Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 67
Islamdebatte mit Ihnen zu führen. – Ich werde Ihnen das ganz einfach beantworten: Weil das, was Sie tun, überhaupt nichts mit Religionskritik zu tun hat! Sie greifen lediglich bestimmte Dinge, die es im Islam – wie gesagt – auch gibt, auf, pauschalieren, übertragen das auf alle und betreiben damit schlussendlich sogar rassistische Hetze. Das hat nichts mit Religionskritik zu tun! Und Sie werden in der anderen politischen Landschaft kaum jemand finden, der bereit sein wird, mit Ihnen darüber auf dieser Ebene zu diskutieren!
Ich kann Ihnen an dieser Stelle sagen: Uns GRÜNEN
liegt Religionskritik sehr am Herzen, und zwar gerade deshalb, weil wir seit
unserer Gründung für die Rechte der Frauen und für die Rechte von Minderheiten,
auch von sexuellen Minderheiten, eintreten und bekannt ist, dass Religionen im
Allgemeinen – nicht nur der Islam – niemals in der Geschichte eine
Speerspitze des Feminismus waren und auch jetzt nicht sind und auch keine
Religion, die mir in Österreich wie auch weltweit bekannt ist, in irgendeiner
Art und Weise Brauchbares zur Gleichstellung von Lesben und Schwulen zu sagen
hat. (Zwischenruf von Abg Dr Franz Ferdinand Wolf.)
Ja! Es gibt viele Probleme, die im Zusammenhang mit
Religionen entstehen, und zwar immer dann, wenn es sich um Länder handelt, in
denen große Armut herrscht, es wenig Perspektiven und Bildung gibt und daher
die Religion einen immer höheren Stellenwert bekommt. Unter solchen Umständen
können sich auch extreme Gruppierungen an den Rändern bilden, die dann sowohl
innerhalb ihres eigenen Landes als auch für andere Länder eine Gefahr werden
können. All das sind bekannte Phänomene, und sie betreffen nicht nur den Islam.
Ich kann Ihnen sagen: Ich würde darüber hier eines
Tages gerne diskutieren, und zwar nicht nur über den Islam, sondern zum
Beispiel auch über die Rolle der katholischen Kirche hier in Österreich, etwa
im Zusammenhang mit der Frage, die Ehe für Lesben und Schwule endlich
einzuführen, damit auch diese Gruppe von Menschen ihr Leben so gestalten kann
wie der Rest von uns. Auch würde ich zum Beispiel gerne über die Rolle der
katholischen Kirche in Afrika diskutieren, wo Menschen nach wie vor dazu
angehalten werden, keine Kondome zu verwenden, obwohl man weiß, dass das ihren
sicheren Tod bedeutet!
Insofern kann ich nur sagen: Wenn Sie über
Religionskritik und über die Trennung von Staat und Religion hier diskutieren
möchten, dann bin ich gerne dazu bereit, aber sicherlich nicht im Zusammenhang mit einer rassistischen Islamdebatte,
so wie Sie es ständig probieren!
Und an dieser Stelle muss ich auch festhalten: Wenn
Lesben und Schwule hier in Österreich nach wie vor nicht die Möglichkeit haben
zu heiraten, dann ist das nicht dem Islam zuzuschreiben, es sei denn, wir
würden annehmen, die FPÖ sei islamisch unterwandert und stemmt sich deshalb mit
allen Mitteln und aller Kraft dagegen! Ich glaube aber nicht, dass das der Fall
ist! Lassen wir also lieber die Kirche im Dorf, wie es so schön heißt! Mischen
wir nicht alle Dinge in einen Topf, aus dem dann nur mehr ein grauslicher
Eintopf an Vorwürfen, Diffamierungen und Beleidigungen kommt! Das führt ganz
einfach zu gar nichts!
Somit schließe ich ab mit einem Appell. – Wir
haben heute einen Antrag eingebracht, der im Landtag auch eine Mehrheit finden
wird. Ich bin darauf sehr stolz, weil er eine sehr klare Sprache spricht,
nämlich genau die Sprache, die es braucht, um auf die Vorkommnisse von Graz
adäquat reagieren zu können. Daher appelliere ich jetzt an all diejenigen unter
Ihnen, die noch offen für Prinzipien der Menschlichkeit, des Anstands und auch
der Würde in der Gesellschaft sind, die noch keine Scheuklappen tragen und die
noch imstande sind, in sich zu gehen und darüber nachzudenken, ob das, was sie
tun, wirklich richtig ist. Ich appelliere an diejenigen von Ihnen, die am 8.
Mai nicht trauern, keine Nazi-Ehrengräber pflegen und den Anschluss nicht mit
dem EU-Beitritt Österreichs vergleichen. Bei Letzteren ist es, glaube ich,
sowieso egal, ob ich appelliere oder nicht appelliere. Wir werden uns wahrscheinlich
nicht finden. Ich gehe aber davon aus, dass irgendwo in Ihrer Fraktion auch ein
paar Menschen sitzen, die nicht so denken, und an diese appelliere ich: Wirken
Sie doch auf Ihre Kolleginnen und Kollegen ein, damit sie endlich mit dieser
rassistischen Hetze Schluss machen! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg Dipl-Ing Al-Rawi. Ich erteile es ihm.
Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Hohes
Haus! Herr Präsident! Herr Berichterstatter! Meine werten Damen und Herren!
Kollege Stefan wundert sich über den Vergleich, den
wir zwischen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit ziehen, und er missbraucht
dann gleich die Namen einiger namhafter jüdischer Schriftsteller und
Schriftstellerinnen wie Broder und Giordano für das angeberische Argument, dass
diese auf seiner Seite seien. – Ich möchte dazu sagen: Die Gemeinsamkeiten
bei den Klischees, Ressentiments und Vorurteilen sind sehr wohl sehr ähnlich!
Niemand Geringerer als Präsident Ariel Muzicant hat im Wiener Wahlkampf gesagt,
dass der Wahlkampf der Freiheitlichen in Wien am ehesten mit den Wahlkämpfen
der 30er Jahre vergleichbar sei. (Abg Mag Harald Stefan: Mir ist Broder
bedeutend lieber als Muzicant!) Man muss nur das Wort „Moslem“ durch das Wort
„Jude“ ersetzen und sieht, dass die Methoden auch die gleichen sind!
Auch namhafte Freundinnen und
Freunde vertreten diese Auffassung. Eine sehr integre Person wie John Bunzl,
der bekanntlich auch einer jüdischen Familie entstammt, hat das ganz toll in
einem Artikel im „Standard“ ausgedrückt: Er sagt darin, dass es keinen Sinn
hat, über die Motive zu reden. Es genüge nicht, darauf hinzuweisen, dass
bestimmte Äußerungen aus wahltaktischen Gründen erfolgen. Das habe man über die
antisemitische Demagogie auch gesagt. Und es genüge auch nicht zu bemerken,
dass sich dahinter desorientierter sozialer Prostest verberge. Auch das sei aus
der
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