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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 78

 

gekommen sind, eingehen und zum Beispiel einmal jene Sätze vorlesen, die der Herr Abg Stürzenbecher, dem ich angeblich so schlecht zugehört habe (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Ganz schlecht zugehört!), aber so weit reicht mein Gehörvermögen noch, nicht vorgelesen hat. Die Arbeiterkammer sagt: „Durch die Verhängung von Geld- oder Ersatzfreiheitsstrafen wird die soziale Misslage von Bettlerfamilien weiter verstärkt." - Das begreifen Sie als Zustimmung zu Ihrem Gesetz? Ich glaube, es geht nicht darum, dass ich nicht zuhören kann, sondern dass Sie nicht lesen können, Herr Stürzenbecher! Weil wenn eine soziale Misslage weiter verstärkt wird, heißt das, dass das Gesetz kein gutes ist!

 

Weiters schreibt die Arbeiterkammer: „Wenn unterhaltspflichtige Angehörige von bettelnden Kindern mit Geldstrafen belegt werden, wird der dadurch eintretende Ausfall in der Regel nur durch verstärktes Betteln kompensiert werden können." - Da hat jemand begriffen, warum Menschen, die betteln, betteln, nämlich weil sie arm sind und weil sie kein Geld haben. Wenn Sie ihnen das Geld wegnehmen, dann müssen sie halt noch ein paar Stunden länger in der Kälte stehen und weiterbetteln, damit das Geld wieder hereinkommt. (Abg Nurten Yilmaz: Ja, mit Kindern!) Oder eine andere Lösung, die der Herr Abg Ulm scheinbar präferiert, dass sie stehlen gehen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da war noch etwas, was ich Ihnen vorlesen will. Das will ich Ihnen natürlich auch nicht vorenthalten, nämlich aus den Pressekonferenzunterlagen von LhptmStin Grete Laska und StRin Sandra Frauenberger. Denn als meine Kollegin Vassilakou auf die Mutter-Kind-Zellen hingewiesen hat, konnte ich beobachten, dass die Frau StRin Frauenberger immer wieder den Kopf geschüttelt hat und auch andere von Ihnen den Kopf geschüttelt haben. Also zitiere ich das jetzt hier, damit wir es im stenographischen Protokoll drinnen haben. Hier steht, der ganze letzte Absatz: „Sollten bettelnde Erwachsene auf Grund gesetzter Tatbestände festgenommen werden und in Begleitung von Kindern sein, hat die Wiener Polizei auch dafür alle Vorkehrungen getroffen und im Polizeianhaltezentrum speziell geeignete Mutter-Kind-Zellen geschaffen." - Ich gebe zu, es steht nicht hier, dass sie kuschelig sind, aber Mutter-Kind-Zellen. – „Diese Unterbringung ist unter Berücksichtigung aller Auflagen der Jugendwohlfahrtsbehörden sichergestellt worden und garantiert auch hier menschenwürdige Rahmenbedingungen." - Das ist zitiert aus den Pressekonferenzunterlagen. Ich habe wieder nichts hinzugefügt und auch nichts weggelassen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, ich habe mit meiner Rede einige Stellungnahmen einbringen können, die aus mir unbekannten Gründen nicht im Netz waren, die eindeutig zeigen, dass sehr viele Fachleute mit sehr guten Gründen, und darunter viele Mitarbeiter der Stadt Wien, der Meinung sind, dass dieses Gesetz die Kinder nicht schützt, sondern nur die Stadt - unter Anführungszeichen - säubert, sodass man Armut und Bettelei weniger sieht, als das bis jetzt der Fall war. Das hat mit der Europameisterschaft zu tun, wäre aber möglicherweise auch ohne Europameisterschaft so gekommen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nun abschließend, ohne die Begründung vorzulesen, denn ich glaube, die ist aus meinen Worten hinreichend hervorgegangen, einen Beschlussantrag einbringen, der da lautet:

 

„Das bereits existierende Sozialprojekt soll dahin gehend weiterentwickelt werden, dass es tatsächlich Hilfe für die bettelnden Kinder leistet. Nach einer Anamnese der Armutsursachen in den Herkunftsregionen der mit Kindern bettelnden Menschen und einer Sozialraumanalyse soll gemeinsam mit den betroffenen Ländern eine qualitativ hochwertige und nachhaltige Alternative angeboten werden.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrages.“ - Jetzt bedanke ich mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt der Abg Schuster.

 

Abg Godwin Schuster (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren!

 

Wenn ich durch die Mariahilfer Straße gehe, und ich gehe persönlich sehr oft durch die Mariahilfer Straße, und Kinder, im Sommer insbesondere, in Händen von Frauen sehe, wie sie apathisch in deren Händen liegen, dann habe ich nicht nur ein ganz mulmig böses Gefühl in mir, sondern ich habe auch oftmals das große Bedürfnis, hievon die Sozialarbeiter zu informieren, damit sie sich darum kümmern. Ich habe gleichzeitig auch das große Bedürfnis, die Polizei zu informieren und die Polizei darauf aufmerksam zu machen, dass hier mit kleinen Menschenschicksalen in einer sehr brutalen Form umgegangen wird.

 

Deswegen verstehe ich im Moment die Diskussion, die hier passiert, nicht ganz. Ich sage zuerst einmal, insbesondere von den GRÜNEN nicht. Wenn hier eine Maßnahme gesetzt werden soll, um genau diese Schicksale zu verhindern, wenn hier eine Maßnahme gesetzt werden soll, die das Brechen von Menschen verhindern soll, und das ist ein Brechen von Menschen, das hier passiert, dann kann ich nicht sagen: „Lasst euch Zeit! Warten wir halt noch ein Jahr! Warten wir vielleicht noch zwei Jahre!" - Andere sagen, es dauert viel zu lange.

 

Ich glaube persönlich und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass diese Gesetzesvorlage ein Gesetz ist, das ich zumindest im Wissen darum, wie es den Kindern geht, voll und ganz unterstütze. Ich freue mich darüber, dass hier von Landeshauptmann-Stellvertreterin Laska und Landesrätin Frauenberger und auch seitens der Mitarbeiter des Magistrats eine derartige Gesetzesvorlage erarbeitet wurde, weil es hier wirklich darum geht, Menschen zu helfen, die sich nicht wehren können. Die Kinder haben keine Chance, sich zu wehren. Trotzdem höre ich von der Seite der GRÜNEN, das ist alles schlecht, wir sollen noch ein bisschen warten. Ich

 

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