus der
Zeitung!)
Ich möchte zu dem
aktuellen Fall jetzt schon etwas sagen: Sie sprechen von einer Frau, die von
ihrem Kind getrennt wurde und 19 oder 20 Tage im Gefängnis war. –
Diese Strafe kann aber nicht auf Grund von Bettelei verhängt worden sein, da
muss es einen anderen Straftatbestand gegeben haben! Wenn Sie das aktuelle Gesetz
gelesen haben, dann werden Sie nämlich festgestellt haben, dass die maximale
Freiheitsstrafe für Betteln eine Woche ist, und diese maximale Freiheitsstrafe
kommt erst bei mehrmaligen Wiederholungen zur Anwendung und ist sozusagen das
maximale, extremste Mittel. Ich gehe jetzt aber nicht näher auf die anderen
Vorwürfe ein.
Außerdem haben Sie gesagt,
dass Sie hier mit Mythen aufräumen möchten. Bei den so genannten Mythen –
ich habe mir das jetzt angeschaut – beziehen Sie sich auf eine
Stellungnahme der Katholischen Aktion. – Ich weiß nicht, ob Sie das
„Standard“-Interview mit der Präsidentin der Katholischen Aktion gelesen haben,
die dort – wie ich wirklich sagen möchte – krude Aussagen trifft. Sie
vergleicht nämlich das stundenlange Sitzen der Kinder auf der Straße damit,
dass die Kinder ja bei uns auch in der Schule stundenlang still sitzen müssen.
Auf die Nachfrage von Journalisten, ob man das denn vergleichen kann, da die
Kinder in der Schule ja schließlich geistig gefordert werden, sagt sie: Das ist
ein anderer Level, denn es gibt da ja ganz viele Analphabeten. (StR David Ellensohn: Das widerlegt überhaupt
nichts!) Doch, ich sage jetzt nämlich noch
etwas!
Auf Nachfrage der
Journalisten, woher sie diese Informationen hat, sagt die Präsidentin der Katholischen
Aktion, dass sie das aus einer Diplomarbeit hat. – Jetzt will ich den Wert
der Diplomarbeit nicht schmälern. Sie bezieht sich aber nur auf diese
Diplomarbeit sowie auf Angaben der Katholischen Sozialakademie, sie hat aber
nie Gespräche mit Sozialarbeitern geführt, die täglich mit diesen Kindern zu
tun haben, und da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Es ist für mich nicht
unbedingt eine wirklich fundierte Analyse, wenn nur diese Angaben und Quellen
herangezogen werden! (Beifall bei der SPÖ.)
Kinder, die gezwungen
werden, auf der Straße Blumen zu verkaufen, oder Kinder und Babys, die mit
ihren Müttern oder Vätern in einer U-Bahn-Station bei Kälte und Regen oder
großer Hitze auf der Straße sitzen müssen, tun das nicht freiwillig! Das ist
ein Missbrauch von Kindern! Das tun sie nicht freiwillig mit ihren Vätern und
Müttern oder mit nahen Verwandten und natürlich schon gar nicht mit Fremden.
Das ist ein Missbrauch! (Abg Dr Kurt
Stürzenbecher: Und die GRÜNEN unterstützen den Missbrauch!)
Schauen Sie sich in der Kinderrechtskonvention, die
Österreich unterschrieben hat, Artikel 19 oder auch Artikel 32 an:
Dort ist vom Schutz des Kindes vor Gewalt, Misshandlung, Vernachlässigung oder
Ausbeutung in der Familie oder sonstigen Betreuungsformen sowie vom Schutz vor
wirtschaftlicher Ausbeutung und Kinderarbeit die Rede. Und ich sage Ihnen:
Betteln ist eine Form von Gewalt und von Ausbeutung, und es ist eine Form von
Arbeit, die die Gesundheit und die Entwicklung von Kindern gefährdet. (Beifall bei der SPÖ.)
Und die Stadt schaut dabei
nicht zu! Sie schaut nicht bei österreichischen Kindern zu, sie schaut nicht
bei rumänischen Kindern zu, und sie wird auch nicht bei slowakischen oder
bulgarischen Kindern zuschauen. (Abg Kurth-Bodo Blind: Nur die Grünen schauen zu!) Und wir schauen auch nicht nur zu,
sondern … (Abg Kurth-Bodo Blind: Das ist in dieser Art ja
Kinderschändung! – Gegenruf von StR David Ellensohn.)
Wir tun mit dieser Gesetzesänderung, darüber hinaus
aber mit einem Maßnahmenpaket – an diese Gesetzesänderung ist nämlich ein
Maßnahmenpaket geknüpft – einiges für diese Kinder, und zwar in
Österreich. Ich werde das nicht mehr im Detail ausführen. Die Kinder und die
Eltern werden in Österreich sozialpädagogisch betreut. Es wird überprüft, was
das Kind an medizinischer Versorgung, Kleidung und Nahrung braucht. Wir wissen,
dass die Kinder oft unterernährt und schmutzig sind. Sie haben Schmutzekzeme
und sie sind gesundheitlich in einem schlechten Zustand. Die Kinder werden
nicht von der Mutter oder von den Eltern getrennt, wie
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